Kein „Homohalal“ im Volkstheater – richtig oder doch unschön?

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Kontroverse Reaktionen auf die Absage von Amirs Flüchtlingsdrama.

Direktorin Anna Badora hat eine weitere Begründung dafür nachgeliefert, warum das Volkstheater die für April geplante Uraufführung des Flüchtlingsdramas „Homohalal“ situationsbedingt abgesagt hat: Schauspieler seien auf sie zugekommen und hätten sie gefragt, ob der Text noch relevant sei, sagte Badora im Gespräch mit der Tageszeitung „Kurier“. Das vom kurdisch-syrischen in Wien lebenden Autor Ibrahim Amir als Reaktion und im Kontext des 2013 vor der Votivkirche aktiven Refugee Protest Camp verfasste Stück soll auch die reaktionären Seiten der Flüchtlinge aufzeigen. Der Text sei, so die Direktorin, aus damaliger Sicht kritisch und anregend gewesen, aber seither durch eine „Zeitwalze überrollt“ worden. Das Volkstheater werde auf die giftigen Reaktionen zur Absage mit „Differenziertheit“ reagieren. Das sei die einzige Antwort.

In der Kolumne von Georg Leyrer im „Kurier“, der am Mittwoch über die Reaktion der Direktorin berichtet, wird die Absage des Stücks insofern als richtig bezeichnet, als sich die Kultur die Freiheit nehmen könne, „das Geschrei zu ignorieren und Maßstäbe anzusetzen, die höher, schwieriger, differenzierter sind als die des Alltags“. Zu einer ganz anderen Bewertung, ähnlich jener der „Presse“, (es werde der „Anschein präventiver Selbstzensur“ erweckt), kommt die Wochenzeitung „Falter“. Matthias Dusini bezeichnet in einem Kommentar die Streichung des Stücks als moralisch unschön: „In weniger demokratischen Ländern würde man dieses Vorgehen als Zensur bezeichnen.“ Der Eingriff sei eine Bestätigung jener rechten Paranoiker, die im Umgang mit dem Flüchtlingsthema einen „linken Meinungsfaschismus“ am Werk sehen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

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