Kroetz: In der Hölle des Singledaseins

Franz Xaver Kroetz wird 70
Franz Xaver Kroetz wird 70(c) APA/dpa/Tobias Hase
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F. X. Kroetz' „Wunschkonzert“ aus den 1970ern bei den Festwochen im Brut beweist sich als Evergreen.

Franz Xaver Kroetz hat ein Herz für saftige Figuren: Die rebellische Hanni in „Wildwechsel“, die bedauernswerte Beppie in „Stallerhof“ – auch das Fräulein Rasch in „Wunschkonzert“ ist eine solche. 1973 wurde das Stück in Stuttgart uraufgeführt. Seither haben wichtige Darstellerinnen Fräulein Rasch gespielt, etwa Annette Paulmann in München, Anne Tismer in Berlin oder Maria Happel in Wien. Aus Krakau kommt das Stück nun zu den Wiener Festwochen ins Brut im Künstlerhaus: Yana Ross hat inszeniert, Danuta Stenka spielt 80 Minuten lang die einsame Frau in mittleren Jahren, die ihrem öden Leben ein Ende macht.

„Wunschkonzert“ ist eine großartige Folie, in die man alles mögliche einwickeln kann. Hier ist das Fräulein mehr eine Frau mit Vergangenheit und gutem Job. In schwarzen Stiefeletten betritt sie ihre sauber aufgeräumte Wohnung, packt aus einem Boss-Sackerl Lebensmittel aus: Die Wäsche kommt in die Waschmaschine, im TV flimmert die Reality-Soap „Keeping up with the Kardashians“. Frau Rasch zieht ihren Pyjama an, macht Tee, speist Knäckebrot. Dazu hört sie eine „Wunschkonzert“-Sendung im Radio, bei der viele Träume wahr werden, sagt jedenfalls der Moderator. Frau Rasch ist traurig, sie weint. Am Computer läuft das Familienspiel „Die Sims“. In Kroetz' Miniatur offenbart sich die Hölle des Singledaseins: Äußerlich abgesichert, innerlich verdorrt. Manche Besucher langweilten sich, andere gingen. „Wunschkonzert“ ist kein Abend für Theatraliker, mehr eine Mußestunde für Nachdenkliche. (Heute, Samstag, 11. 6., 11 Uhr, kommt Kroetz zur Diskussion ins Künstlerhaus).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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