Virtuose des Blödelns oder: „Ossy, mach' an Witz!“

Ossy Kolmann als Diener Habakuk im „Alpenkönig“, Josefstadt (2003).
Ossy Kolmann als Diener Habakuk im „Alpenkönig“, Josefstadt (2003). (c) APA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

Er war ein hinreißender Komiker und ein guter Mensch: Ossy Kolmann, Publikumsliebling, vor allem bekannt aus dem Kabarett Simpl, dem Theater in der Josefstadt und vom Fernsehen, ist mit 88 Jahren gestorben.

Heute, wo die Auswahl an blendenden Humoristen groß ist, an Satirikern wie Selbstdarstellern, kann man sich kaum vorstellen, wie die wenigen Komiker von einst geliebt wurden. Es gab noch nicht den amerikanischen Stil, in dem jede Pointe hundertmal hin- und hergewendet, auf ihre Tauglichkeit geprüft und schließlich exakt gesetzt wurde. Es gab noch mehr Spontaneität und Stegreif, das Blödeln eben. Und wie einer aussah, der das Publikum zum Lachen brachte, war noch keine Frage der Selbstinszenierung, sondern der Spaßmacher konnte einfach so auftreten, wie er war. Einer dieser Spaßmacher war Ossy Kolmann.

Am nächsten kam er Maxi Böhm, mit dem er auch oft aufgetreten ist, in den klassischen Konversationen vom Gscheiten und vom Blöden, die eigentlich Kolmanns Lehrmeister, Karl Farkas, perfektioniert hatte. Maxi Böhm (1916 bis 1982) bediente eine gewisse Monarchie-Nostalgie, wenn er davon sprach, wie es „bei uns in Reichenberg“ (heute Liberec) war, Böhm ging in Teplitz-Schönau (heute: Teplice) zur Schule. Er kannte das Milieu – und Kolmann, der gelernte Fernmeldetechniker und Rapid-Fan, kannte seins: den Wiener Schmäh, zwischen Nestroy und Favoriten. Auf YouTube kann man Sketches mit Böhm und Kolmann sehen: Böhm erzählt, er übersiedle, wisse aber nicht, wohin, seine Möbel seien abtransportiert worden. Kolmann schließt messerscharf: „Sie wurden gepfändet!“ Kolmann bekommt einen Brief vom Finanzamt: „Wir vermissen Ihren Gewinn!“ Er antwortet: „Ich auch.“ Das Geld bereitet den beiden überhaupt Sorgen: „Was glauben Sie, wie viel Zinsen mir entgegen, dadurch, dass ich kein Kapital habe!“, sagt Kolmann zu Böhm. Vielleicht könnte man Tirolerhüte an Chinesen verkaufen?
Er sei froh, dass die Leute nicht mehr, wenn sie ihn sähen, als Erstes riefen: „Ossy, mach' an Witz!“, erzählte Kolmann einst im Interview. Wie viele Komiker war er privat eher scheu und nicht lustig. Als seine Frau an Parkinson erkrankte, pflegte er sie.

Meister des Minimalismus

Er ist ein bescheidener Mensch geblieben, das sagt man gern, bei Kolmann stimmte es: Oft betonte er, dass er sich weder zu Hamlet noch zu Lear berufen fühle. Seine große Kleinkunst beherrschte er dafür perfekt. Schon wenn er auf die Bühne trat, die Schultern leicht hob, den Kopf vorstreckte, lachten die Leute. Sein Bühnendebüt gab Kolmann 1951 beim Wiener Werkel, ab 1958 war er im Simpl und mit der „Bilanz des Monats“ erstmals im TV, wo er in über 1000 Produktionen spielte („Hotel Sacher“, „Lottostudio“, „Seniorenclub“). Kolmann war auch „Herr Montag“ in „Autofahrer unterwegs“. In der Volksoper war er in vielen Operetten zu erleben und ab 1993 Ensemblemitglied im Theater in der Josefstadt, oft trat er in den Kammerspielen auf – u. a. mit Fritz Muliar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

AUSZEICHNUNG FUER KOLLMANN U. SOBOTKA
Bühne

Schauspieler Ossy Kolmann gestorben

Der Schauspieler und Kabarettist ist im Alter von 88 Jahren nach langer Krankheit gestorben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.