In Amstetten gibt es kein Tanzverbot

Footloose
Footloose(c) Mag. Gerhard Sengstschmid
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Ramesh Nair inszeniert „Footloose“ als feine Musical-Show. Sogar die platte Story funktioniert großteils.

Neubeginn, Integration, Politik? So bedeutungsschwanger, wie es Intendant Johann Kropfreiter im Programmheft schreibt, ist „Footloose“ vielleicht doch nicht. Stadt-Teenie kommt aufs Land, Außenseiter schnappt sich die Dorfschönheit, Rebellion gegen ein Tanzverbot, Happy End: Im Grunde ist dieses Stück, das auf dem Tanzfilm von 1983 basiert, eine Show mit vorhersehbarer Handlung, eine Art Highschool-Musical der 1980er-Jahre. Doch Musik und Choreografien machen das wett. Hitsongs wie „Holding Out For A Hero“ oder „Footloose“ reißen mit, die Kitsch-Schmonzette „Almost Paradise“ erträgt man halt.

Nach „Xanadu“, „Flashdance“ und „Saturday Night Fever“ bleibt man dem tanzlastigen Musical auch heuer treu. Was dem Musicalsommer Amstetten im Vergleich mit anderen Sommertheatern an Ambiente fehlen mag, macht er mit feiner Besetzung und toller Show wieder gut.

Tollpatschiger, sympathischer Ren

Das teilweise recht junge Ensemble setzt die Ideen von Regisseur Ramesh Nair mit Präzision und Spaß um. Die Hauptdarsteller hauchen den Rollen Leben ein, was bei der Plattheit mancher Charaktere nicht leicht ist. Nathanaele Koll als Ren glänzt nicht nur stimmlich, er spielt auch keine auf Coolness getrimmte Milchbubi-Schablone, sondern einen tollpatschigen, sympathischen Jungen, dem man seine Sorgen abnimmt. Als Pastorentochter ist Barbara Obermeier zu sehen, die sich in der österreichischen Musicalszene in den vergangenen Jahren einen Fixplatz erarbeitet hat. Annakathrin Naderer ist ein Energiebündel von Rusty mit einer Stimme, der man gern zuhört – präzise, mit Power, doch ohne Geschrei. André Haedicke als ihr Schwarm wird zum Publikumsliebling, auch wenn die Figur des bäuerlichen Muttersöhnchens ein wenig überzeichnet ist.

Und wenn es um Familien im Krisenmodus geht, dann findet man sich in irgendeiner Form vielleicht doch in der Handlung wieder. Vor allem die Szenen des durch den Tod des Sohnes angeknacksten Paares (Patrick Imhof, Nicole Rössler) sind beklemmend ehrlich.

Die fünfköpfige Band spielt groovig auf den Punkt. Die Tonmischung ist gut, man versteht den Text wunderbar. Das Amstetten-Team hat clever nur die bekannten Hits auf Englisch belassen. Am Ende gibt's ein Medley – dann ist die Story schon wieder fast vergessen. Egal, das Publikum der Generalprobe war begeistert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2016)

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