Festspiele setzen auf "alte Hasen" und Kontinuität

SALZBURGER FESTSPIELE 2016: FOTOPROBE 'JEDERMANN'
SALZBURGER FESTSPIELE 2016: FOTOPROBE 'JEDERMANN'APA/BARBARA GINDL
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Mit dem "Jedermann" begannen Samstagabend die heurigen Salzburger Festspiele. Die offizielle Eröffnung ist kommende Woche. Highlight ist: "Danae". Eine Vorschau.

In Etappen heben die Salzburger Festspiele an. Das Eröffnungsfest war schon. Die Ouverture spirituelle läuft noch, sie widmet sich heuer dem östlichen Christentum. Am gestrigen Samstag hatte der „Jedermann“ Premiere, wobei sich das Hauptinteresse neben der neuen Buhlschaft (Miriam Fussenegger) auf den neuen Mammon (David Bennent) richtete. Die offizielle Eröffnung ist am 28. Juli in der Felsenreitschule. Philosoph Konrad Paul Liessmann spricht über den Zwiespalt zwischen ökonomischem Erfolg und der „Armut“ einer Gesellschaft, die „die Muße und die Musen nicht mehr kennt“.


Hinterhäuser folgt Bechtolf. Die heurigen Festspiele sind das letzte Jahr von Sven-Eric Bechtolfs künstlerischer Leitung. Ab 2011 war er Schauspielchef des Festivals und auch als Opernregisseur stark präsent. Heuer sind drei Mozart-Opern in Bechtolfs Regie in Salzburg zu sehen: „Così fan tutte“, „Don Giovanni“ und „Figaro“. Ein Overkill? Den „mächtigsten Mann des Theaters“ nennt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ den 1957 in Darmstadt geborenen, in Hamburg aufgewachsenen Bankierssohn, der am Salzburger Mozarteum studierte und am Burgtheater brillierte, bevor er sich der Opernregie zuwandte. In Salzburg wird Bechtolf heuer den bizarren Doktor in Thomas Bernhards „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ geben.

Die am meisten mit Spannung erwartete Opernpremiere ist „Die Liebe der Danae“ von Richard Strauss in der Inszenierung von Alvis Hermanis, dirigiert von Franz Welser-Möst.

2017 wird der Pianist Markus Hinterhäuser Festspiel-Intendant. Bechtolf und er sind fast gleich alt und haben beide langjährige Salzburg-Erfahrung. Hinterhäuser, 1958 in La Spezia in Italien geboren, war 1993 bis 2001 (mit dem designierten Wiener-Festwochen-Chef Tomas Zierhofer-Kin) Gründer und Leiter des Zeitfluss-Festivals für Neue Musik in Salzburg. Ab 2007 war Hinterhäuser Konzertdirektor der Festspiele. Sein Weg in die Intendanz war hürdenreich. Als Festspielchef Jürgen Flimm vorzeitig an die Staatsoper Unter den Linden in Berlin wechselte, regierte Hinterhäuser 2011 kurz in Salzburg. Er bewarb sich auch um die Intendanz, berufen wurde aber der heutige Direktor der Mailänder Scala, Alexander Pereira – der für Kontroversen in Salzburg sorgte, insbesondere um das Budget. Pereira setzte auf Neuinszenierungen. Jetzt ist man zufrieden mit einem Mix aus Wiederaufnahmen und Neuproduktionen. Das kostet weniger – und man kann das von der Politik vorgegebene Budget einhalten.

Hinterhäuser, zuletzt Chef der Wiener Festwochen, die weit weniger Geld erwirtschaften müssen als die Festspiele, hat vorerst einen Fünf-Jahres-Vertrag in Salzburg. Eine Verlängerung um weitere fünf Jahre (bis 2027) ist wahrscheinlich. Kenner erhoffen sich, dass Hinterhäuser mit Fantasie agiert – und Opernaufführungen zeigt, die musikalisch wie szenisch erstklassig sind. So turbulent es bei den Festspielen auch zugeht, für Stabilität sorgt Präsidentin Helga Rabl-Stadler. Im „Presse“–Interview am Freitag wirkte sie äußert wohlgelaunt, da sie sich jetzt und nicht erst im August entschieden hat, sich um ihre Vertragsverlängerung bis zum Jubiläumsjahr 2020 zu bewerben.


Nur Ruhe! Insgesamt hat man den Eindruck, dass alle, die in Salzburg die Fäden ziehen, Politiker, Honoratioren, Sponsoren, für die Rabl zuständig ist, genug von Intendanten haben, die immer auf dem Sprung sind – und Salzburg miesmachen. Man will Kunst, Glamour, und Geld verdienen. Das ist auch nötig: Es gibt sehr viele Veranstaltungen. Die Karteneinnahmen sind hoch, die Subventionen niedrig. Bechtolf und Hinterhäuser erweisen der Institution Respekt, was man von ihren Vorgängern Pereira und Flimm nicht immer behaupten konnte.

2018 wollen die Festspiele wieder mehr Geld von Bund, Land und Stadt Salzburg verlangen. Mit der SP-Führung in der Bundesregierung (Claudia Schmied, Josef Ostermayer) war das Festival gut bedient, auch Minister Thomas Drozda hat ein Herz für die Hochkultur. Schließlich war er u. a. Burgtheater-Geschäftsführer.

Nach dem Osterfestspiel-Skandal 2010, der auch das Sommerfestival in Mitleidenschaft zog, hat Rabl – nach dem Ausscheiden von Gerbert Schwaighofer – auch die Geschäftsführung übernommen. Ab 1. April 2017 wird Lukas Crepaz (35) kaufmännischer Direktor. Nach unruhigen Zeiten scheint Verlässlichkeit angesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2016)

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