Die Bretter, die Welt und das Geld

Zauberhaft: Nadine Quittner, Katharina Klar und Seyneb Saleh in „Superheldinnen“.
Zauberhaft: Nadine Quittner, Katharina Klar und Seyneb Saleh in „Superheldinnen“.(c) Volkstheater/Robert Polster
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Ein Trio träumt vom guten Leben: Das Volx, die Dependance des Volkstheaters in Wien-Margareten, zeigt eine gelungene Bühnenversion des Romans „Superheldinnen“.

„Wir waren gekommen, um das Leben aus der Werbung zu leben“: Drei junge Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien träumen vom Aufstieg in die bürgerliche Mittelschicht, „der wir uns zugehörig fühlten, mit dem Herzen jedenfalls, nicht jedoch mit unserem Budget“. Aus diesem Setting machte die in Belgrad geborene Barbi Marković den 2016 erschienenen Roman „Superheldinnen“: ein kluges, sprachwaches, mit Wörtern und Phrasen sehr ernst spielendes Stück Prosa. Es schildert ein Wien voller Tauben – und eine Welt, in der längst, wie Marx und Engels es einst ausdrückten, alles Ständische und Stehende verdampft ist, alles Heilige entweiht ist, in der die Menschen gezwungen sind, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen.

So nüchtern die Augen der Heldinnen sind, so zauberhaft sind ihre Kräfte: Sie beherrschen „Blitze“ und „Auslöschungen“, sind also Superheldinnen. Und müssen sich als solche von Fall zu Fall entscheiden, ob sie ihre Gaben zum Guten oder zum Bösen einsetzen wollen. Das tun sie bei vertraulichen Sitzungen im trüben Café Sette Fontane (das gewiss sehr bald in allen Fremdenführern vermerkt sein wird), bis sie endlich begreifen, das „alles, was uns fehlt, sich in einem Wort ausdrücken lässt“: Geld. Um an dieses zu kommen, wählen sie eine ähnliche Methode wie das männliche Kleeblatt in Nestroys „Der böse Geist Lumpazivagabundus“ . . .

Mehr über die geschickt geklebte Handlung sei nicht verraten, das Buch kann allen empfohlen werden, ob sie's schon in die Mittelschicht geschafft haben oder nicht. Derzeit kann man es sich alternativerweise auch vorspielen lassen, und zwar sehr gut: Bérénice Hebenstreit hat es gemeinsam mit Marković dramatisiert und mit bescheidensten Mitteln erstaunlich effektiv inszeniert.

„Heroes“ auf dem Karlsplatz mit Palmen

Die Bühne besteht im Wesentlichen aus drei Sesseln und einer in ihren Teilen drehbaren Wand. Eine Seite, holzgetäfelt, soll das Café suggerieren, die andere die ersehnte Welt: Warum diese gerade durch die Karlskirche und den Teich davor (mit Palmen!) repräsentiert wird? Egal. Im Reich der Wünsche herrscht nicht die Vernunft. Gilbert Handler kleidet es mit melancholisch reduzierten Hymnen zum Thema („,Heroes‘“, „No More Heroes“, „Super Heroes“) akustisch aus.

Auf dieser Bühne sprechen und spielen, träumen und trinken, streben und streiten drei Schauspielerinnen, die nebstbei auch noch ein paar Nebenrollen (z. B. das mysteriöse „rotzige Kind“ auf dem Nebenschauplatz Berlin) übernehmen. Doch vor allem ist Katharina Klar die von Depressionen geplagte, naiv-schlaue Ich-Erzählerin; Nadine Quittner gibt Direktorka, die Künstlerin im Team, mit nervöser Eleganz und virtuos angedeuteter Ironie (ohne je aus der Rolle zu fallen); Seyneb Saleh als Mascha schwankt zwischen Stärke und Selbstzweifeln. Alle drei sind bezaubernd, und alle drei verzichten darauf, den „ausländischen Akzent“ nachzuahmen, der im Roman zumindest zweien der drei explizit bescheinigt wird. Verständlich: Das hätte wohl gezwungen gewirkt. Obwohl: Vielleicht wäre es spannend, einmal eine Version des Stücks mit drei „echten“ Migrantinnen aus Ex-Jugoslawien zu spielen.

Termine: 7. 2., 27. 2., 1. 3., 29. 3.; Margaretenstraße 166

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2017)

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