Kritik

Burgtheater: Eine furiose Familienaufstellung

Kassandra (Andrea Wenzel) wird vergeblich warnen.
Kassandra (Andrea Wenzel) wird vergeblich warnen. (Apa/Neubauer)
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Antú Romero Nunes hat die mächtige „Orestie“ des Aischylos auf zwei Stunden reduziert. Und doch ist von dem griechischen Familiendrama alles drin. In vieler Hinsicht ist die Verdichtung mit großartigen Schauspielern gelungen.

Die Architektur? Schlicht. Als Bühnenbild für die Trilogie des Aischylos, die in „Agamemnon“ und den „Choephoren“ vor der archaischen Burg von Argos, in den „Eumeniden“ im Schutz bietenden Athen spielt, hat Matthias Koch eine weit nach hinten sich verjüngende, ansteigende Schiefe Ebene gebaut. Düster ist die Szene, man hört Geräusche, wie von einem unerbittlich Schicksale mahlenden Mühlstein, oder von den kreischenden Ketten einer Zugbrücke. Hier kann es nur abwärts gehen. Schon tauchen sieben Gestalten auf, wie Mumien aus einem Totenreich sind sie gekleidet, in hellbraune Fetzen. Ihr fahles Haar scheint stark vom Ausfall bedroht.

Die Verkleidung passt genau: Es sind die Erinyen, uralte Rachegeister, Erdwesen, die für schwerste Familiendelikte zuständig sind, von kalter Vernachlässigung der Eltern bis zum Muttermord. Diese Furien haben in der einzig erhaltenen Trilogie der attischen Tragödie (das dazugehörige Satyrspiel ging verloren) viel zu tun. Zur Schau gestellt wird von Aischylos, der vor zweieinhalb Jahrtausenden im aufstrebenden Athen lebte, das Schicksal des Atreus-Klans. Eine schreckliche Familienaufstellung, in der einst einem Mann vom Buder die eigenen Kinder als Mahl serviert wurden, in der Mord an den Nächsten zur Routine geriet. Zu diesem Stamm gehört auch der große Kriegsheld Agamemnon. Das Endspiel seiner und der nachfolgenden Generation wird hier erzählt.

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