Nachruf

Rosenresli mit Herzgesicht, aber auch eine geschäftstüchtige Diva

Tony Curtis mit Christine Kaufmann in dem Film ''Monsieur Cognac'' (1964)
Tony Curtis mit Christine Kaufmann in dem Film ''Monsieur Cognac'' (1964)(c) imago/United Archives (imago stock&people)
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Christine Kaufmann starb mit 72 Jahren. Von der Steiermark kam sie nach Hollywood. Die ewige Jugend war ihr bis ins höhere Alter geschenkt.

„Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt sich's weiter ungeniert,“ heißt es. Christine Kaufmann hat ihren Ruf nicht ruiniert, lebte aber ungeniert. Die gebürtige Steirerin wuchs von Kindheit an mit der Schönheit auf. Ihre Mutter war eine französische Maskenbildnerin, ihr Vater ein deutscher Luftwaffenoffizier. Sie nahm Ballettunterricht und tanzte an der Münchner Staatsoper.

Bereits mit neun Jahren wurde das herzige Mäderl, dem man seine Wirkungssicherheit und sein Selbstbewusstsein früh ansah, als „Entdeckung des Jahres“ gefeiert - als Rosenresli, nach dem Buch von „Heidi“-Autorin Johanna Spyri. Die Verfilmung von Harald Reinl, der auch die alten Karl-May-Filme drehte, war 1954 ein großer Erfolg im Nachkriegsdeutschland, wo man sich nach der Idylle sehnte. Ein Jahr nach dem „Rosenresli“ über ein Waisenkind, das seine herzkranke Pflegemutter versorgt, kamen die „Sissi“-Filme mit Romy Schneider heraus. Waisenkind und Prinzessin, zwei geläufige Role Models für Frauen in konservativen Zeiten. Internatsschülerinnen nicht zu vergessen: In "Mädchen in Uniform" standen Schneider und Kaufmann 1958 gemeinsam vor der Kamera. Kaufmann war niemals so grandios wie die Schneider, aber robuster. Sie drehte noch ein paar Schnulzen („Wenn die Alpenrosen blühn“) - und lernte in Drehpausen Englisch und Französisch.

Cinephilen-Mekka Italien

1959 war sie bereits in Italien, drehte mit Steve Reeves den Monumentalfilm „Die letzten Tage von Pompeji“, 1961 spielte sie an der Seite von Kirk Douglas in Gottfried Reinhardts Justizdrama „Stadt ohne Mitleid“ ein 16jähriges Mädchen, das in Deutschland von US-Soldaten vergewaltigt wird – und gewann für ihre Darstellung einen Golden Globe als beste Nachwuchsdarstellerin.

Der Erfolg in Hollywood war zwar nicht von Dauer. Doch im gleichen Jahr lernte Kaufmann in Argentinien bei den Dreharbeiten zu „Taras Bulba“ (nach einer Gogol-Erzählung) den Beau aus der Bronx, Tony Curtis,  kennen. Sie war 26, er 46, sie erlag seinem Charme (oder umgekehrt), später sorgte der Sorgerechtsstreit um die beiden Töchter Alexandra und Allegra für Schlagzeilen. Allegra ist ebenfalls Schauspielerin und produzierte sich 2013 beim RTL-Dschungelcamp. 1968 wurde die Ehe mit Curtis geschieden. Kaufmann setzte ihre Karriere in Deutschland fort, wo sie in Krimis („Der Kommissar“, „Derrick“) spielte, aber auch in Kunstfilmen von Werner Schroeter („Der Tod der Maria Malibran“ über den gleichnamigen Opernstar, 1971). Mit Udo Kier ging sie als Salome auf Tournee. Und sie erschien in zwei der meist durchgehend edel besetzten Fassbinderfilmen: "Lola" und "Lili Marleen".

Streit um SchönheitsOP

1974 und 1999 posierte Kaufmann nackt für den „Playboy“, sie galt als schönste Großmutter Deutschlands. Bücher über Schönheit und Kosmetik, eigene Pflegeprodukte unter ihrem Namen wurden ein zweites Standbein für die geschäftstüchtige Schauspielerin, die sich gern in Talkshows präsentierte und über ihre Affären plauderte. Nach Curtis war sie noch dreimal verheiratet. Eine Kontroverse darum, ob sie, wie man in der Branche sagt, „was machen hat lassen“, im Klartext, eine Schönheitsoperation, konnte sie zu ihren Gunsten entscheiden. Kaufmann spielte auch immer wieder in erfolgreichen TV-Serien wie „Der ganz normale Wahnsinn“ und „Monaco Franze“. Aus der Show „Dancing Stars“ 2011 schied sie nach der zweiten Runde aus.

Zadek brachte sie an die Burg

2001 schaffte es Kaufmann sogar ans Burgtheater, als Äbtissin und Kurtisane, zwei Rollen in Marlowes „Der Jude von Malta“, vielleicht der besten Inszenierung Peter Zadeks in Wien – mit Gert Voss in der Titelrolle. Zadek hatte Kaufmann bereits 1983 für seinen Film "Die wilden Fünfziger" (eine Simmel-Verfilmung) engagiert. Alte Liebe rostet nicht. Burgbesucher konnten sich jedenfalls überzeugen, dass Kaufmann so schön wie im Fernsehen, aber keine so gute Schauspielerin war.

Romys Flirren fehlte ihr, das burschikose Kumpelhafte der unverwüstlichen Uschi Glas sowieso. Kaufmannn war so eine Art Liliengewächs mit Herzgesicht, sie war kein richtiger Vamp, weit weg vom Charisma einer Marlene Dietrich oder einer Zarah Leander, aber sie schien immer ein kokettes Geheimnis zu bewahren – und sie beherrschte das bei Männern so beliebte Gemisch aus Offenherzigkeit und Rückzug. Als Figur stand sie zwischen den alten und den modernen Diven, sie hatte noch den charmant Hilfe suchenden Augenaufschlag, aber man sah ihr an, dass sie schon eine der neuen selbstständigen Frauen war – der Typ ist auch heute wieder gefragt. Insofern war Kaufmann nah an der Gegenwart. Sie verstand es sich immer wieder zu inszenieren, wie ein Pop up unerwartet an verschiedenen Orten und in verschiedenen Genres (Werbung!) aufzutauchen.

„Sex macht Frauen schön und schlank! Das ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Wenn Sie regelmäßig einen Orgasmus haben, sind Ihre Pobacken rund und straff und der Bauch flach", erklärte die Münchnerin, die teilweise auf Mallorca lebte, noch letztes Jahr im Interview mit der „Bild“-Zeitung. Nun ist Christine Kaufmann mit 72 Jahren an Leukämie gestorben.

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