Kabarett

Severin Groebner: "Geh ma halt a bissal unter"

Severin Groebner in "Der Abendgang des Unterlands"
Severin Groebner in "Der Abendgang des Unterlands"Ernesto Gelles
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Als apokalyptische Krise reitet Severin Groebner in seinem neuen Programm "Der Abendgang des Unterlands" durch die Weltgeschichte. Schlechte Zeiten, gutes Kabarett.

Da ist zum Beispiel Zeus, gern Zeusl’, derzeit Göttervater außer Dienst (aber immer mit Diphthong). Er vermisst die alten Zeiten der Macht, bevor diese "judäischen Billiganbieter mit ihrer All-inclusive-Flatrate" das "perfekte Baukastensystem für den spätantiken Religionsnutzer" vom Markt verdrängten. Damals hatten sie noch eine "Gaude", aber jetzt? Unsterblich steht Severin Groebner also dieses Mal auf der Bühne, im Pyjama, mit passenden Socken.

Groebner, der unter schwarz-blauen Verhältnissen nach Deutschland ausgewanderte Wiener Kabarettist, hatte vergangene Woche mit seinem Stück "Abendgang des Unterlands" im Niedermair Premiere, einem Best-of von Worst-Case-Szenarios. Seine Untergangslust dreht sich um bekannte Krisen (Euro-, Lebens-, Flüchtlings-, Palmöl-, die eigene), um Orientierungslosigkeit und ihre Ausweichmanöver, kulturfreie Kulturverteidiger, den verklärten Blick in die Vergangenheit als Lösungsansatz für eine unsichere Zukunft, und natürlich um den Kern der Christenheit: das drohende Ende. Wer brav ist, kommt in den Himmel - vielleicht zum arbeitslosen Zeusl’, der hat sicher Zeit.

"Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang"

Severin Groebner in "Der Abendgang des Unterlands"
Severin Groebner in "Der Abendgang des Unterlands"Ernesto Gelles

Mit dem Weltuntergang hatten Wiener Intellektuelle immer schon ihren Spaß. Johann Nestroy, Jura Soyfer, nur Karl Kraus tigerte sich so tief hinein, bis seine "Letzten Tage" die "irdische Zeitrechnung" durchbrachen und beispielsweise in der ORF-Hörspielfassung von 1974 kurz und knapp in 22 Stunden und 12 Minuten erzählt wurden. Severin Groebner schafft es in 100 Minuten. Begleitet wird er von sich selbst, mit vielen Fragen, in vielen Figuren, erzählerisch wie körperlich, und von einer kleinen Cigar-Box-Gitarre (Stichwort: "Schall und Rauch").

Alles ist dabei: ansteckende Krankheiten (Nationalismus), Instagram, Nordkorea, Rhabaraber, Scharia, Pussygrabbers, Panzerschokolade, Entspannungsmusik, auch die Bregenzer Festspielbühne spielt eine wesentliche Rolle ("im Zentrum des Bösen"). Groebner erzählt die abendländische Tradition der Apokalypse nach, verwickelt sich artistisch in der Geschichte, auch seiner eigenen, lässt "toxische" Zeiten aufleben. (Sehr empfehlenswert ist die Nostalgiefahrt zum K.u.K.-Untergang auf die Deponie der zerbröselten Großreiche.)

Ja, an Worst-Case-Szenarios mangelt es der Menschheit eben nicht - besonders in "unserem schönen Österreich". Ob wir morgen von der "Weltherrschaft durch Xavier Naidoo auf der Milka-Kuh" vernichtet werden? Wer weiß. Auf eine Wahrheit kann man sich jedenfalls immer verlassen: schlechte Zeiten, gutes Kabarett.

Termine

Severin Groebner spielt sein Programm "Der Abendgang des Unterlands" das nächste Mal von 14. bis 18.11. im Grazer Theatercafe, von 27. und 28.4. und 27. bis 29.9.2018 im Wiener Kabarett Niedermair. www.severin-groebner.de

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