Volkstheater: Mit Georg Kreisler im Wahlkampf

„Wien ohne Wiener“ mit vielen weniger bekannten Texten und Liedern von Georg Kreisler, der das Etikett Kabarettist ablehnte und ein Satiriker à la Tucholsky war.
„Wien ohne Wiener“ mit vielen weniger bekannten Texten und Liedern von Georg Kreisler, der das Etikett Kabarettist ablehnte und ein Satiriker à la Tucholsky war. (c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Nikolaus Habjan zeigt „Wien ohne Wiener“ und drischt Klischees über eine von Stereotypen beladene Stadt. Die aufwendige Show prunkt mit viel Jahrmarktklimbim.

Puppen blicken durch den Vorhang, links Georg Kreisler persönlich, rechts der Tod, in der Mitte die sattsam bekannten gemütlichen Wiener mit Klappmaul, schlechten Zähnen und böser Zunge: „Wien ohne Wiener“ von Puppenmacher Nikolaus Habjan und der Franui-Musicbanda ist eine Uraufführung. Schauspieler Christoph Rothenbuchner war bei der Premiere Mittwochabend im Volkstheater heiser. Habjan sprang ein, mutig bei diesen mitunter zungenbrecherischen Liedern. Kreisler zu ergründen ist nicht einfach. Am meisten kommt man ihm nahe, wenn man seine Selbstdefinition als Anarchist ernst nimmt.

Kreisler wurde 1922 in Wien geboren, im gleichen Jahr wie sein größter Konkurrent, Gerhard Bronner. Während dieser ein Vorstadt-Drama wie den „Gschupften Ferdl“ lakonisch und trocken darbot, teilte Kreisler lachend Ohrfeigen aus, die expressionistisch knallten, aber nicht immer zuzuordnen waren. Später hat der Sohn eines Juristen, der mit seinen Eltern 1938 vor den Nationalsozialisten in die USA floh und dort amerikanischer Staatsbürger wurde, erklärt, seine Lieder würden politische Botschaften bergen: „Zwei alte Tanten tanzen Tango mitten in der Nacht“, sang Kreisler und erzählte, das habe mit dem Stillstand in Österreich zu tun. Wie auch immer, die verstörten Nachkriegsbürger, die sich durchaus nicht schuldig fühlten – eher hatten sie das Gefühl, eine Katastrophe überstanden zu haben –, verehrten jüdische Künstler von Geduldig & Thimann bis Hans Weigel – dessen „Phantasie in Ö-Dur“ (ein Soloabend mit Elfriede Ott) ihnen aus der Seele sprach. Nach der NS-Zeit war Heimat erst recht gefragt. In der Marietta-Bar konnte man die Verstörungen des Krieges, der für manche Jahrgänge durch den Ersten Weltkrieg schon sehr lang dauerte, vergessen.

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