Bäumchen wechsle dich, Wien–München–Berlin

Streamingtipps. Die Klassik-Plattformen konfrontieren uns mit wichtigen Werken der musikalischen Moderne, ganzen Komponistenpersonalen, aber auch mit romantischen Naturmärchen. VON WILHELM SINKOVICZ

Prokofieff zu allen Tageszeiten

Valery Gergiev sorgt für einen Prokofieff-Hype. Kurz nach seinem Amtsantritt als Chefdirigent in München hat er sämtliche Klavierkonzerte des russischen Meisters in rascher Folge aufs Programm gesetzt. Nun folgen die Klaviersonaten und die Symphonien – und zwar in zwei Marathonsitzungen in der Philharmonie am Gasteig am 12. und 13. November, die auf der „Fidelio“-Plattform live mitzuerleben sind.

Am 12. beginnt der Prokofieff-Biathlon um 11 Uhr Vormittag mit einer charmanten Introduktion: Da dirigiert Gergiev eine Aufführung der wohl populärsten Komposition aus Prokofieffs Werkstatt: „Peter und der Wolf“.

Ab 14 Uhr musizieren Dmitry Masleev, George Li, Lukas Geniušas und Sergej Redkin in zwei Tranchen die neun Klaviersonaten und konfrontieren sie mit Sonaten von Domenico Scarlatti. Ebenso stellt Gergiev tags darauf den Symphonien 2 bis 7 Werke von Wolfgang Amadeus Mozart gegenüber. Das hat Methode. Barock und Klassik waren für Prokofieff stets Reibebäume – und manches Detail klassischer Formgebung ist in den Klavier- und Orchesterwerken auszumachen. Andererseits erlebt man auch den Meister der drastischen Moderne, der Groteske – und der lyrischen Entfaltung. Wechselbäder garantiert! myfidelio.at

Thielemanns Bruckner-Zyklus

Eines der bemerkenswertesten Konzerterlebnisse der jungen Saison war wohl die Aufführung von Anton Bruckners selten gespielter Erster Symphonie. Der Komponist selbst nannte sie sein „keckes Beserl“ – und doch enthält das Stück nebst aufgewühlten dramatischen Momenten auch einen der schönsten Adagio-Sätze des Meisters. Christian Thielemann erarbeitet mit seiner Staatskapelle Dresden gerade den gesamten Brucknerzyklus und musizierte die Erste vor der hinreißenden Wiener Aufführung auch in München. Im dortigen Gasteig wurde das Konzert aufgezeichnet und steht nun auf „Fidelio“ online. myfidelio.at

Christiane Kargs Staatsoperndebüt

„Pelléas et Mélisande“, liveAus der Wiener Staatsoper wird eine Vorstellung der zweiten Aufführungsserie von Marco Arturo Marellis Neuinszenierung von Claude Debussys einziger abendfüllender Oper gestreamt. Diesmal gehen mit Christiane Karg und Bernard Richter zwei Debütanten „ins Wasser“. Spannend ist nicht zuletzt der Opernauftritt der als Liedersängerin höchst beliebten, sensiblen Gestalterin Karg als Mélisande. Ihr zur Seite als Golaud: Simon Keenlyside, der schon bei der Premiere mit von der Partie war. Neu auch das „Herrscherpaar“, König Arkel: Peter Rose, Geneviève: Janina Baechle. Daniel Harding dirigiert. staatsoperlive.com

Alain Altinoglus Debüt in Berlin

Konzert der Berliner PhilharmonikerDer Premierendirigent des neuen Wiener „Pelléas“ war der Franzose Alain Altinoglu, der sich in den vergangenen Jahren in die erste Reihe der jungen Maestri dirigierte. Jüngst debütierte er am Pult der Berliner Philharmoniker in deren Philharmonie. Debussys leuchtkräftige Partitur hat er aus Wien gleich in die deutsche Hauptstadt mitgenommen: Sein philharmonisches Programm enthielt die symphonischen Zwischenspiele aus dem „Pelléas“, aber auch ein schärfer konturiertes Gegenstück französischer Provenienz, die Suite aus dem Ballett „Bacchus et Ariane“ von Albert Roussel, der nicht nur den Impressionismus, sondern auch Igor Strawinskys rhythmische Erneuerungen studiert hat. Im ersten Teil des Abends war eine Rarität der gemäßigten musikalischen Moderne zu entdecken, das unvollendete, von Csaba Erdélyi edierte Bratschenkonzert von Béla Bartók – mit Máté Szücs. digitalconcerthall.com

Die Stoyanova als Wassernixe

Krassimira Stoyanova ist eine der wandlungsfähigsten Diven unserer Zeit. Von der Donizetti-Primadonna wird sie flugs wieder zum Naturwesen: Als Antonín Dvořáks „Rusalka“ besingt sie an der Staatsoper demnächst wieder den Mond und bezirzt den Prinzen, Dmitro Popov. Elena Zhidkova ist wieder Rusalkas Rivalin. Tomáš Hanus dirigiert. Am 25. Oktober wird live gestreamt – die Aufzeichnung steht dann noch drei Tage für Abonnenten online. staatsoperlive.com

Alfred Brendels Hommage an Liszt

„Années de pèlerinage“, 1986Zum 100. Todestag von Franz Liszt musizierte Alfred Brendel die ersten beiden Bände von dessen musikalischen „Reisejahren“ für eine Filmdokumentation: Die ganze Musik mit einigen knappen erläuternden Kommentaren des Pianisten zum Schweiz- und Italienband der Sammlung. Die Video-Ausgabe wurde zu einer wunderbaren Ehrenrettung des viel gescholtenen Komponisten – für Besucher der Raffael-Ausstellung in der Albertina besonders spannend: „Sposalizio“, eine zauberhafte „Bildbeschreibung“ in E-Dur.myfidelio.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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