Alfred Dorfer will nicht mehr beißen

Allein auf der Bühne: Keine Band begleitet Alfred Dorfer, für Stimmungswechsel gibt es Musik und Sounds aus der Büchse.
Allein auf der Bühne: Keine Band begleitet Alfred Dorfer, für Stimmungswechsel gibt es Musik und Sounds aus der Büchse.(c) Screenshot
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In seinem neuen Programm „und . . .“ gibt sich Dorfer überraschend sanft – und findet zu neuer Leichtigkeit. Ausgeteilt wird gegen denkfaule Besserwisser.

„Wo ist Ihr Zorn geblieben?“, fragt der Alfred Dorfer, der einen fordernden deutschen Theaterdirektor spielt, den Alfred Dorfer, der sich selbst spielt. Der winkt ab: Für einen Mittfünfziger, was ist denn das für eine Frage? Nicht (nur), dass ihm das Feuer im Gemüt altersbedingt erloschen wäre – Dorfer will jetzt sanfter sein. Hinter jedem Zyniker, sagt er in seinem neuen Programm „und . . .“, stecke nämlich ein „zartes Herz“. Und was gern „bissige Satire“ genannt wird, sei auf politischer Ebene nichts anderes als Rechtspopulismus.

Scharf geschossen wird hier also nicht, ausgeteilt aber schon – und zwar vor allem gegen die unhinterfragte „Instanzengläubigkeit“ selbsterklärter Intellektueller, die sich lieber auf die Hirnforschung als ihren Hausverstand verlassen. Und gegen „Gefasel von Toleranz“: Dass man jemanden verurteilt, der sich weigert, mit einer Frau zu sprechen, sei nicht gleich FPÖ-Rhetorik, sagt Dorfer und fordert, die „Links-Rechts-Scheiße“ hinter sich zu lassen. Mehr Gelassenheit, lautet das Motto. Das Programm ist flott und vielschichtig. Im Zentrum steht ein Umzug, der Anlass gibt zu Rückblenden und gedanklichen Ausflügen. Dorfer wechselt mit Leichtigkeit die Ebenen, schlüpft von einer Rolle in die nächste: Da gibt es den anfangs genannten Theaterdirektor, der ein Stück in Auftrag gibt (und sich am Ende enttäuscht geben wird: „Es war in keinster Weise politisch“), da gibt es Dorfers jüngeres Ich, oder die Mama, die sofort einen Zwetschkenkuchen ins Rohr wirft, wenn sie hört, dass es ihrem Sohn schlecht geht. Er habe sich aber auch eine blöde Arbeit ausgesucht: „Wo du dein Geld damit verdienst, dass sie dich auslachen.“

Heldenhafte Stehpinkler

Dem stellt sich Dorfer diesmal allein auf leerer Bühne. Keine Band begleitet ihn, für Stimmungswechsel gibt es Musik und Sounds aus der Büchse. Zu Klängen wie aus einer Heldensaga verteidigt er etwa die Männlichkeit von Stehpinklern. Er führt die Unsicherheit von Männern am Spielplatz vor, witzelt über Veganer und „Kevine“ (also Kinder namens Kevin).

Kleine Brandreden streut er wie aus dem nichts dazwischen, was zuweilen irritiert – aber es ist letztlich konsequent, schließlich macht Beiläufigkeit sein ganzes Programm aus, in dem er Pointen aus dem Ärmel schüttelt, ohne ihnen nachzuschauen, und mit abrupten Betrachtungen sein Publikum liebevoll überfordert: „Wann hat in der Menschheitsgeschichte dieser Schwachsinn begonnen, dass man Dinge trennt, die man im Grunde nur unterscheiden kann?“

Elf Jahre liegt Dorfers letztes reguläres Soloprogramm zurück. „Ich weiß, warum er jetzt wieder spielt, weil's nix geworden ist mit seiner Partei“, imitiert er in der Zugabe einen unzufriedenen Zuschauer – und stichelt gegen seinen einstigen „Schlabarett“- und „MA 2412“-Kollegen Roland Düringer, dessen neues, explizit politisches Programm heute Abend Premiere hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2017)

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