Kabarett: Ist Vorarlberg nur eine Erfindung?

(c) RaDeschnig/Stefan Grauf-Sixt
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In ihrem fünften Programm „Doppelklick“ chatten und singen sich RaDeschnig durch die Welt des Internets: Das clever zusammengesetzte Stück liefert Moral ohne Keule und Unterhaltung auf hohem Niveau.

„Stirb bitte!!! – Über Morddrohungen komm ich leichter ins Gespräch als über eine Floskel.“ Diese Erkenntnis fällt im ersten Sketch von „Doppelklick“ der Kärntner Zwillingsschwestern RaDeschnig im Kabarett Niedermair. Nicole und Birgit Radeschnig leben inzwischen in Wien und zeigen in ihrem fünften Programm, wie das Internet unseren Umgang miteinander und unsere Sicht auf die Welt verändert, verwischt und verkompliziert.

Es beginnt mit einem Klarinettensolo von Nicole, bei dem ihr Birgit Hasskommentare aus dem Internet entgegen schmettert. Wobei die Klarinette für alles stehen kann, was für die einen wunderschön, für die anderen schirch und grauslich klingen mag. „Das war ich doch gar nicht“, wehrt sich Birgit gleich: „Mein Laptop ist für alle öffentlich zugänglich.“ Womit aus dem Klarinettenbashing ein Seitenhieb auf den bekannten „Sigrid Maurer vs. Craft Beer“-Disput wird.

Youtube-Videos und Verschwörungstheorien

Es steckt viel Feinarbeit in dem Werk, mit dem die 34-Jährigen derzeit durch Österreich touren: Die Kostüme sind maßgeschneidert, dunkle Westen mit grünen und orangen Details. Wer dabei an die Farben von Twinni – wegen Zwillingen – denkt, liegt jedoch falsch. Die grüne Seite des Tops sieht das Publikum jeweils bei der Schwester, die gerade „online“ ist. Schaltet die Künstlerin sich „offline“, dreht sie dem Publikum die orange Seite des Kostüms zu. Denn das gesamte Stück stellt keine Face-to-Face-Kommunikation dar, sondern zwei Schwestern, die miteinander chatten, und der anderen zwischendurch Youtube-Videos und auch Verschwörungstheorien schicken.

„Vorarlberg gibt’s nicht!“ sagt Nicole: Das hätte nur die FIS (Internationaler Skiverband) erfunden, um schlechte Skifahrer los zu werden. Birgit versucht sie bis zum Ende des Stücks davon zu überzeugen, dass das westlichste Bundesland sehr wohl existiert, auch wenn Nicole noch so oft wiederholt: „Da gibt’s Studien!“

"Früher hab ich noch viel diskutiert"

Birgit hingegen folgert im Laufe des Abends: „Früher hab ich noch viel diskutiert, aber früher hab ich auch noch nicht gewusst, dass ich recht hab.“ In dieses kurzweilige und clever zusammengesetzte Programm verpacken die Kabarettistinnen moralischen Inhalt ohne Keule, Kritik an Kapitalismus und übertriebener Selbstliebe, sowie #metoo im engsten Familienkreis. Die Familie wird hier gar nicht als idyllischer Rückzugsort von der verängstigenden Online-Welt dargestellt. Vielmehr überraschen die zwei mit einer humorigen Aufarbeitung eines schwierigen Verhältnisses zweier Kinder, die zufällig am selben Tag von der selben Mutter geboren wurden. Oder wie Birgit es ausdrückt: „Du hast meine Gene in den Dreck gezogen!“

Doch am Schluss haben sich die zwei eh lieb und singen „Ohne Di wär's ka Wir mehr“. Übrigens eines von vielen Liedern, bei denen der Zuseher genießen kann, dass Birgit und Nicole Radeschnig ihre Ausbildung am Konservatorium Wien absolviert haben.

Termine

29. 3. 2019 Wien, Theater am Alsergrund

19. 4. und 20. 4. 2019 Brixen, Dekadenz

http://www.radeschnig.net/termine

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