„Singin' In The Rain“: Frohsinn im Platzregen

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Kammerspiele: Werner Sobotka inszeniert das Musical mit einem präzis agierenden Ensemble: rasant, schräg, charmant.

Bald 60 Jahre ist das sowohl als Film wie auch als Musical erfolgreiche Produkt „Singin' In The Rain“ alt. Es geht, richtig geraten, um eine Liebesgeschichte, aber auch um den Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm, der viele Darsteller ihrer Lebensgrundlage beraubte, weil sie zu pathetisch agierten oder ihre Stimme nicht für den Tonfilm geeignet war.

Die Schöpfer von „Singin' In The Rain“ (Drehbuch: Betty Comden, Adolphe Green, Musik: Nacio Herb Brown, Arthur Freed) packten diese Entwicklung in einen amüsanten Plot: Zwei Stummfilmstars, der Mann verliebt sich in eine Sprechschauspielerin, diese synchronisiert die misstönende Diva.

Regisseur Werner Sobotka übernahm in den Kammerspielen die Patina des legendären Films mit Gene Kelly, reicherte die Kreation aber mit rasanter Stand-up-Komödiantik und satirischer Überzeichnung an. Die Aufführung hat ein paar Längen, was an dem epischen Original liegt, aber insgesamt ist sie geglückt – und vor allem, wie immer bei Sobotka, mit beeindruckender Perfektion einstudiert. Das flutscht nur so dahin, befeuert von den beliebten Melodien, von denen heutzutage allerdings nicht mehr der Titelsong am besten gefällt, sondern die unbeschreiblich lautmalerische Geschichte von Moses, der seine Zehen für Rosen hielt („Moses supposes his toses are roses“). Gaines Hall spielt etwas manieriert den Beau Don Lockwood, der an der Bushaltestelle auf seine alsbald Angebetete trifft. Im Film spielte die liebliche Debbie Reynolds die Möchtegern-Tragödin Kathy Selden, hier zeigt Nina Weiß eine emanzipiert-herbe Variante, wohl zeitgemäß, aber doch stark gegen den Typ besetzt. Handwerklich ist sie perfekt wie alle anderen. Die interessanteste Figur ist die schrillste: Jennifer Kossina als Diva Lina Lamont zwitschert und singt ohrenbetäubend, zeigt aber auch die Hollywood-Beautys in ihrem Glanz, Elend – und die überwältigende Zickigkeit, mit der sie sich gegen ihr ständiges Zum-Objekt-der-Begierde-degradiert-Werden wehren. Das ist gleichermaßen herrlich wie klug, umso mehr als die Dina eine „Wurzenrolle“ ist.

Stummfilm-Pathos, Talmi und Glamour

Ramesh Nair – er ist auch für die Choreografie verantwortlich – begeistert als verschmitzter Musiker Cosmo, Markus Simader als skurriler Sprechlehrer. Katharina Dorian gibt eine enflammierte Journalistin. Regisseur Sobotka brilliert in einem Werbestreifen für Tonfilm. Jan Frankl hat die hinreißend authentischen Schwarzweiß-Videos hergestellt. Amra Bergman-Buchbinder entwarf das wunderbar nostalgische Bühnenbild. Steppen können die Herrschaften nicht wie in Hollywood, aber sonst: tadellos. Allein, wie sich Gaines Hall im heftigen Platzregen singend, tanzend, fast nicht rutschend auf den Beinen hält: bewundernswert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2011)

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