Wenn das Publikum der Barbara Karlich Show über den Song Contest abstimmt

Eurovision Song Contest
Eurovision Song Contest(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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Der zweite Song-Contest-Vorentscheid "Wer singt für Österreich?" war ein spannungsloses Intermezzo. Dennoch wird es im Jahr eins nach Conchita Wurst nicht peinlich werden.

Ich gestehe, ich bin ein Fan des Eurovision Song Contest. Nein, ich bin nicht erst seit dem Sieg von Conchita Wurst an dem Liederwettbewerb interessiert. Die erste Erinnerung reicht zurück ins Jahr 1984, als die Herreys - drei gut aussehende Schweden mit Seitenscheitel, Hochwasserhosen und goldenen Schuhen - gewannen.

Auch die aus - österreichischer Sicht - schwierigen ESC-Jahre habe ich erlebt. Den letzten Platz von Thomas Forstner 1991 (der zwei Jahre zuvor noch den exzellenten fünften Rang belegte). Auch für Wilfried gab es 1988 - ja, das war das Jahr mit der fantastischen, "Tron"-artigen Bühne -, die rote Laterne.

Sechs Kandidaten, zwei Favoriten

Heuer stellt der ORF die Frage: "Wer singt für Österreich?". In den gleichnamigen Sendungen wird nun nach dem Nachfolge-Act für Conchita Wurst gesucht. Es ist zunächst mal gut, dass der deutsche Fehler - Stefan Raab wollte, dass Lena nach 2010 auch 2011 gewinnt - nicht wiederholt wird. Eine Kunstfigur wie Conchita Wurst zu toppen, ist wohl schwierig und in Anbetracht der Zeitnot ein Ding der Unmöglichkeit. Es stellt sich vielmehr die Frage: Wer und wie sollte Österreich heuer repräsentiert werden?

Die sechs verbliebenen Kandidaten bzw. Bands - Folkshilfe, Dawa, Celina Ann, Zoe, Johann Sebastian Bass und The Makemakes - durften in der zweiten Show zwei Songs (ein eigener plus ein "Überraschungs"-Song; in manchen Fällen eine Cover-Version) vorstellen. "Rausgewählt", wie es im Casting-TV-Vokabular heißt, wurde niemand. Es ging in der knapp zweistündigen Sendung also um nichts. Moment, es ging doch um etwas: Das Voting des Saalpublikums. Die ersten drei Acts (von sechs Acts) mit den meisten Stimmen wurden von Moderatorin Mirjam Weichselbraun verkündet: The Makemakes, Celina Ann und Folkshilfe. In den sozialen Medien wurde ironisch angemerkt, dass der ORF wohl das Publikum der "Barbara Karlich Show" länger im Studio hat sitzen lassen. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Publikum nicht nach musikalischen Gesichtspunkten, sondern vielmehr einfach nach Sympathie abgestimmt hat.

Abgesehen von der dramaturgischen Fehlentscheidung, jener des spannungslosen Intermezzos, muss ich Nazar recht geben: Österreich sollte beim Song Contest entweder vom Elektronik-Funk-Trio Johann Sebastian Bass (reife und  extravagante Bühnenpräsenz; die Arrangements sind für den ESC noch etwas zu sperrig) oder vom Folk-Quartett Dawa (exzellente Musiker, aber noch ausbaufähige Bühnenshow) vertreten werden.

#JSB & #DAWA = meine Schatzis!!! #WSFOE

— Nazar (@Nazar10) February 27, 2015
Eine Entscheidung fällt übrigens auch in der nächsten Show (wieder aufgezeichnet) nicht, sondern erst am 13. März. Am 6. März stellen die sechs Acts jeweils zwei Songs - also insgesamt 12 (!) Lieder - vor, die für sie im Auftrag des ORF geschrieben wurden. Kurz gesagt: Es wird jenes Lied darunter sein, das wir auch im Finale am 23. Mai hören werden. Welches Urteil wohl die Coaches treffen werden? Anna F. hat sich bislang eher zurückgehalten, von BossHoss kommt zumeist Ein- oder Zweisilbiges ("mega", "krass"). Bislang hat vor allem Nazar manchmal hart, aber ehrlich seine Meinung kundgetan.

.@Nazar10 nimmt seine Rolle sehr ernst und ist tatsächlich ein Coach und nicht nur Show-Beiwerk wie die anderen - well done! #wsfö

— Hannes Tschürtz (@hannestschuertz) February 27, 2015Gewinnen werden wir heuer nicht. Muss auch nicht sein (das könnte sich der ORF finanziell auch gar nicht leisten). Aber "peinlich" wird es nach Conchita nicht werden, hier muss ich 88.6-Programmchef Bernhard Feichter widersprechen. Alle sechs Kandidaten sind solide. Mit den introvertierten Dawa, die Internationalität verkörpern, oder den extrovertieren Johann Sebastian Bass, die meine persönlichen Ko-Favoriten sind, wäre man am besten aufgestellt. Ein Debakel droht mit keinem der Acts.

Aber die Entscheidung, wer Österreich beim ESC vertritt, sollte der ORF bitte dann doch nicht dem Publikum der "Barbara Karlich Show" überlassen.

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