Warum „Game of Thrones“ die aktuell beste Fernsehserie ist

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Nichts gegen „The Americans“, „Westworld“ oder „The Handmaid's Tale“, aber der König der Serienwelt trägt einen anderen Namen. Sechs Gründe, warum „Game of Thrones“ den Spitzenplatz jedes Serien-Rankings verdient.

Wenn heuer am 17. September die Fernsehpreise Emmy in der Königskategorie "Dramaserie des Jahres" verliehen werden, wird eine Serie fehlen: Die siebte und vorletzte Staffel "Game of Thrones" startet nämlich erst am kommenden Sonntag in den USA (und am Montag im österreichischen Pay-TV) und damit zu spät, um für die Auszeichnung berücksichtigt zu werden. In den beiden Vorjahren holte sich die Mittelalter-Fantasyserie die Trophäe - und das sorgte auch für kritische Stimmen: Wieso nicht ein wenig Abwechslung? Und verdient „Game of Thrones“ den Emmy wirklich, schließlich gibt es derzeit mehr als genug hochqualitative Serien? Gibt es keinen Geheimtipp, keine Perle, die den Preis mehr verdient hätte als die Serie, die sowieso die Massen anzieht?

Ich bin der Meinung, dass „Game of Thrones“ durch seine starke sechste Staffel jeden Preis verdient hat, mehr noch: dass sie die aktuell die beste laufende Fernsehserie ist.

Sechs Gründe dafür:

"Game of Thrones" ist ein popkulturelles Phänomen: Die Serie wird laufend zitiert - ob in Filmen oder Serien, in Late-Night-Shows oder Pop-Songs. In der U-Bahn sieht man Menschen mit "Game of Thrones"-T-Shirts. Jeder neu veröffentlichte Trailer stellt einen Rekord auf. Wer nicht weiß, was die "Red Wedding" ist, ist im popkulturellen Diskurs nicht up to date. Die Zuschauerzahlen sprechen ohnehin für sich: "Game of Thrones" ist der Blockbuster unter den Serien. Hier zeigt sich aber auch der Wandel im Medienkonsum: Die Serie ist fürs lineare Fernsehen in Europa, jedenfalls in Österreich, nicht relevant, sondern sie wird im Stream gesehen. Mit der Anzahl der illegalen Downloads stellt sie jedes Jahr auch einen Negativrekord auf.

"Game of Thrones" hat die Spielregeln des Erzählens im Fernsehen verändert: Der plötzliche und unerwartete Tod von Ned Stark in Staffel eins, von dem man als Zuseher glaubte, er sei der Held der Serie, hat die Zuschauer erschüttert - und nachhaltige Wirkung auf Publikum und auf andere Serien ausgeübt: Niemand ist sicher, dieses Motto gilt nun auch für andere Serien. Manche denken, "Game of Thrones" töte so viele Hauptfiguren ohne triftigen Grund. Aber das stimmt meiner Meinung nach so nicht. Die Figuren sind meist "auserzählt" und wenn nicht, dann ist ihr Ableben wichtig für den Fortgang der Handlung. Die Botschaft selbst ist jedenfalls realistisch: Niemand entgeht dem Tod, nicht in "Game of Thrones" und nicht im echten Leben.

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"Game of Thrones" ist komplex: Das mag banal klingen, aber die Serie ist auch dank der Vielzahl ihrer Figuren und Schauplätze einzigartig. Es gibt verschiedene Ethnien, Kulturen und Parteien auf zwei Kontinenten. Diese Welt ist zunehmend unüberschaubar, aber alles ist miteinander verbunden - man kann das globalisiert nennen. Damit passt die Serie perfekt in unsere Zeit.

"Game of Thrones" bedient zeitlose Themen: Macht und Einfluss, Liebe und Verrat, Familie und Feindschaft, Gier und Rachsucht - das sind nur einige der "großen" Themen, die die Serie anschneidet. Man kann ihr Eskapismus vorwerfen – und da ist etwas dran – oder, dass sie sich immer auf der gleichen erzählerischen Ebene bewegt. Man kann aber auch eine Reflexion aktueller Probleme in ihr sehen: Sie zeigt eine Welt im Umbruch. Die Debatte um die Wildlinge an der Mauer aus Eis erinnert an die Flüchtlingsdebatte, die Blindheit der Könige gegenüber den White Walkers etwa an Klimawandel. Denn die Mächtigen agieren nur zum eigenen (regional begrenzten) Vorteil und widmen sich nicht den tatsächlichen, alle betreffenden Gefahren.

"Game of Thrones" hat wunderbare Figuren: Archetypen fehlen in der Serie bzw. kommen nur ganz am Rande vor. Die meisten Figuren sind rund, sie haben eine Vorgeschichte, Vorlieben und soziale Einbettung. Als Zuseher lernt man ihre positiven wie negativen Seiten kennen (gut, vielleicht nicht bei Ramsay Bolton). Bestes Beispiel für mich ist Cersei: Sie ist zwar eine der Antagonistinnen der Serie, aber die Beweggründe für ihr Handeln sind für mich nachvollziehbar. Auch ändern sich im Laufe der Serie Allianzen, Bösewichte werden zu Sympathieträgern, ich denke da etwa an Jaime Lannister. "Game of Thrones" gelingt es zudem immer wieder, spannende neue Figuren einzuführen, wie jüngst etwa die kindliche Herrin Lady Mormont.

Die künstlerische Qualität von "Game of Thrones" ist hoch: Gut, das Budget einer einzigen Folge "Game of Thrones" übersteigt vermutlich das einer ganzen Staffel einer anderen Serie. Aber die Serienmacher D. B. Weiss und David Benioff setzen das Geld auch geschickt ein. Die Episode aus Staffel sechs, "The Battle of the Bastards" war eine Tour de Force und sicher die visuell beeindruckendste und intensivste Schlachtszene, die ich in einer Serie oder einem Film gesehen habe. Übertroffen wurde die Folge von der nächsten: Die ersten 15 Minuten von "The Winds of Winter", in der Cersei Rache übt und dabei hunderte Menschen tötet, sind bis dato einzigartig im Fernsehen. Der langsame Aufbau, die Musik, die Montagen - eine epische Sequenz.

Man darf gespannt sein, wie Staffel sieben das steigern will.

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