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Pantha Du Prince: Die neuen Klänge der Glocken

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Pantha Du Prince erforscht auf seinem neuen Album „Elements Of Light“ gemeinsam mit einem norwegischen Kollektiv namens The Bell Laboratory die Möglichkeiten der Instrumente, die man Aufschlagidiofone nennt.

Anders als in der Klassik, in der ihr Klang von Mussorgski bis Debussy ausgelotet wurde, führt die Glocke in der Popmusik eher ein randständiges Dasein. Sie wurde zwar zuweilen thematisiert, etwa von AC/DC in „Hells Bells“ oder von Laura Nyro im gecoverten „Wedding Bell Blues“, aber ihre tonalen Qualitäten wurden selten ausgereizt. Nicht einmal Mike Oldfields gefeiertes Album „Tubular Bells“ tat dies ausgiebig.

Nun hat sich mit Pantha Du Prince ausgerechnet ein Technomusiker mit diesem zur Gruppe der Aufschlagidiofone zählenden, also bei der Klangerzeugung als Ganzes schwingenden Instruments beschäftigt. Gemeinsam mit einem norwegischen Kollektiv namens The Bell Laboratory bringt er das vielschichtige Gebimmel in einen reizvollen, technoiden Kontext. Der als Hendrik Weber geborene Pantha Du Prince, einst Bassist in der Hamburger Band Stella, schaffte auf „Elements Of Light“ tatsächlich, Glockenklänge zur Entfaltung zu bringen, die weder Assoziationen mit Gotteshäusern noch mit pastoralem Kuhglockenidyll auslösen. Nein, ihn beschäftigt ein physikalisches Phänomen, wie schon auf seinem vorigen Album „Black Noise“. Dort war es das „stille Rauschen“. Er nahm auf einer Schweizer Geröllhalde natürliche, für das menschliche Ohr nicht hörbare Sounds auf und bearbeitete diese dann auf subtile Art elektronisch; nun befasst er sich in den fünf neuen, epischen Stücken „Wave“, „Particle“, „Photon“, „Spectral Split“ und „Quantum“ mit den lichterzeugenden Elementen. Die initiale Idee für sein geradezu munter tönendes, an einer Stelle sogar mit Discobässen flirtendes Opus hatte er, als er 2010 mit Freunden nahe des Rathauses von Oslo zu Mittag aß, wo täglich fünfmal das aus 64 Glocken bestehende Bronze-Carillon ertönt.

Ihn begeisterte, wie schwer der Sound der Glocke in den Griff zu bekommen war: „Ihr Klang breitet sich in verschiedene Richtungen aus. Durch die Bronze wandert der Sound überall hin, bis die Obertöne verschwimmen. Das nehme ich auf und jage es dann durch meine elektronischen Geräte und erzeuge so einen unstabilen Moment.“

Für sein faszinierendes Werk nahm er auch andere selbstschwingende Klangkörper als Tubular Bells in den Dienst: Gongs, Triangeln, Vibrafon und das von zwei Schweizern erst im Jahr 2000 erfundene „Hang“. Die behutsam erzeugten Sounds provozieren Assoziationen mit dem Werk des legendären New Yorker Straßenmusikers Moondog, aber auch mit Steve Reich und John Cage. Für die Liveumsetzung hat sich das Ensemble blassblaue Kutten verpasst, die für leicht mystische Anmutung sorgen sollen. Musikalisch bleibt es trotz solch unheilvoller Verkleidung angenehm nüchtern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2013)

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