Pop

James Murphy will nicht mysteriös sein

(c) APA (ANDREAS STANGL)
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Der Soundinnovator über Charisma und Fehlschläge in der Tanzlocation Oben.

Gute Popmusik umhüllt meist die Aura des Geheimnisses. Dieses zu bewahren oder überhaupt entstehen zu lassen wurde mit dem massenhaften Aufkommen elektronischer Produktionsmethoden und dem Aufstieg des DJs seit den Neunzigerjahren immer schwieriger.

James Murphy schaffte es dennoch als Mitbetreiber des Labels DFA, als Musiker mit LCD-Soundsystem und als Produzent etwa des aktuellen Arcade-Fire-Albums, einen Sound zu kreieren, der sich signifikant vom Einerlei herkömmlicher Tanzbeats abhebt. Trotz seines Welterfolgs bewahrte er sich einen pragmatischen Blick aufs oft egomanische Milieu.

Vor einem schweißtreibenden DJ-Gig in der Grellen Forelle stellte er sich auf Einladung der Red Bull Musica Academy in einem von FM4-Moderator Heinz Reich taktisch klug angelegten Publikumsgespräch den Fragen heimischer Szenemenschen. Auf sehr erfrischende Art zeichnete der in New York residierende Murphy seine Fehlschläge. Die Mühen der Ebene hat Murphy nie gescheut. Nach dem missglückten Versuch einer Rocksängerkarriere als Zwölfjähriger wurde er Tontechniker bei Konzerten.

Freiheit ist Angstlosigkeit

Das förderte seinen Sinn fürs Handwerk. „I'm no mysterious, charismatic person!“, bekannte er. Und: „I'm an explainer.“ Ja, in frühen Jahren wäre er auch gern wie David Bowie gewesen, eine Kunstfigur, die aus dem Weltall zu den Menschen herabschwebt. Nachdem mit „Inspiration“ und „Charisma“ bei ihm nicht viel war, entdeckte er die Arbeit. Dabei lebt er die Obsession für seine in die Eingeweide fahrenden Sounds aus. Fast zwei Stunden plauderte Murphy aus dem Nähkästchen, verblüffte die hiesigen Geeks damit, dass ihm Perfektion nichts bedeutet und er die eigene Singstimme gar nicht mag.

Freiheit hat für ihn viel mit Angstlosigkeit zu tun. Die kann zuweilen sogar vom Hass gegen sein momentanes Publikum gespeist sein. Verblüffend war auch sein Schlussappell an die versammelte Bastelelite: „Make bad songs. They are so important.“ Ein Ansatz, der zumindest die Nerven der Novizen schont. (sam)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2014)

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