Pop

Latin-Pop: Kleiner Walk on the Wild Side

Die kolumbianische Hüftschwingerin Shakira entzückte in der Wiener Stadthalle mit ihrer natürlichen Stimme – und wirkte dennoch etwas zurückhaltend.

Nach einer guten Stunde hat sich Shakira am Dienstagabend dann doch mitten in die Menge in der Wiener Stadthalle gewagt. Erst hüpfte sie barfüßig quer über die Bühne, wie ein befreiender karibischer Sturm, lockte lasziv mit „Whenever, Wherever“, dann tanzte sie grazil durch die Menschenmauer, die sich mirakulös und mit Hilfe zweier Seile wie das Rote Meer vor Moses teilte.

Man muss es leider sagen, das Wiener Publikum hat bei dieser Schlüsselszene, bei dieser einladenden Botschaft, ein wenig enttäuscht. Etwas mehr Bewegung wäre schon angebracht gewesen, als der kolumbianische Superstar bei diesem kleinen Spaziergang seine Fans zur rhythmischen Wildheit animieren wollte.

Orientalische Tänze

Vielleicht lag es aber auch an einem Paradox: Shakira bot – bis zum abschließenden „Hips Don't Lie“ nach eineinhalb Stunden – 16 wunderschöne Songs, sie bewegte ihre runden Hüften, ihr keckes Bäuchlein wie die begehrenswerteste orientalische Tänzerin, ihre musikalischen Begleiter spielten Latino-Nummern, was das Zeug hielt, und doch spürte man ein wenig Verhaltenheit und fast zu viel Professionalität bei dieser zierlichen Powerfrau.

„Can you make me happy?“, fragte die 30-Jährige rhetorisch, als sie ihren Abend mit „Estoy aqui“ begann, als sie mit halbstündiger Verspätung plötzlich da war und die Wiener zum Vergnügen einlud. Was für eine Frage! Ganz sicherlich trägt es zum Glücksgefühl bei, wenn Shakira sich kurz zu ihren Musikern setzt, um „Illegal“, ihre neueste Hit-Single, wie eine verbotene Dinge verheißende Ballade vorzutragen: „You don't even know the words I'm sorry“, singt sie, und es schmerzt, nur ein wenig.

Sogar das Leid von „Don't Bother“, einer Abrechnung mit dem untreuen Lover, wird bei diesem herausfordernden und zugleich schüchternen Wesen zum exzessiven Fest. Shakira schnallt sich die Glitzergitarre um, schmollt, heult, ihre Stimme überschlägt sich, doch sie hat alles im Griff, wenn sie enthemmt „Te Dejo Madrid“ verkündet, wenn sie bei „Inevitable“ eindeutige Beckenbewegungen, Kindchenschema-Schmollen und heftiges Lockenwerfen zu einem Gesamtkunstwerk vereint.

Rot-rot-rote Blume

Die schönsten Szenen: Shakira singt „La Tortura“, und wir leiden mit ihr, Shakira erscheint mit einem rot-rot-roten, bodenlangen Kleid, wirft die mit Stäben verstärkten Ärmel hoch über sich und ist wie eine Blume, ist eine Blume, die sich entblättert, sie singt den Superhit „Underneath Your Clothes“, und der hinterste Sitzplatzbesucher fühlt sich ihr jetzt ganz nah.

Die gelungensten Nummern: Authentisch wirkt die Sängerin, wenn sie ihre Botschaft auf Spanisch vorträgt, in bauchfreiem Top und schwarzer Hose knapp an der Schamgrenze. „Si Te Vas“ singt Shakira oder „Ojos Asi“, und man ist hingerissen vom Tanz, tanzt selbst schon mit, „Pies Descalzos“ trägt sie vor und wirkt ganz selbstvergessen. Nein, ihre Hüften lügen nicht, und am Schluss, zum langen Abschied, gibt's Konfetti und ein kurzes Lächeln.

Inline Flex[Faktbox] TERMINE: Frauen-Power("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2007)

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