Pop

Song Contest: "Queen of Austria" und die Gloryhunter

Conchita Wurst representing Austria performs after winning grand final of the 59th Eurovision Song Contest in Copenhagen
Conchita Wurst representing Austria performs after winning grand final of the 59th Eurovision Song Contest in Copenhagen(c) REUTERS (TOBIAS SCHWARZ)
  • Drucken

Conchita Wurst holte in der Nacht auf Sonntag den Sieg beim 59. Song Contest. Im Vorfeld entlud sich einiges an Hass auf die polarisiende Kunstfigur.

"In your face, haters", selbst der stets professionelle  ORF-Moderator Andi Knoll konnte sich angesichts des - doch überraschenden - österreichischen Sieges beim 59. Song Contest semantisch nicht zurückhalten. Knolls sekundenschnelle Reaktion ist mit jener des Siegers Tom Neuwirth alias Conchita Wurst im Grunde inhaltlich deckungsgleich: "Diese Nacht steht für eine Einheit, die aus Liebe, Toleranz und Respekt besteht". Nur hatte der sichtlich gerührte, und anfangs sprachlose, Sänger für seine Replik auf den Hass, der sich im Vorfeld auf die polarisiende Kunstfigur entlud, entsprechend mehr Zeit.

Was wurde nicht auf Conchita Wurst, der für die dänischen Moderatoren "Queen of Austria", herumgehackt? So teilte der ehemalige Song-Contest-Teilnehmer Alf Poier medienwirksam gegen den diesjährigen Kandidaten aus. "Wenn jemand nicht weiß, ob er ein Manderl oder ein Weiberl ist, dann gehört er eher zum Psychotherapeuten als zum Song Contest", hieß es vom Kabarettisten. FPÖ-Chef HC Strache kritisierte den ORF, der die bärtige Diva nach Dänemark schickte: "Und ich frage mich, wie kommen wir dazu als Zwangsgebührenzahler, dass da nicht die Gebührenzahler befragt worden sind und entscheiden durften", so Strache.

Wer schweigt? Wer wird zum Gloryhunter?

Mit Interesse darf man auf die Reaktionen von Poier und Strache aber auch anderer Pop- und Polit-Protagonisten blicken. Werden sie sich angesichts des Wurst-Triumphs als "Gloryhunter" medial positionieren oder die Angelegenheit eher stillschweigend zur Kenntnis nehmen.

Der große Gewinner ist auf den ersten Blick der ORF. Der öffentlich-rechtliche Sender hat durchaus Risikio genommen und einen - im gesellschaftlichen Mainstream - polarisierenden Künstler gewählt. Und zwar diesmal ohne Vorentscheid-Show ("Österreich rockt den Song Contest"). Der Liederwettbewerb, der heuer zum 59. Mal ausgetragen wurde, ist so etwas wie ein Unikat in der europäischen Fernsehlandschaft: Der ESC vereint traditionelle, ältere Seherschichten und die (junge) schwul-lesbische Community. So unterschiedlich diese Zielgruppen sein mögen, so einig sind sie sich über den Output des Unterhaltungsformats.

Billig wird die Austragung des Song Contest freilich nicht. Mit rund 25 Millionen Euro Ausgaben müssen sie Veranstalter rechnen. Der Mehrwert für den Tourismus ist aber wohl ein vielfacher.

Nach einer langen Durststrecke - 1966 siegte Udo Jürgens das bis heuer einzige Mal -  kehrt der Eurovision Song Contest nun als 2015 nach Österreich zurück. Wien wird Austragungsort der 60. Song-Contest-Party. Aber hat die Bundeshauptstadt überhaupt einen Veranstaltungsort, der sich für das mehrtägige Rambazamba eignet. Die - nicht mehr ganz so moderne - und vor allem viel zu kleine Wiener Stadthalle wird's wohl werden. Und nicht nur "haters" werden mit der Nase rümpfen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.