Pop

Songcontest 2015: "Riesentschoch" und Chance für Österreich

(c) REUTERS (TOBIAS SCHWARZ)
  • Drucken

Der Preis für Österreichs Sieg ist teuer. Die Austragung des Songcontest kostet geschätzte 25 Millionen Euro, gut die Hälfte davon muss der ORF tragen. Die Stadthalle Wien bringt sich schon in Stellung, und der ORF berät auf einer Klausur, wo und mit wessen Hilfe das Event stattfinden soll.

Ob Österreich zuletzt Gewinnchancen beim Songcontest hatte oder nicht, immer kursierte rund um das Finale dieser eine Running Gag: Der ORF wünsche sich bloß einen guten zweiten Platz, einen Sieg könne er sich nämlich nicht leisten. Auch Samstagnacht kursierten in sozialen Netzwerken schadenfrohe Bemerkungen über schwitzende ORF-Direktoren, die bereits den Rechenstift zückten. Doch die Angesprochenen gaben sich angesichts des immer realistischer werdenden Sieges von Conchita Wurst sehr entspannt.

Noch spätnachts in Kopenhagen erklärte ORF-Chef Alexander Wrabetz: „Österreich wird Gastgeber sein.“ Der Bewerb sei eine „Chance für ganz Österreich“. Und Finanzchef Richard Grasl betonte: „Das kostet etwas, aber wir werden das schaffen.“ Der Triumph in Kopenhagen ist für das Management auch eine Genugtuung: „Die Frage, ob es überhaupt noch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht, hat sich damit für einige Zeit beantwortet“, so Grasl.

Fakt ist aber: Das größte Musikevent der Welt ist teuer. Auf 20 bis 27 Millionen Euro werden die Kosten für den Songcontest geschätzt, ein bis zwei Drittel davon trägt normalerweise der öffentlich-rechtliche Rundfunk des jeweiligen Landes. Der Rest kommt durch Ticketerlöse, Beiträge der Teilnehmerländer, Sponsoren und Zuwendungen der öffentlichen Hand herein. Die ARD bezahlte 2011 in Düsseldorf zwölf von 20 Millionen Euro Gesamtkosten, der Norwegische Rundfunk 2010 etwa 16 von 25 Millionen Euro.

Wo der Songcontest stattfinden soll, dürfte frühestens im Spätsommer feststehen. Umgeworfen wurde am Sonntag jedenfalls nur die Tagesordnung der ORF-Klausur. In Illmitz im Burgenland beraten die ORF-Manager nun zuerst, wer sich ab sofort um die Ausrichtung des Großereignisses kümmern soll. Unterhaltungschef Edgar Böhm nannte die Aufgabe einen „Riesentschoch“ und sagte: „Wir werden ein Team dafür freistellen müssen. Das ist ein Fulltimejob.“ Ab Montag sollen Gespräche mit der Stadt Wien und anderen Städten beginnen, die das Event gern austragen würden. Eine Facebook-Gruppe plädiert für Graz als Austragungsort.

Die Hofburg ist wohl zu klein

Wien bietet mehrere mögliche Veranstaltungsorte: So könnte das Ernst-Happel-Stadion (50.000 Zuseher) überdacht werden oder eine temporäre Eventhalle in der Krieau oder gar in St. Marx errichtet werden. Nur die Hofburg, Austragungsort 1967 nach Udo Jürgens' Sieg, ist heute wohl zu klein für dieses Event. Die B&W-Hallen in Kopenhagen haben rund 11.000 Besucher gefasst. Eine Zahl, die die Stadthalle locker fassen würde, wie ihr Geschäftsführer Wolfgang Fischer sagt. Unlängst kamen 16.000 Menschen zum Robbie-Williams-Konzert. Fischer würde den Songcontest „gern ausrichten“, sagt er zur „Presse“. Offizielle Anfrage gab es vom ORF bis jetzt nicht, aber informelle Gespräche im Vorfeld. Eine Kostenabschätzung traut er sich nicht zu, der Anteil der Stadthalle bewege sich bei den kolportierten zirka 27 Millionen im einstelligen Prozentbereich.

In der Stunde des Triumphs hat der Erfolg stets viele Väter. Dabei gab es ORF-intern starken Gegenwind für die Idee von TV-Direktorin Kathrin Zechner, Conchita Wurst ohne Publikumsvoting nach Kopenhagen zu schicken. Noch kurz vor dem Songcontest sollen zwei Dokus, die vor den Semifinali gezeigt werden hätte sollen, gestrichen worden sein. Man wollte nicht so viel Aufsehen um den Musikbewerb machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.