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Rod Stewart: So anständig kann Rock 'n' Roll sein!

KONZERT 'ROD STEWART' IN DER WIENER STADTHALLE.
KONZERT 'ROD STEWART' IN DER WIENER STADTHALLE.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Rod Stewart zeigte sich als seriöser älterer Lausbub – und brachte seine Hits von „Tonight's The Night“ über „Sailing“ bis „Da Ya Think I'm Sexy“.

„Könnten Sie bitte Ihr Kleid ein bisserl mehr über die Beine ziehen? Das lenkt mich zu sehr ab. Ich bin ein verheirateter Mann, wissen Sie?“ Mit diesen charmanten Worten wandte sich Rod Stewart an eine der enthusiasmierten Damen in der ersten Reihe – und machte so klar, was man ohnehin schon gemerkt hatte: An diesem Abend regierte ein seriöser älterer Lausbub die Stadthalle. Kein Hallodri wie dieser Mick Jagger, der sich als Luzifer vorstellt und der Frauenwelt ein freches „Let's spend the night together!“ zuruft, kein Wirrkopf wie Bob Dylan, der sich weigert, seine Lieder so zu singen, wie man sie aus dem Radio kennt, oder brüllt, dass er von der Liebe genug hat...

Nein, Rod Stewart weiß, was sich gehört. Er weiß, dass es die Frauen gern hören, wenn er ihnen zu einer rotweinseligen Melodie erklärt, dass sie immer in seinem Herzen und seiner Seele sind. (Sogar wenn er dazu Fußball-Bilder zeigt, Männer haben halt auch ihre Schwächen.) Er weiß, dass es immer gut ankommt, wenn man Fußbälle und Luftballons in den Saal schießt. Er weiß, dass ein älteres Publikum mit Rührung reagiert, wenn er zu den Jugenderinnerungen in „You Can't Stop Me Now“ Bilder seines Vaters zeigt...

Band in uniformen Anzügen

„Born to ramble“, sei er, singt er in diesem Song, „born to sing in a new world of rock 'n' roll“. Damals, als sie alle anfingen, er 1969 in einer Band namens Faces, bei der Ron Wood spielte, der jetzt erst vor zwei Wochen mit den Rolling Stones im Wiener Praterstadion war. Was für ein Kontrast: dort der wilde, noch immer verstörende Blues der Stones; hier die gepflegte Unterhaltung, die Rod Stewart bietet. Dort die von stilbewussten Kritikern verhöhnten Fetzen Keith Richards'; hier eine Band in grauen Anzügen, die Damen ebenfalls uniformiert, erst in Silber, dann in Leopardenmuster, dann in Rot, alle sauber, sexy und stets lächelnd. Nur der Chef selbst erlaubte sich aufgestrickte Ärmel, heraushängendes Hemd und pinkfarbene Socken, schließlich ist er ja mit seinen 69 Jahren noch ein „Sweet Little Rock & Roller“, wie die Neunjährige in der Chuck-Berry-Nummer.

Soll man beklagen, dass sogar dieser Song bei Rod Stewart bieder wirkte? Aber nein. Loben wir lieber, dass bei „Maggie May“ noch ein wenig von der sanften Verzweiflung, die dieses Lied einst ausstrahlte, durch das glatte Arrangement drang. Dass „You Wear It Well“ nicht nur nach Schönreden klang. Dass er „Sailing“ noch immer so sehnsüchtig singt wie damals, als die inzwischen Verwitterten dazu ihre ersten Slows tanzten. Alles schön, alles lieb. Nur seine Bearbeitung von Bob Dylans „Forever Young“ als Dudelsack-Schnulze ist wirklich schwer erträglich: Aus dem Segen „May you stay forever young“ macht Rod Stewart das Seniorenklub-Versprechen „In my heart you will remain forever young“. Wie man in Wien sagt: Den Unterschied möchte man Klavier (oder besser: Gitarre) spielen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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