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Metallica in Wien: Heavy Metal per Volksabstimmung

Metallica Hetfield
Metallica Hetfield(c) APA/EPA/GEORG HOCHMUTH
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Krieau Rocks. Kostenpflichtige SMS für die Songauswahl: Metallica präsentierten auf der Trabrennbahn nicht nur ihr Lebenswerk, sondern auch ein gewieftes Geschäftsmodell.

Wir schreiben das Jahr 1981. In Kalifornien sucht ein Schlagzeuger, der gebürtige Däne Lars Ulrich, per Anzeige potenzielle Bandmitglieder, um eine Heavy-Metal-Band zu gründen. Und findet unter anderem Sänger James Hetfield. Der Rest ist, wie es so schön heißt, Geschichte: 33 Jahre später stehen die Thrash-Heroen Metallica immer noch auf den Bühnen und locken die Massen an.
Wie am Mittwochabend in der Wiener Krieau. Dass die im Vorjahr ins Leben gerufene Veranstaltung (2013 spielte die Punk-Pop-Band Green Day) offiziell den Titel „Krieau Rocks" trägt, geht unter. Das Rockvolk - in Zahlen: rund 50.000 (laut Veranstalter) - will Metallica sehen. Und zwar „Metallica by request". Das Prinzip der Tournee ist einfach erklärt: Kartenbesitzer können vorab im Internet 16 Songs aus dem Œuvre der Band auswählen. Das Resultat: ein plebiszitär ermitteltes Best-Of-Programm. Zudem präsentiert die Band einen neuen Song (das mittelprächtige „Lords of Summer"). Über einen weiteren können die Besucher während des Konzerts abstimmen.

Totenkopf-Shirt um moderate 25 Euro

Das Vorspiel mit den Anheizern Kvelertak, Children of Bodom und Alice in Chains begann bereits um 16.30 Uhr - und das an einem Wochentag. Dennoch ein kluger Schachzug: So haben die Fans mehr Zeit, die Merchandising-Stände zu belagern. Die Preise? 25 Euro für ein Tour-T-Shirt von Metallica im Totenkopf-Vintage-Design. Moderat. Zum Vergleich: Die Rolling Stones verlangten bei ihrem Freiluftkonzert im Ernst-Happel-Stadion im Juni mindestens 35 Euro für eine textile Erinnerung. Die relativ günstigen Preise sind ein wichtiger Baustein in der Beziehung zwischen dem Unternehmen Metallica und seinen Fans, die ja „echte Liebe" spüren sollen, wie der deutsche Fußballvereins Borussia Dortmund das nennt. Dazu gehören eben auch amikale Aktionen. So dürfen Fanklub-Mitglieder auf der Bühne Lieder ansagen. „Seid Ihr gut drauf? Are you alive?", sagt etwa Jörg aus Graz. Er weiß, wie man mit der Masse spricht. Dann kündigt er „Whiskey in the Jar" an.

"Enter Sandman": Der Albtraum hat ein Gesicht

Diese Version eines irischen Volksliedes war neben „St. Anger" das einzige neuere Stück, das Metallica in Wien spielten. Das Gros des Sets bestand aus Nummern aus den Achtzigern und frühen Neunzigern. Etwa „For Whom the Bell Tolls" und „Sad But True", die trotz des mediokren Sounds in der vom Wind gebeutelten Krieau durchaus kraftvoll wirkten. Auch die visuelle Unterstützung beeindruckte: Bei „Master of Puppets" etwa sah man wahre Fluten von Friedhofskreuzen - dieses Symbol hat übrigens das französische Elektronik-Duo Justice zweitverwertet -, bei „Enter Sandman" bekam der Albtraum ein Gesicht.

Gewiefte Geschäftsmänner

Dennoch kam nicht so schnell die ganz große Euphorie beim Publikum auf. Hetfield machte den Animateur: „Wir wollen, dass alle mit einem Lächeln das Konzert verlassen". Es gelang mehr und mehr. Lautstark mitgesungen wurde bei „Nothing Else Matters" und „Enter Sandman", die gleich hintereinander gespielt wurden. Die Wurlitzer-Maschine könnte es nicht besser machen.
Apropos Maschine: Dass Hetfield, Ulrich und Co. gewiefte Geschäftsmänner sind, zeigt sich nicht nur an Nebenschauplätzen, wie der Videospielbranche („Guitar Hero: Metallica" verkaufte sich allein in Nordamerika eine Million Mal), sondern auch am Konzertabend selbst: in einer interaktiven Aktion. So durften die Besucher - neben den 16 vorab gewählten Liedern - noch ein weiteres aus drei Stücken per SMS wählen. Immer wieder wurden die Videobotschaften der Bandmitglieder auf den Leinwänden abgespielt: „Hi, hier spricht Lars von Metallica. Ihr könnt nach wie vor abstimmen."

Metallica gehen mit der Zeit

Wer seine Stimme abgeben wollte, musste allerdings bezahlen. Immerhin 50 Cent kostete eine SMS. 1257 Kurznachrichten entschieden letztlich für das treibende „Blackened". Kein schlechten Zusatzeinnahmen. Das gilt wohl auch für Live-Mitschnitte, die nach den Konzerten auf der Internetseite www.livemetallica.com zum Download bereits stehen. Gegen Geld, versteht sich. Metallica gehen mit der Zeit. Wir schreiben ja nicht mehr das Jahr 1981.

Setlist des Wien-Konzerts

1. Battery
2. Master of Puppets
3. Welcome Home (Sanitarium)
4. Ride the Lightning
5. The Unforgiven
6. Lords of Summer (neuer Song; nicht von den Kartenbesitzern gewählt)
7. Wherever I May Roam
8. Sad But True
9. Fade to Black
10. ...And Justice for All
11. One
12. For Whom the Bell Tolls
13. Whiskey in the Jar
14. Nothing Else Matters
15. Enter Sandman
Zugaben
16. St. Anger
17. Blackened (per SMS-Voting am Mittwochabend gewählt)
18. Seek & Destroy

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2014)

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