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Songs über schwarzes Gold und dazu Erdbeerspritzer

Spots auf einer Bühne
Spots auf einer BühneREUTERS
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Auf der Nova Jazz & Dance Night spielten die Stereo MCs, Empire Cat und Parov Stelar. Ein Festival zwischen Maschinenbeats, Calypso und Elektro-Swing.

Rob Birch hat gern Ringe. An den Fingern, noch lieber unter den Augen. Auf überzeugende Art fertig ausgesehen hat er schon 1989, als die Stereo MCs in der Wiener Soul Seduction erstmals in Österreich aufgetreten sind. Sein musikalischer Partner, der Elektroniker Nick Hallam, war schon damals von erstaunlich biederer Anmutung. Er fühlte sich immer schon hinter Türmen von Elektronika geborgen. Birch dagegen ist der geborene Frontman. Zu Beginn schien er in Wiesen noch etwas kurzatmig. Die Akklamationen der Fans sollten ihn rasch beleben. Weiterer Blickfang waren zwei erfrischend ungestylt aussehende Sängerinnen sowie ein Perkussionist, der die Maschinenbeats eifrig aufzuckerte. Als ersten Song hatte man sich idealerweise „Black Gold“ auserkoren. Da drang ein köstlich stampfender Beat ans Ohr, über den Birch stoisch seine sozialkritischen Rants ausbreitete. Das permanente Aufbegehren der Stereo MCs rührt wohl von ihrer Herkunft aus Nottingham und Umgebung.

Die Relaxtheit, mit der Birch die nicht selten krassen Slogans über seine bleichen Lippen perlen lässt, ist aber wohl eher Clapham geschuldet, jenem etwas vernachlässigten Teil Südwest-Londons, in dem die Stereo MCs 1985 gegründet wurden. Dort liebt man lustige Rauchwaren. Immer wieder verirren sich Anspielungen darauf in Texte oder Titel. Etwa im an diesem Abend nicht gegebenen „Smoking With The Motherman“ oder eben in „Black Gold“. Unter diesem „schwarzen Gold“ versteht man eingetrocknetes THZ-Harz in Marihuanapfeifen. In Zeiten der Rohstoffknappheit kratzt man es heraus und führt es einem zweiten Rauchdurchgang zu.

Es ist nicht ganz auszuschließen, dass es die exzessive Raucherei war, die Birch so ideal konserviert hat. Er sieht immer noch gleich erledigt aus wie vor fünfundzwanzig Jahren. Das ist keine geringe Leistung. Wie auch ihr Beharren, nach Aufstieg zur Weltspitze samt spektakulärem Absturz weiter im Business zu blieben. Zuletzt haben sie 2011 mit ihrem Album „Emperor's Nightingale“ versucht, neue kreative Wege mit konventionellen Instrumenten zu gehen. Wie man an diesem Abend sah, ist ihr ureigenstes Terrain doch das Hybrid zwischen Elektronik und konventionellen Musizierweisen. Da entzückten neue, namenlose Tunes, aber auch Bewährtes wie die beinah konservative Eleganz abstrahlenden „Wooden Heart“ und „Creation“. Das treibende „The Here And Now“ überrollte mit raviger Energie, auch „Running“ lockte das Tanzbein. Freilich wurden auch ganz große Hits wie „Connected“ und „Elevate My Mind“ zelebriert. Noch entzückender war allerdings der Rückgriff auf das charmant rumpelnde „On 33“, diese uralte Ode ans Vinyl. Auch das ist ein schwarzes Gold, das heute wieder von der Jugend gewürdigt wird.


Leidenschaftliches Finale. Danach enterte die australischen Großformation Cat Empire die Bühne. Mit ihrem eher glanzlosen Gebräu aus Ska, Funk und Calypso sorgten sie ein wenig zu gewollt für gute Stimmung. Songs wie „Still Young“ und „Wild Animals“ wirkten arg blass.

Wesentlich leidenschaftlicher wurde es im Finale mit den heimischen Parov Stelar. Was Elektroniker Marcus Füreder einst solo in Linz begonnen hat, ist zu einer der beliebtesten Partybands des Globus gewachsen. Kein hippes Festival zwischen London und Jakarta will ohne ihren köstlichen Electro-Swing auskommen. Umso intensiver wurde dieses rare Heimspiel gewürdigt. Mit aktuellen Hits wie „Clap Your Hands“ und „The Sun“ brachten sie jene Stimulanz, die das schon ein wenig erschöpfte Publikum brauchte.

Sängerin Cleo Panther tänzelte mit frecher Eckigkeit, Saxofoneur Max überzeugte mit flammendem Atem, der Rest der Combo ließ es rasseln, als gäbe es kein Morgen. Da versuchte sich so mancher im Publikum am wieder populären Zwanzigerjahre-Modetanz Lindy Hop. Schwer zu sagen, ob das schiefe Gewackel vom Rhythmus oder vom Stakkato der Erdbeerspritzer herrührte. Irgendwann kam die Parov-Stelar'sche Strategie an ihre Grenzen. Jeden Höhepunkt mit noch krasseren Mitteln steigern zu wollen verhilft keineswegs zu mehr Reizdichte. In Summe war es dennoch ein imposanter Auftritt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2014)

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