Eurovision Song Contest 2015 findet in Wien statt

EUROVISION SONG CONTEST 2015: WIENER STADTHALLE
EUROVISION SONG CONTEST 2015: WIENER STADTHALLE(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
  • Drucken

Der Eurovision Song Contest 2015 geht im Mai in der Wiener Stadthalle über die Bühne. Der ORF rechnet mit Kosten von 15 Millionen, Wien mit etwa zehn Millionen Euro.

Wien als Austragungsort für den Songcontest – das schien von Anfang an eine logische Annahme, die sich nun bestätigt hat. Aus guten Gründen: Die Bundeshauptstadt kokettiert von jeher mit dem Beinamen „Welthauptstadt der Musik“ und hat mit der EM 2008 und diversen Kongressen (mit bis zu 30.000 Besuchern) schon bewiesen, dass sie Großevents beherbergen kann. Zur Verfügung stehen 60.000 Hotelbetten und ein gutes öffentliches Verkehrssystem.

Doch so klar war die Entscheidung für die ORF-Führung nicht. Seit Anfang Juli wurden Angebote eingeholt, verglichen und die Hallen in den Finalstädten Graz, Innsbruck und Wien besichtigt. Seit Dienstagvormittag tagte die ORF-Geschäftsführung und nahm am Mittwochmorgen die Gespräche wieder da auf, wo sie Dienstag sehr spät geendet hatten. Erst am frühen Abend stand fest: Der Songcontest wird am 19. (1. Semifinale), 21. (2. Semifinale) und 23. Mai (Finale) in der Wiener Stadthalle stattfinden.

ESC kostet Wien "unter zehn Millionen Euro"

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz betonte am Mittwoch in einer Aussendung, wie interessant und „über unseren Erwartungen“ die Angebote aus den drei Landeshauptstädten waren und bedankte sich bei den Verantwortlichen in Graz und Innsbruck. „Nach sorgfältiger Prüfung und genauer Abwägung aller relevanten Parameter ist unsere Wahl auf Wien gefallen.“ Als Haupt- und eben Musikstadt „im Herzen Europas sei Wien besonders geeignet“. Auch Co-Veranstalter EBU (European Broadcasting Union) ist zufrieden mit der Entscheidung. Angeblich favorisierte sie von Anfang an die Hauptstadt, auch wenn das niemand offiziell zugeben wollte.

Den ORF wird der Songcontest mindestens 15 Millionen Euro kosten. Laut SP-Stadtrat Christian Oxonitsch investiert die Stadt Wien zusätzlich „unter zehn Millionen Euro“ in das Event. Darin enthalten sind die Adaptierung der Stadthalle und die Vereinbarungen mit dem ORF, wobei es sich in erster Linie um Sachleistungen wie die Öffi-Freifahrt für die geschätzten 1500 Journalisten und die Künstler-Delegationen handeln soll. Außerdem könne der sogenannte „Green Room“ (der Ort, an dem die Kandidaten während den Sendungen auf die Entscheidung warten) direkt in der Stadthalle angesiedelt werden.

„23 Mio. kostet es sicher nicht“

Die im Vorfeld kolportierten Kosten von bis zu 23 Millionen Euro für Wien, stellt Oxonitsch in Abrede: „Das kostet es für die Stadt Wien sicher nicht.“ Er erklärt sich diesen Betrag durch frühe, zu grobe Berechnungen. Für Wien habe letztlich, glaubt Oxonitsch, auch Lage, Infrastruktur und die Größe der Halle gesprochen.
Und wie viel Geld bekommt der ORF nun von der Stadt Wien? Genaue Zahlen waren am Mittwochabend nicht zu eruieren. Doch bis zuletzt waren die Angebote von Graz und Innsbruck für den ORF – rein finanziell gesehen – attraktiver. Und das obwohl, Wien sein Angebot noch deutlich nachgebessert hat (angeblich um einen sechsstelligen Betrag). Die Entscheidung fiel also nicht nur aus ökonomischen Gründen.

Verständlich also, dass man im Innsbrucker Landhaus am Mittwochabend in einer kurzen Stellungnahme hörbar niedergeschlagen von einer „nicht ganz nachvollziehbaren Entscheidung“ sprach, die wohl „aus strategischen Gründen“ getroffen worden sei.
Dafür war die Freude bei Bürgermeister Michael Häupl – der mit seinem Sager: „Wien, what else?“ von Anfang an klarmachte, dass er den Songcontest im Wahljahr 2015 gern in Wien haben würde – und Stadtrat Oxonitsch umso größer.

Politisches Duell

Auch wenn Wien nun gewonnen hat – für Häupl und die ohnehin verschuldete Stadt ist die Austragung auch ein Risiko. Gerade eben wurde bekannt, dass die heurige Gastgeberstadt Kopenhagen drei Mal tiefer in die Tasche greifen musste als geplant, nämlich 15 statt knapp fünf Millionen Euro zahlen musste. Schuld daran war der Umbau früherer Werfthallen zu einer Show-Arena. Nichtsdestotrotz konzentriert sich Wien auf die Vorteile und rechnet damit, dass durch die Austragung ein Werbewert von rund 100 Millionen Euro und eine Umwegrentabilität von ca. 20 Millionen Euro entsteht.

Die Entscheidung ließ auch deswegen so lange auf sich warten, weil sie innerhalb der ORF-Geschäftsführung zu einer Spaltung führte: Finanzchef Richard Grasl favorisierte angeblich Innsbruck, wohl nicht nur, weil die Stadt das finanziell beste Angebot legte, sondern auch um VP-Landeschef Günther Platter zu gefallen. ORF-General Wrabetz wollte aber Stadt Wien offenbar nicht ein zweites Mal – nachdem der ORF nicht nach St. Marx zieht – enttäuschen. Der Druck von Häupl war zu groß.

Innsbruck zu klein, Graz zu wenig Geld

Die beiden bis zuletzt verbliebenen Wiener Konkurrenten Innsbruck und Graz haben nun das Nachsehen. Als „Rundum-sorglos-Paket“ hatte Michael Bielowski, Geschäftsführer der Olympiaworld, etwa das Innsbrucker Konzept bezeichnet.

Diese Entscheidung dürfte "aus strategischen Gründen" gefallen sein, meinten die Stadt Innsbruck und das Land in einer gemeinsamen Aussendung. "Ich bin darüber verwundert, die Entscheidung ist zu akzeptieren. Der Eurovision Song Contest im kommenden Jahr ist für Österreich eine tolle Bühne", erklärte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Auch das Fassungsvermögen der Olympiahalle mit nur 11.600 Sitzplätzen dürfte eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben.

Bis zuletzt galt Graz hinter Innsbruck als zweiter Favorit – dass es nun doch nicht gereicht hat, dürfte die Stadt enttäuschen: Mehr als zehn Jahre nach dem Kulturhauptstadtjahr 2003 hatte man sich vom enormen Werbewert im nächsten Jahr viel erhofft. Fünf bis zehn Millionen Euro soll Graz dem ORF geboten haben – offenbar konnte man mit den anderen Bewerbern nicht mithalten. Dabei hätte man mit der Stadthalle (Baujahr 2002) eine moderne Halle in bester Lage zur Verfügung gehabt, bei der anders als in Wien keine Umbauten angefallen wären. Sie hätte an Songcontest-Abenden allerdings nur 10.700 Gäste gefasst.

Song Contest müsste nicht in Österreich stattfinden

Offiziell gibt es gar keine Regel, dass der Wettbewerb überhaupt in jenem Land stattfinden muss, das im Vorjahr den ESC gewonnen hat. Erst nach den ersten drei Wettbewerben in der Schweiz, in Deutschland und den Niederlanden (1956/1957/1958) wurde die Regel eingeführt, dass jeweils das Siegerland den nächsten ESC ausrichten darf - aber nicht muss. So wurde in der Vergangenheit auch schon auf diese Ehre verzichtet - meist wegen der hohen Kosten. Die Niederlande (1960), Frankreich (1963), Monaco (1972) und Luxemburg (1974) ließen Großbritannien ran; Israel überließ 1980 den Niederlanden den Grand Prix.

Die Wiener Stadthalle

Die Wiener Stadthalle zählt zu Europas ältesten Mehrzweckhallen für Großveranstaltungen. Eröffnet wurde der von Roland Rainer konzipierte Bau am 21. Juni 1958 im Beisein von Bundespräsident Adolf Schärf. Seither haben gut 65 Mio. Menschen mehr als 10.000 Events besucht. Der thematische Bogen reicht von Konzerten internationaler Stars über Musicals bis hin zu Sportgroßveranstaltungen.

Mit knapp 29.000 Quadratmetern Nutzfläche gehört die Wiener Stadthalle zu den größten heimischen Veranstaltungszentren. Allein das Herzstück - die Halle D - fasst bis zu 16.000 Zuschauer. Mit rund 300 Belegtagen pro Jahr schafft man laut eigenen Angaben eine Wertschöpfung von 70 Mio. Euro, wovon vor allem Gastronomie und Hotellerie profitieren.

Zu den aufwendigsten Produktionen in jüngster Zeit zählen sicher der Auftritt von Lady Gaga im August 2012 (38 Trucks für das Bühnenequipment) oder die "Wetten dass..?"-Ausgabe im März 2013 (drei Wochen Aufbauzeit, 21 Tonnen Lichttechnik mit 660 Scheinwerfern). Ein bisschen Song Contest durchwehte die Stadthalle in der Vergangenheit freilich in unregelmäßigen Abständen. So gaben immer wieder ehemalige Gewinner des europäischen Wettsingens Konzerte in der Stadthalle - darunter ABBA, Celine Dion oder Udo Jürgens. Letzterer wird im kommenden Jahr übrigens sein inzwischen 34. Konzert im Rainer-Bau absolvieren.

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.