Der Schlusstag des Festivals brachte mit den Editors und den Kooks zwei britische Bands, die gegensätzlicher nicht sein konnten. Beide sind auf ihre Art groß.
Die Perspektive, dass man einmal gewesen sein wird, ist dem gelernten Wiener eine ganz liebe. Die britische Post-Punk-Band Editors mag es ebenfalls, die Dinge vom Ende aus zu betrachten. Eines ihrer Alben trägt den schönen Titel „An End Has a Start“. „You'll lose everything by the end“, sang der hagere Tom Smith an diesem Samstagabend mit viel Schärfe in der Kehle.
Kein Zweifel, die Heimat dieses Menschen ist das Moll. Atmosphärisch ideal zogen schwere Regenwolken über das Gelände. Zum Wasserabladen dürfte es ihnen zu trist heraufgetönt haben. Hörte man den Editors aufmerksam zu, dann hatte es den Anschein, als interpretierten sie das Leben als langsame Krankheit zum Tode hin. „More and more people I know are getting ill“, intonierte Smith kurzatmig. Ein wenig später, in „Smokers outside the Hospital Doors“, wurde alle Empathie genutzt, um sich in das Todkranke hineinzufantasieren. „Say goodbye to everyone you have ever known, you are not gonna see them ever again“, wehklagte Smith mit spasmischen Verrenkungen.
"War das das kälteste Frequency der Festivalgeschichte?" fragte man sich spätestens am Samstag. Bei Temperaturen weit unter 20 Grad und beißend kaltem Wind wurde das Zuschauen zur Herausforderung. Glücklicherweise konnte man sich bei Helge Schneider aufwärmen. Dazu später mehr, erst die Jubelzahlen:Text: Maciej Palucki und Heide Rampetzreiter. Fotos: Maciej Palucki (1 bis 17; 36 bis 41; 43 bis 58) - Pinie Wang (18 bis 28; 30 bis 35) APA (29; 42; 59 bis 64). (c) Presse Digital Das Festival war (trotz oder wegen des im Wortsinne populären, künstlerisch ausbaufähigen Line-Ups) ausverkauft. 200.000 Besucher zählte die 14. Ausgabe des Festivals insgesamt. (c) Presse Digital Vom britischen Indie-Rock-Trio The Subways kennt der geneigte Radiohörer vor allem die Singles "Oh Yeah" und "Rock 'n' Roll Queen". Drummer Josh Morgan, Bassistin Charlotte Cooper (im Bild) und Sänger und Gitarrist Billy Lunn gaben sich spielfreudig - und letzterer legte auch einen waghalsigen Stunt ein: Er ließ sich von den Fans auf Händen bis zum FOH-Turm tragen, von dem er sich - aus gut drei Metern Höhe - ins Publikum fallen ließ, das ihn wieder sicher zurück zur Bühne brachte. Musikalisch spannender waren die Finnen Satellite Stories auf der Weekender Stage. Die Bühne wurde am Abend zur sogenannten "LOL Stage". (c) Presse Digital Der frühe Vogel fängt bekanntlich den Wurm, in diesem Fall einen (Sitz-)Platz bei Helge Schneider. Dementsprechend zeitig war die Halle gefüllt. (c) Presse Digital Der deutsche Unterhaltungskünstler, der mit seiner Band angereist war, gab einen Querschnitt seines Schaffens, von "Es gibt Reis" bis "Katzeklo". Letzteres spielte er schon früh, da ja auch "Kinder" im Publikum seien."Schön, dass es euch gefällt. Aber wichtiger ist, dass es der Presse gefällt", sprach Schneider. (c) Presse Digital Gewohnt skurril-humorvoll, ob beim Teetrinken oder beim Umgang mit "Tonproblemen", hatte Schneider das bier- und weinselige Publikum gut im Griff. Weitgehend. Erst warfen die Fans Plüschtiere, BHs und jede Menge Reis, bei der Zugabe stürmten sie gar die Bühne. Die Show wurde vorzeitig abgebrochen. Schneiders Message: "Erwachsene sind doof". (c) Presse Digital Mit 33 Jahren ist Tom Smith, Sänger der Editors, auch nicht mehr ganz so jung. Dunkle Wolken zogen auf, als die britische Band die Hauptbühne betrat. (c) Presse Digital Atmosphärisch konnte das Wetter kaum besser passen. Bereits mit ihrem zweiten Song "Munich", aus dem Debütalbum "The Back Room" (2005) zeigten die Briten ihre Stärken auf: (c) Presse Digital Melancholischer New-Wave-Sound gepaart mit treibenden Indie-Rock-Klängen. Let's dance to Joy Division, wenn man so will. (c) Presse Digital Mit den Kooks klatschte eine weitere Brit-Band der Nullerjahre ab. Sänger Luke Pritchard, der ... (c) Presse Digital ... in seiner Kindheit wohl auch Mick Jaggers Tanzschritte studierte, und seine schlaksigen Mannen zogen mit ihrer Energie und zappeligen Indie-Hadern à la "You don't love me" das jugendliche Publikum in den Bann. (c) Presse Digital Ältere Semester machten es sich vor der "Green Stage" gemütlich. Dort sorgte die schottische Formation Travis für einen der sentimentalen Momente des diesjährigen Frequency-Festivals. Bei "Flowers In The Window" versammelten sich die Musiker um Sänger Fran Healy. (c) Presse Digital Ja richtig gesehen: Fran Healy trägt nun einen imposanten, grauen Rauschebart. Unverändert gut klingt seine Stimme. Auch Songs wie "Why Does It Always Rain on Me", "Turn" und "Sing", von der Band inbrünstig intoniert, sind gleich schön wie anno dazumal. (c) Presse Digital Während es auf der Nebenbühne mit der heimischen Pop-Größe Parov Stelar Band weiterging, hatte auf der Hauptbühne eine Band ein Versäumnis der Vergangenheit gutzumachen: Die Briten Placebo hatten ihren Frequency-Gig vor zwei Jahren nach nur einem Song abgebrochen, weil Sänger Brian Molko erkrankt war. (c) Presse Digital Heuer mühten sich Molko (auf der Bühne Tee trinkend), Drummer Steve Forres und Gitarrist/Bassist Stefan Olsdal (mit Conchita-Wurst-Bart) redlich, das klamme Publikum für sich zu erwärmen. (c) Presse Digital Eine Band, wie aus der Zeit gefallen, während ringsum bereits die Zelte abgebrochen wurden und die Festivalgäste im Party-Bereich weit weg von der Bühne zu dumpfen Electro-Beats tanzten. (c) Presse Digital Vielleicht war es das "elektronischste" Frequency bisher. Denn den meisten Zuspruch eines Headliners hatte wohl Skrillex am Freitag. Auch Hip-Hop-Acts, die tendenziell die Nachmittags-Slots bekamen, zogen die Massen an. Vielleicht ja ein Anstoß für das nächste Jahr.Das Frequency 2014 ist Geschichte. Die Vorbereitungen für die 15. Ausgabe laufen bereits: Am Festival selbst konnten Besucher unter dem Motto "Die Madness geht weiter". Ermäßigungscodes für "Early Bird"-Tickets ergattern.Es folgen Bilder der ersten drei Tage am Frequency 2014: (c) Presse Digital "Good morning Frequency!" Oder eher "Good afternoon". Das Programm am Freitag begann um 14 Uhr, davor gab es auf dem noch fast leeren Gelände diverse Soundchecks. (c) Die Presse (Pinie Wang) Die kulinarische Bühnen öffneten ihre Pforten bereits zur Mittagszeit. Eine würzig-frische Alternative zu den üblichen verdächtigen Fast-Food-Ständen: Das türkische Couscous mit Melanzani von Spitzenkoch Christian Petz. (c) Die Presse (Pinie Wang) Keine Sorge, Nicht-Veganer: Es gibt auch g'schmackiges Spanferkel, entweder mit Knödel und Sauerkraut am (Plastik-)Teller oder handlich als "Sausemmel" zum Mitnehmen. (c) Die Presse Digital (Pinie Wang) Diese Herren und Damen vom Roten Kreuz dürften sich über den Mangel an sommerlichem Wetter beim Festival freuen: So gibt es keine Sonnenstiche und -brände. Nach zwei ruhigen Nächten gab es in der Nacht auf Samstag aber 400 Menschen versorgen, wegen kleiner Schnittwunden, Prellungen, Verstauchungen und Frakturen sowie Insektenstichen. Und natürlich auch wegen übermäßigem Alkoholgenuss. (c) Die Presse (Pinie Wang) Gibt es sie denn nun noch oder sind sie bereits ein Auslaufmodell? Gemeint sind die Hipster. Wenn ja, dann lieferte der Freitag am Frequency so etwas wie den Soundtrack zum "Lebensstil". Um kurz nach 14 Uhr eröffnete die hübsche Pop-Band (sowohl akustisch als auch optisch) Claire aus München. (c) Die Presse (Pinie Wang) Nicht weniger gut aussehend: HVOB (Her Voice Over Boys). Der heimische Elektronik-Export HVOB, der heuer rund um den Globus und sogar am renommierten SXSW Festival in Texas spielte, überzeugte anschließend mit einem reduziert-treibenden Live-Techno-Set. Wünschenswert wäre ein bisschen mehr Bühnen-Show. (c) Die Presse (Pinie Wang) Der nächste Act, der detusche Rapper Marteria, zog, wenig überraschend, Massen vor die Hauptbühne - ein ähnliches Bild sah man 2012 bei einem frühen Slot seines Rap-Freundes Casper. Heutzutage sprechen die Kids von einem "Abriss". Und wie. Die Fans zündeten bei "Lila Wolken" Rauch in selbiger Farbe, sangen bei "Kids" lautstark mit. (c) Die Presse (Pinie Wang) "Unfassbar", wiederholte der 31-jährige Rapper mit Fußballvergangenheit zwischen seinen Liedern. Wie man es von seinen Konzerten gewohnt ist, schlüpfte er für die zweite Hälfte des Konzerts in das grüne Kostüm seines Alter Egos Marsimoto. Dieser Auftritt hatte definitiv Headliner-Potenzial. Vielleicht ja dann nächstes Jahr bei der 15. Ausgabe des Frequency-Festivals. (c) Die Presse (Pinie Wang) Kaum verzogen sich die Rauchwolken, standen die Crystal Fighters in voller Pracht - und eklektischer Ethno-Montur - auf der Bühne. Die britische Formation ließ kein Accessoire zuhause: (c) Die Presse (Pinie Wang) Indianischer Kopfschmuck (Empire of the Sun lassen grüßen), Pfauenaugen, Nietenwesten. Rauschbärte? Was für eine Frage! Liebe lag in der Sankt Pöltener Luft: "Love Is All I Got", so die Message der Crystal Fighters. (c) Die Presse (Pinie Wang) Und, jö schau, Nackerte kamen auch auf die Bühne: Zum Finale schwangen unzählige Nudisten ihre Körper zu den mitreißenden Rhythmen der Briten. Der zweite Höhepunkt des Tages. (c) Die Presse (Pinie Wang) Danach weinte der Himmel und Bela B. präsentierte sein Country-Soloalbum "Bye". Musikalisch wäre er wohl besser auf der Green Stage aufgehoben. Mit den Punk-Altstars Nofx, Millencolin und Ska-P. (c) APA/EPA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Auf der Hauptbühne wurde indes die Diskokugel montiert. Erstmal für den adretten Belgier Stromae. Ja, "Alors on dance" spielte er selbstverständlich. Aber noch viel mehr und das in Knickerbockern, Hemd und Fliege. Formidabel! (c) Die Presse (Pinie Wang) Die audio-visuelle Performance des grazilen Rappers, der samt Live-Band nach St. Pölten kam, war vielleicht die positive Überraschung des Freitags. Junge Festivalbesucher bekamen als Draufgabe noch eine kurze Geschichtsstunde: In seinen Überhit "Alors on danse" verpackte er "Push the Feeling On" von den Nightcrawlers, "Show me Love" von Robin S und "Insomnia" von Faithless. An Schlafen dachte zu so früher Stunde ohnehin niemand. (c) Die Presse (Pinie Wang) Außer vielleicht Lily Allen. Die junge Mutter spulte im Spice-Girls-Outfit zwischen einem guten Dutzend lebensgroßer rosa Babyfläschchen eine solide Pop-Show ab. (c) Die Presse (Pinie Wang) Popsongs mit cleveren, durchaus kritischen Texten und Dauerpräsenz in der Yellow Press machten die Britin berühmt. Im Gedächtnis der Zuschauerschaft dürfte vor allem das unorthodoxe Bühnenbild bleiben. Während Allens Show gab auf der "Lol"-Bühne Roland Düringer Lebensweisheiten über die Gefahr des Zu-viel-Denkens und die Freuden der Meditation von sich. Das Publikum reagierte verhalten. (c) Die Presse (Pinie Wang) Ein Mann hinter einem Pult: Der Headliner auf der großen Bühne mag optisch weniger hergeben als seine Vorgänger, musikalisch traf Skrillex mit seinem vertrackten, teils dekonstruierten und dann wieder tanzbaren Dubstep den Geschmack.Ist das nicht ein Künstler, der für den Night Park prädestiniert ist? (c) Die Presse (Pinie Wang) Ja und Nein. Die "Space Stage" bietet eben eine größere Bühne für den mehrfachen Grammy-Gewinner und die Veranstalter können ein frühzeitiges Abwandern zu den nächtlichen Acts (wie am Vortag) verhindern.Wer genau hinhört, welcher Musik der kleine Sonny Moore alias Skrillex im Kinderzimmer lauschte: Aphex Twin, Prodigy, Nine Inch Nails, Korn. Heutzutage verdient Skrillex weit mehr als seine Idole. 16 Millionen Dollar soll der 26-Jährige laut Forbes im Vorjahr verdient haben. Verstecken muss er sich wahrlich nicht. Weiter: Die ersten beiden Tage beim Frequency Festival 2014 (c) Die Presse (Pinie Wang) Es gibt einige Neuerungen am Frequency Festival in St. Pölten, das nach einem "Warm up"-Tag am Mittwoch am Donnerstag so richtig los ging. Überall auf dem Festivalgelände gibt es (erstmals!) Müllbehälter. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Außerdem wurde in einer neuen Zone names "Outerspace" eine Art potemkinsches Mini-Dorf eingerichtet. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Die Kulissen des Pubs und des ... (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) ... französischen Bistros sind zwar flach, schauen aber trotzdem hübsch aus. Sie geben dem Festival einen Hauch Urbanität. Das Frequency ist mit Standort St. Pölten ja ohnehin mehr Stadt als Feld-und-Wiesen-Festival wie das Schwesternevent Nova Rock. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Das Dosenimperium in österreichischer Hand hat sich einen Turm errichtet, von dem aus man einen hübschen Blick auf die Bühne hat. Vorausgesetzt, man gehört zu den Gewinnern, der Eintritt wird nämlich verlost. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Auch die (hier größere) Bühne, genannt "Space Stage", trägt links und rechts neue futuristische Kleider. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Nach dem Auftritt des deutschen Rappers Prinz Pi auf der kleineren Bühne fing das große Teenagerwandern Richtung großer Bühne und Jimmy Eat World an. Schade, auf der kleinen Bühne steigerte der junge Brite Tom Odell sein anfänglich etwas eintöniges Set bis zu seinem "Hit": Dem bitterbösen und tausendschönen Liebeslied (oder eher Nicht-Liebeslied) "Another Love". Eine kleine Jam-Session gab es obendrauf. (c) APA/EPA/TIAGO CANHOTO (TIAGO CANHOTO) Weltweit bekannt sind Jimmy Eat World für den Titelsong der Sitcom "Malcolm Mittendrin". Am Frequency spielen sie am späten Donnerstagnachmittag vor Massen. Dank Mitgröhl-Tauglichkeit hörte man Song wie "The Middle" oder "Sweetness" bis zur Nebenbühne. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Freundlicher Service bei der T-Shirt-Ausgabestelle. Billig kommt das Festivalgewand mit "Frequency"-Aufschrift nicht. Ein Kaputzenpullover des Veranstalters kommt auf 50 Euro. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Plüschkostüme halten auch warm, was bei Temperaturen zwischen 10 und 20 Grad durchaus vonnöten ist. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Oder man betätigt sich sportlich, etwa in einer der Hallen. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) In der Halle nebenan, auf der "Weekender Stage" spielte Brody Dalle mit ihrer Band. Die Gattin von Queens of the Stone Age-Frontmann Josh Homme legte sich ins Zeug. Leider mangelt es - zwei Jahrzehnte nach Nirvana und Hole - ein wenig an Originalität. Am späteren Abend wird die "Weekender Stage" zur "Lol Stage", auf der Kabarettisten auftreten. Bei Maschek gönnten sich am Donnerstagabend einige Besucher eine kleine Pause von Musikprogramm. Erholsam. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Der Höhepunkt am ersten regulären Festivaltag kam früh: Die populären US-Indie-Rocker Imagine Dragons lieferten zwischen den Punkpop-Publikumsmagneten Jimmy Eat World und Blink 182 eine famose Show ab. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Wien sei einer seiner zwei Lieblingsorte auf der ganzen Welt, erzählte Sänger und Percussionist Dan Reynolds. "Ehrlich", versicherte er. Der Festivalgig schien Imagine Dragons sichtlich Spaß zu machen, was - auch dank auf Ö3 in Dauerschleife gespielter Hits - das Publikum goutierte. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Auch hübsch: Die Neuen Lichtelemente, die es dem Publikum leichter machen sollen, zwischen den Bühnen zu wechseln, ohne über jemanden oder etwas zu stolpern. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Kennen Sie diese Herren? Das sind natürlich Blink 182, die ihr Konzert von einem nervien Kinderlied einleiten ließen. Vor durchgedrängtem, sehr jugendlichen Publikum lieferten sie Spaß-Punk wie den Hit "What's My Age Again." (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) "Das ist unser bester Song. Außer dem haben wir nichts", sagte Sänger Mark Hoppus. Man kann dieser Aussage widersprechen. Muss aber nicht. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Episch-orchestral auf der kleineren "Green Stage" währenddessen der Auftritt des Franzosen Woodkid. Der Maestro selbst und seine musikalischen Begleiter erschienen in schwarz, es ertönte: "The Golden Age is over". (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Yoann Lemoine, so heißt Woodkid mit bürgerlichen Namen, wollte das Publikum dirigieren. In der Staatsoper wäre dies wohl ein leichtes, bei einem Popfestival gelten aber andere Parameter. Die Hit-Dichte beispielsweise. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Bei Rapper Snoop Doog alias Snoop Lion, der anschließend im knalligen Trainingsanzug die Bühne betrat, konnte diese kaum höher sein. Im Line-Up war der US-Musiker als Snoop Lion angekündigt, sein Alter Ego im Reggae-Gewand. Tatsächlich rappte er sich durch seine Diskographie - von "Who Am I (What's my Name)" bis "Drop it like it's hot" und jene von Sprechgesangskollegen ("Jump Around", "Hypnotize Me"). (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Die Massen feierten selbst - eher holprige - Ausflüge in andere Genres ("I love Rock'n'Roll"). Mit Bob Marleys "Jammin" verabschiedete sich der Rapper aus St. Pölten. Ein in Wien angesetztes DJ-Set, dass in selbiger Nacht stattfinden hätte sollen, sagte Snoop Dog hingegen ab. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Den eigentlichen Headlinern Queens of The Stone Age und Jan Delay (auf der kleineren Bühne) blieben die Massen indes fern. Vor lockeren Rängen gaben Josh Homme und seine Mannen Material aus dem großartigen aktuellen Album "Like Clockwork" sowie ältere Nummern wie der Drogen-Hymne "Feel Good Hit Of The Summer" zum besten. Man nennt die Musikrichtung ja nicht umsonst Stoner-Rock. (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) Das fehlende Massenpublikum, dass schon in die Zelte oder zum DJ-Programm in den "Night Park" gewandert war, nahm Homme gelassen. "We came here to make you feel good", sagte er. Sonst blieb er schweigsam. "Sorry I'm not talking, but I'm enjoying the shit out of myself", so der Frontmann. Macht nichts. Die Musik sprach ohnehin für sich. Weiter: Der "Warm up"-Tag am Mittwoch (c) Die Presse (Maciej Tadeusz Palucki) War der Mittwoch nun der erste Festivaltag am Frequency Festival 2014 oder ist das der Donnerstag? Man darf nicht so streng sein mit den Termini und Terminen bei dieser kollektiven Auszeit. Am "Warm up"-Tag des Festivals in St. Pölten am Mittwoch, also dem Tag Null, reisten jedenfalls schon viele Besucher an, um beim von FM4 gebrandeten Festival die Ö3-tauglichen Klänge der US-Rapper Macklemore & Ryan Lewis zu hören. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Unterhaltung gibt es für die Festivalgäste genug - die den Bands beginnen um die Mittagszeit, im "Nightpark" mit zwei Floors beginnen um 4 Uhr in der Früh die letzten DJs ihre Schicht. Auch für Schenkelklopfer gibt es heuer eine Bühne: Auf der "Lol-Stage" performen etwa Maschek und Helge Schneider. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Der Mittwoch lief jedenfalls noch gemächlich an. Lediglich fünf Acts waren für die große "Space Stage" geplant, einer fiel dann aus. Die Britin Chloe Howl sagte kurzfristig ab und wurde von der Salzburger Indie-Formation Olympique ersetzt. (c) APA/EPA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Nach Olympique und dem Singer-Songwriter Conor Oberst, der am Donnerstag ein Konzert in der Wiener Arena gibt, kam die schottischen Rockband Buffy Clyro auf die Bühne. (c) APA/EPA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Die Pop-Rock-Formation Bastille ließ sich vom Regen nicht stören, im Gegnteil: "Let's get wet together", sagte Leadsänger Dan Smith. Und er meinte es so: Unermüdlich tanzte er auf dem Bühnenvorsatz im Regen. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Als frühe Headliner (20:45 Uhr Konzertbeginn) spielten Macklemore & Ryan Lewis. Das Rap-Duo hat mit seinem eigenständig veröffentlichten Album "The Heist" heuer vier Grammys abgestaubt. "Wir sind das erste Mal in Österreich und mir ist bereits aufgefallen, dass ihr ein sehr gut aussehendes, überaus attraktives Volk seid", schmeichelte Macklemore dem Publikum. Oder will er mit verbalen Liebkosungen die Plattenumsätze weiter ankurbeln?Am Donnerstag werden die Queens of the Stone Age, Snoop Lion und Imagine Dragons erwartet. Einer der Headliner für den Freitag hat kurzfristig abgesagt: Die Babyshambles rund um Pete Doherty werden doch nicht kommen. (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET) Tee trinken mit Helge Schneider und Placebo Für diese Band aus der tristen Midlands-Metropole Birmingham hat alles Gewicht. Die Welt und erst recht die Liebe. Alles zieht hinunter. Beim gitarrenfeedbacklastigen „A Ton of Love“ wurden aber auch klandestine Zusammenhänge aufgedeckt. „I lit a match in Vienna tonight, it caused a fire in New York“, hieß es da. Russell Leetch, angetan mit einem marineblauen Beamtenkurzmäntelchen, fiel da mit markantem Bass auf. Seine galligen Melodielinien gemahnten an Peter Hooks bedrohliches Spiel, wie er es in seiner Zeit bei Joy Division und New Order pflegte.
Abstieg vom Gipfel der Verzweiflung Ihren umjubelten Auftritt bei Frequency starteten die Briten mit „Sugar“ vom aktuellen Opus „The Weight of Love“, auf dem sie weniger niederschmetternd klingen als gewöhnlich. Dennoch galt auch hier die Unmöglichkeit einer Erlösung durch Cupidos Pfeil: „It breaks my heart to love you.“ Also wieder nichts mit dem Glück. Den großen Reiz der Kunst der Editors macht aus, dass sie widerstrebende Gefühle nie zu harmonisieren versuchen. Mit viel Verve steigerten sie sich in eine Trance der Randständigkeit, versuchten, Angst in Ekstase zu verwandeln.
Das glückt auch auf dem neuen Album ziemlich gut. In Nashville mit Jacquire King (Stammproduzent der Kings of Leon) aufgenommen, tönen sie durchwegs amerikanisch. Umfassende Trostlosigkeit ist kein Gut, mit dem der Amerikaner handeln mag. Also gaben es die Editors punkto Tristesse diesmal ein wenig kleiner. Der Song „Formaldehyde“ klang live fast nach frühem Springsteen. Smiths attraktiver Bariton kann eben auch kunstvoll kratzig klingen. Zu den Highlights zählten auch das rasante „Racing Rats“ und das elegische „Nothing“. Schön langsam kommen die Editors von den Gipfeln ihrer Verzweiflung wieder runter. Hoffentlich gehen sich noch ein paar gute Songs aus, bevor sie dann im Meer des Stadionmainstreams untergehen.
Gemütsaufhellung aus Brighton Während sich das Unfrisierbare bei den Editors in den Köpfen befindet, sitzt es bei den Kooks einfach obenauf. Ein stoppellockiger Schlagzeuger und Sänger Luke Pritchard, der wuschelig ist wie einst nur Marc Bolan. Anders als ihre depressiven Kollegen entstammen sie der sonnigen, am Meer situierten Stadt Brighton. Dementsprechend gemütsaufhellender ist ihre Musik. Wie die Editors haben auch sie gerade einmal vier Alben gemacht. Das brandneue Opus „Listen“ wird Ende August veröffentlicht.
Idealerweise hatten sie schon einige neue Songs im Repertoire. Etwa das lieb abgehackt gesungene „Down“, dessen feine Melodielinie allen Vergleichen mit dem von den Kooks bewunderten David-Bowie-Songbook standhält. Oder auch „Westside“, eine sehr drängend gesungene Ode an urbanes Leben. In „It Was London“ schwärmten sie gar von der Revolution in der Hauptstadt, die sich einst von Covent Garden nach Brixton wälzte. Aber in der Hauptsache fokussierten sie das schöne Leben. In „Oh La“ gehörte ihr Begeisterungsvermögen ganz den getupften Petticoats der Mädchen, denen sie beistehen wollen. „I know you girl in all situations“, versprach Pritchard treuherzig.
Und ja: Man kann dem Leben auch freundlich gesinnt sein, ohne Blödheit zu verbreiten. Entzückende Performance!
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2014)
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