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Waves: Wenn Festivals ergrünen

Thomas Heher
Thomas Heher (C) Christine Pichler
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Das Waves-Festival in Wien verpasst sich wie andere Musik-Großevents ein grünes Antlitz. Über kleinere und größere Nachhaltigkeitsbrocken.

Greening, dieses Konzept streift sich heuer auch das Waves-Festival über. Denn Thomas Heher, Direktor dieses Showcasefestivals, kennt das Problem, wenn auch in abgeschwächter Form als viel größere Events: Wo Menschen in Massen zusammenkommen, um Musik zu hören, dort bleiben Müll sowie kleinere und größere Fußabdrücke zurück –auch jene, die man mit CO2 bemisst. „Die wichtigste Aufgabe eines Veranstalters ist es, bei den Besuchern das Thema Umweltschutz zu stärken – auch wenn sie drei Tage Party machen. Die Leute lassen etwa Zelte und Gummistiefel auf dem Festival, weil sie den Campingplatz nicht als Natur wahrnehmen.“ Das Waves findet heuer – ganz ohne Camping – von 2. bis 5. 10. statt. Mit vielen neuen Bühnen entlang des Donaukanals und im ersten Bezirk. Parallel dazu läuft eine Musikkonferenz mit Lectures, Panels und Workshops. Alles ist nah beieinander. Wer nicht geht oder radelt, soll die Öffis nehmen, dazu wird der geneigte Besucher angehalten, das spart Kohlendioxid.

"Jugendliche sind grauslich"

„Dass die Jungen die Schweinderln sind, ist ein Klischee“, will Georg Tappeiner von der Pulswerk GmbH, einem Beratungsunternehmen des österreichischen Ökologie-Instituts, gleich einmal richtigstellen. Er unterstützt Festivalveranstalter und ist für die inhaltliche Konzeption von Green Events Austria, einer Initiative des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich, verantwortlich. „Green Events klingt aber missverständlich“, erklärt Tappeiner sein Arbeitsfeld, „der Begriff weist nur auf die Umweltaspekte hin, das Thema umfasst aber die gesamte Palette der Nachhaltigkeit, auch Ökonomie und Soziales. In Österreich sind wir, als die Diskussion vor zehn Jahren begonnen hat, trotzdem bei der Begrifflichkeit geblieben, weil sie international etabliert und irgendwie weniger sperrig war.“

Aber zurück zu den Schweinderln: Egal, ob Schrammelklang, Adventzauber oder Frequency, neben Mobilität und Einkauf ist Abfall eine der drei Kernherausforderungen bei großen Veranstaltungen. Jeder, der schon auf dem Campingplatz eines Festivals war, nachdem die Besucher in ihren manierlichen Alltag heimgekehrt sind, weiß das. Was bleibt, sind tonnenschwerer Mist und ein paar Doseninstallationen. Schnell fühlt man sich dann zu einer Meinung inspiriert: „Die Jugendlichen sind grauslich!“

Georg Tappeiner weiß aber, dass es nicht die Jungen sind, die in der Großgruppe jedes Gefühl für Natur vergessen – es sind alle. Eine Anekdote dazu: „Der Europäische Radiologenkongress hat bis zu 25.000 Teilnehmer – alle erwachsen, die meisten Akademiker. Vor vier Jahren war ich zum ersten Mal dort und musste durch eine Müllhalde waten, weil der Boden mit Lunchboxen und Essen übersät war.“

Oft sind es ebendiese kleinen Handlungen – etwas wegwerfen, weil es alle tun –, über die man nicht nachdenkt. Martin Aschauer von der Umweltschutzorganisation Global 2000 verweist diesbezüglich auf den eprouvettenförmigen Rohling einer Plastikflasche, die PET-Preform, so etwas lässt sich auf einem Festival wunderbar als Taschenaschenbecher nutzen. Eine kleine Idee mit Wirkung. Natur und „jeder, der schon einmal auf der Wiese Tschickstummel aufgeklaubt hat, weiß es zu schätzen“.

Bevor Festivals Fußabdrücke hinterlassen, kommt das Einkaufen. Öko-Eventmanager Tappeiner hat die Erfahrung gemacht, dass es zum Beispiel oft keinen Sinn hat, ein Catering 100 Prozent auf bio umzustellen, wenn die Finanzierung fehlt. Eher ginge es darum, mit „sinnvollen Maßnahmen die negativen Auswirkungen zu minimieren“. Wenn man mit Mehrweg statt Einwegs arbeitet, kann man bis zu 80 Prozent Restmüll sparen. Wer Gemüse und Fleisch aus der Region bezieht statt aus den Niederlanden, hält die Wertschöpfung im Land. Bei großen Festivals sei das aber nicht immer einfach. In Europa gebe es, so Tappeiner, nur wenige Caterer, die ein Nova Rock logistisch stemmten. „Außerdem ist es nicht das Kerngeschäft eines Festivalveranstalters, sich mit den Erdäpfelbauern Verträge auszuhandeln.“

Grüne Küche, saubere Luft

Der größte Teil von CO2-Emissionen auf Events fällt auf die Mobilität der Besucher (Füße statt des Autos), danach kommt aber ziemlich schnell das Catering. Vor allem deshalb, „weil der CO2-Abdruck von Fleisch so immens ist“, so Tappeiner. Eine Maßnahme ist es, die vegetarische Seite zu stärken. Thomas Hahrer vom Waves setzt diesen Gedanken ganz strikt um: Dieses Festival ist heuer erstmals vegetarisch, dafür gibt es Gratis-Fair-Trade-Kaffee. Ein guter Deal. Andere kleine Handgriffe helfen auch: Die Banner werden in Wien und ohne Jahreszahlen produziert, damit sie wiederverwendet werden können. Flyer und Prospekte könnte man wie jene des Tomorrow-Festivals essen – sie sind mit Pflanzenfarbe bedruckt. Größere Lieferungen kommen zum Waves-Festival mit dem Lastenfahrrad oder per Car-Sharing. „Greening wird vom Publikum in den vergangenen Jahren mehr wahrgenommen“, befindet das Ökologie-Institut. Bei den Gästen wie auch bei den Sponsoren sei es zum Imagefaktor ge­­worden. 

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