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Pharrell Williams: Pop-Star des fidelen Falsetts

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AUSTRIA MUSIC pharrell(c) APA/EPA/HERBERT PFARRHOFER
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Der Amerikaner Pharrell Williams begeisterte bei seinem ersten Konzert in Wien trotz grauenhafter Akustik in der Marxhalle: eine titanenhafte Leistung.

Er ist der Großmeister öffentlicher Zärtlichkeit. Umgeben von einem Dutzend artistisch tanzender Girls und souverän hauchender Sängerinnen bewegte sich Pharrell Williams in der unglaublich öden Marx-Halle katzengleich zu den vertrackten Rhythmen des Openers „Come Get It Bae“. In diesem Traum von einer Rumpel-Soul-Nummer deklarierte er sich sogleich mit heller Stimme: „Woman, I can do anything you like, I can do anything you need and I got a better body than the magazines you read.“
Fürwahr, der Mann ist schlank, kann springen wie ein Flummi und so sinnlich in die Kameras schauen, dass selbst Damen mit Hornhaut auf der Seele ganz blümerant wird. Seine sanften Melodien, stets konterkariert durch präzise Beats, sind da, um kirre zu machen. Trotz breitflächigem Einweimperlns bei den Damen blieb ihm reichlich Luft für gar nicht so klandestine Macholyrik. „Do you want to get dirty, girl? Come on, light that ass on fire“, hauchte er mit Unschuldsmiene im edel gebauten „Gush“.

Begann mit Songschreiben für Stars

Wie schade, dass er sich als Performer so rar macht. Basis seiner Weltkarriere war zunächst sein Songwriting für Topstars von Justin Timberlake bis Madonna. Erst als es mit der Flut der Hits unabdingbar wurde, in die erste Reihe vorzutreten, gab er den Frontman. Seine größte Waffe ist sein biegsames Falsett. Zweites Atout ist, dass er mit seiner Show nicht auf zwanghafte Choreographie setzt. Da war stets Raum für unaufgeregte Plaudereien und kleine philosophische Sentenzen. Williams bekannte, dass das Wort „dirty“ eigentlich nicht in Zusammenhang mit Erotik vorkommen sollte. Gesungen hat es dieser Schwindelprinz dann doch mit größtmöglicher Laszivität.

Williams' Bedeutung für den modernen R&B kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Er hält, wie etwa auch Maxwell und D'Angelo, das Fähnlein der Besonderheit in einem strikt durchformatierten Genre hoch. Viele seiner Songs leben von einer gewissen Schrägheit. Die piepsige Ballade „Frontin'“ zum Beispiel, die an diesem Abend den beiden eleganten Disco-Floorfillern „Hunter“ und „Marilyn Monroe“ voranging, erstaunte mit ihrem ungewöhnlichem Zeitmaß.

Da er nun schon einmal da war, wollte sich Williams so komplett wie möglich präsentieren. Er zauberte Shae Haley, seinen alten Kumpanen von der gemeinsamen Rockband N.E.R.D., aus dem Hut. Die beiden ließen es bei „Rockstar“ und „She Wants To Move“ gehörig krachen. Und auch einige seiner als Co-Autor kreierten Welthits ertönten ohne falsche Scham. Darunter das quietschige „Hollaback Girl“ (Gwen Stefani) und das urlässige „Drop It Like It's Hot“ (Snoop Dogg). Ebenfalls sehr überzeugend glückte Daft Punks „Get Lucky“.

Das waren magische Momente, wo Pharrell Williams demonstrierte, dass Eleganz viel bedeutet, wenn man jung schlimme Verhältnisse zu überwinden hatte. Im Finale dann der Megahit „Happy“. Gemeinsam mit einer molligen Dame aus dem Publikum wuchtete Williams jetzt noch die letzten Wiener Zwideranten Richtung Fidelsein. Ungeachtet jeglicher individueller Materialermüdung tanzten jetzt wirklich alle. Ist diese Welt vielleicht doch bewohnbar?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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