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Die extravaganten Plattencover der Disco-Ära

Das Buch
Das Buch "Disco: An Encyclopaedic Guide to the Cover Art of Disco Records" versammelt 2000 Plattencover der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre.Soul Jazz Books
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Rollschuh-Fetisch und Leopardenlady: Ein neues Buch feiert die exzentrische Cover-Ästhetik der Disco-Ära. Eine längst fällige Würdigung.

Neonlicht, markante Schriften, sexuelle Anspielungen, ein Bär im Aufnahmestudio: In der Disco-Ära der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre entstanden einige der exzentrischen und bizarrsten Plattencover der Musikgeschichte. Nicht wenige davon aus einer Not heraus: Da die Musik oft von anonymen Studioprojekten stammte, gab es kaum bekannte Künstler, die vom Cover hätten lächeln können.

Disco-Labels wie Prelude, Salsoul oder West End mussten improvisieren. Sehr zur Freude von Patrick Lejeune. Die Künstlerfotos, die zuvor viele Soul-Alben geziert hatten, fand er langweilig. Mit Disco änderte sich das schlagartig. "Ich habe die Musik geliebt", sagt der als "Disco Patrick" bekannte Disco-Experte. "Aber auch das Artwork hat mich fasziniert. Oft habe ich Platten nur wegen der Covers gekauft." An die 7000 Stück zählt die Sammlung des Niederländers. Davon hat er 2000 Plattencovers für das neue Buch "Disco: An Encyclopaedic Guide to the Cover Art of Disco Records" ausgewählt.

Originäres Design

Eine längst fällige Würdigung: Während die Musik, die einst mit dem Schmähruf "Disco sucks" in den Underground zurückgedrängt wurde, regelmäßig in die Clubs und Charts zurückkehrt, blieb die originäre Coverästhetik unbeleuchtet. Für Lejeune ist sie aber integraler Bestandteil von Disco. Im besten Fall verdichte sie die "disco experience", etwa im Artwork von "Keep on Jumpin " von Musique: Drei junge Frauen, knapp bekleidet, mit glitzernden Kappen, tanzen in einer rot ausgeleuchteten Studiokabine. "Es spiegelt die Musik perfekt wider", sagt Lejeune. Als Hauptthema der Ära nennt er "glitter and girls". Mit kulturellen Unterschieden: "Die amerikanischen Covers waren sittsamer als ihre europäischen Pendants. Letztere waren erotischer, besonders jene aus Frankreich und den Niederlanden, die auch vor kompletter Nacktheit nicht zurückscheuten."

Airbrush-Kunst und Science-Fiction

Unter dem Titel "Roller Disco" widmet Lejeune den beliebten Rollschuhdiskotheken ein Kapitel und deren visuellen Niederschlag auf Plattencovers: als Fetischobjekte ästhetisierte Rollschuhe, lange Beine, Spandex-Shorts. Beliebt war die Technik des Airbrush für Disco-Covers. Etwa beim selbst betitelten Album von "African Suite", das eine grell geschminkte Leopardenlady zeigt. Oder bei der futuristisch inszenierten Dame auf dem Cover eines Albums von Inner Life. Nur ein Beispiel, wie Disco popkulturelle Einflüsse aufsaugte. Als "Star Wars" 1977 in die Kinos kam, fanden sich viele Science-Fiction-Motive auf den Covern. Passend zum futuristischen Synthesizerpuls, den Donna Summers "I Feel Love" einführte und der Disco fortan mitprägen sollte.

Summer zählt zu jenen Künstlern, die selbst auf dem Cover waren. So wie der Mann, der für ihren Sound verantwortlich zeichnete: Mit Schnauzer und Sonnenbrille ließ sich Giorgio Moroder (der 2015 ein neues Album veröffentlicht) für "From Here to Eternity" abbilden. Ihm ist auf jenem Album ein Song gewidmet, das Disco zuletzt wieder in aller Munde brachte: "Random Access Memory" von Daft Punk. Dessen Artwork (Roboterhelme in glänzendem Chrome, dünne, geschwungene Schrift) erinnert nicht zufällig an so manches Motiv in Lejeunes Buch.

Buch- und Albumtipp

Das Buch "Disco: An Encyclopaedic Guide to the Cover Art of Disco Records" ist im Verlag Soul Jazz Books erschienen. Das Buch umfasst 2000 Plattencover, ausgewählt von Disco Patrick. Das Vorwort stammt von Tom Moulton und Nicky Siano, zwei zentralen Figuren von Disco. Interviews mit Labelbetreibern runden ab. 

Die begleitende Compilation "Disco: A Fine Selection of Independent Disco, Modern Soul and Boogie 1978-82" ist bei Soul Jazz Records erschienen. Ebenfalls zusammengestellt von Disco Patrick, fokussiert sie unbekannte und rare Tracks abseits abgenutzter Party-Hits.

Web:Soul Jazz Records

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