Sam Smith: Britischer Erfolg bei den Grammys

Singer songwriter Sam Smith arrives for the 57th Grammy Awards at Staples Center in Los Angeles on F
Singer songwriter Sam Smith arrives for the 57th Grammy Awards at Staples Center in Los Angeles on F(c) imago/UPI Photo (imago stock&people)
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Vier Grammys gingen an Belcanto-Popper Sam Smith. Ed Sheeran brachte die beste Performance des Abends in Los Angeles.

Sein Aufstieg aus der Anonymität verlief rasant. „Zunächst hab ich alles versucht, damit mir die Leute zuhören“, jubelte der 22-jährige Londoner Sam Smith in der Nacht auf Montag: „Aber erst als ich aufhörte, mich zu verbiegen, klappte es!“

Vor einem Jahr erst galt er der BBC als Nachwuchshoffnung, nun hat der beseelte Falsettsänger mit seinem Debütalbum „In the Lonely Hour“ vier Grammys auf die Insel geholt. Dabei hätte die heurige Wahl im Staples Center in Los Angeles genauso gut auf den 23-jährigen Ed Sheeran fallen können, dessen zweites Album „X“ in der Kategorie Album of the Year nominiert war. Sein Auftritt war ein Highlight der Gala: US-Meistermusiker wie Questlove und Herbie Hancock gaben die subalternen Instrumentalisten bei seiner strahlenden Performance der Ballade „Thinking Out Loud“. Weil er auch im Tanzsegment, etwa mit dem mit Pharrell Williams komponierten „Sing“ erfolgreich ist, ist Sheeran zum Superstar auf beiden Seiten des Atlantiks aufgestiegen. Er kennt sich auch mit Gesten der Bescheidenheit aus. Zuletzt hat er bekannt, dass er seine Unterhosen immer noch beim Diskonter Primark einkauft.

Nett, aber das half ihm bei der Verleihung auch nichts. Das Orakel entschied für den eindeutig dramatischeren Sam Smith, der noch dazu so lieb lispelt. Doch Sheeran muss sich nicht kränken. Eher Grund zur Beschwerde hätte die Amerikanerin Katy Perry, die – 13-mal nominiert – wieder keine der Trophäen erhielt. Sie sei getröstet. So bedeutsame Kollegen wie Björk und Bob Marley, die Kinks und Led Zeppelin bekamen nie einen Grammy Award.

„It's a Brit invasion“

Dabei werden die kleinen Grammophone alljährlich in durchaus ansehnlicher Zahl gefertigt: Heuer wurden immerhin 83 Stück vergeben. Ein guter Teil davon geht traditionell nach Großbritannien. 2008 gewann Amy Winehouse fünf, 2010 Adele sogar sechs Grammys. „It's a Brit invasion“, stellte ein Interviewer auch heuer fest.

Beatle Paul McCartney trat mit dem wie üblich mit der Jurywahl unzufriedenen Kanye West auf; Barry Gibb, der letzte Lebende der BeeGees, erhielt einen Lifetime Achievement Award; Jeff Lynne faltete sein Electric Light Orchestra auf und spielte (gemeinsam mit Ed Sheeran) imposant auf. Die Schottin Annie Lennox gab eine intensive Performance mit dem irischen Newcomer Hozier: Mit „Take Me to Church“ und „I Put a Spell on You“ zelebrierten sie die uramerikanischen Genres Blues und Gospel mit europäischem Twist.

Britin ist auch Charli XCX, die aufstrebende Popqueen aus der Grafschaft Hertfordshire. Recht gelassen trippelte sie in einem rosa Frack mit Fellapplikationen (aus dem Haus Moschino) zwischen viel länger dienenden Stars herum. „Das kann doch nicht nur mit eurem Akzent zu tun haben“, neckte sie der Moderator. „Wir Briten nehmen wohl weniger Rücksichten auf Hörgewohnheiten“, entgegnete das wilde Mädchen trocken. Nominiert war Charli XCX für ihren Hit „Fancy“, wochenlang auf Platz eins in den USA, der Grammy ging sich dann doch nicht aus.

Drei Grammys für „Happy“

Am 2014 viral gewordenen „Happy“ kam man aber nicht vorbei. Pharrell Williams durfte über drei Grammys glücklich sein. Seinen Glückseligkeitshadern arrangierte er für die Gala neu: Der Minimalismus des Originals wich einem musicalhaften Maximalismus, bei dem auch Pianist Lang Lang, dieses unermüdliche Zirkuspferd der Klassik, mitwirkte. Charmanter wirkte „Cheek to Cheek“, das Duett des 88-jährigen Tony Bennett mit Popwirbelwind Lady Gaga. Das kam so beherzt, so swingend, dass sich jeder freute, dass die beiden die Trophäe für das beste Traditional Pop Album bekamen.

In den Rockkategorien siegten Jack White, Paramore und Beck, dessen „Morning Phase“ sogar Album des Jahres wurde. Verdientermaßen. Es ist eine schwärmerische Ode an die kalifornische Musik, die mit Folk und Psychedelik flirtet und an manchen Stellen nach Gram Parsons klingt. Auch das macht die Grammys im Vergleich zu anderen, strikt dem Kommerz zugeneigten Industriepreisen relevant: In Los Angeles kann Qualität jederzeit siegen.

WICHTIGE GRAMMYS

Record und Song of the Year: Sam Smith. Album of the Year: Beck, „Morning Phase“

Pop Solo Performance: Pharrell Williams

Traditional Pop Vocal Album: Tony Bennett& Lady Gaga, „Cheek To Cheek“

Electronic Album: Aphex Twin, „Syro“

R&B Song: Beyoncé, „Drunk In Love“

Urban Contemporary Album: Pharrell Williams, „Girl“

Alternative Music Album: St. Vincent

Rap Album: Eminem

Jazz Instrumental Album: Chick Corea

Blues Album: Johnny Winter, „Step Back“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2015)

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