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Die Band Bilderbuch weiß: Übermut tut immer gut

KONZERT: BILDERBUCH
KONZERT: BILDERBUCH(c) APA/HERBERT P. OCZERET
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Die – neben Wanda – derzeit beste österreichische Band beendete ihre „Schick-Schock“-Tour mit einem triumphalen Auftritt in der Wiener Arena.

„Unsere Jugend wird dahin sein wie der Rauch aus dem Schornstein.“ Als die oberösterreichische Band Bilderbuch 2011 das auf ihrem zweiten Album „Die Pest im Piemont“ sang, hätte wohl niemand gedacht, dass diese trüben Zeilen vier Jahre später zu den frenetisch umjubelten Slogans eines triumphalen Konzerts in der schwer überbuchten Wiener Arena zählen würden. Ja, sie mag bald dahin sein, die Jugend, und die Hüften werden bald brüchig werden, wie Sänger Maurice Ernst in die Menge rief, doch sie ist noch da, und sie will gefeiert werden.

Der wunderbar überdrehte Ernst und seine nicht minder rasenden Mitspieler feiern sie – mit all ihren Ambivalenzen, Krisen, Brüchen, Ängsten – auf ihrem großartigen dritten Album „Schick Schock“. Und sie feierten sie in der Arena, vor und mit einem Publikum, das willig und fähig war, nicht nur alle Refrains mitzusingen, sondern auch, Maurice Ernst beizupflichten, wenn er nach einem kleinen Exkurs über die Karwoche rief: „Ich will, dass ihr alle heute ein Bier zu viel trinkt, denn wir sind heute da, und wir sind Gigolos!“ „Wir leben high, nie down“, hieß es im entsprechenden Song: Was für eine edle Pose. Natürlich erinnert sie die Alten an Falco, aber wen stört das, wenn es um den Übermut im Hier und Jetzt geht?

"Wo sind die Drinks?"

Das Konzert begann, wie sich das für Übermütige gehört, mit der Anrufung des Dschungels, wo, wie's im Text heißt, die Luft elektrisch ist und die Mädels hektisch werden. Bei der Zeile „Wo sind die Drinks?“ wurde Ernst ein Getränk gereicht: wie sein langsames Überstreifen der gelben Handschuhe vor „Maschin“ eine Showeinlage, die bei vielen anderen peinlich wirken würde. Bei ihm nicht. Dieser jäh blonde Mensch (um das schöne Wort „gachblond“ für nicht wienerische Leser zu substituieren) kann ja auch sein Publikum auffordern, gefälligst miteinander zu ersaufen, und es macht gute Miene dazu. Und sein Gitarrist, der für seine vielleicht 25 Jahre unverschämt jung aussehende Michael Krammer, kann es sich sogar leisten, die Gitarre hinterm Kopf zu spielen . . .

Uncool? Was cool ist, bestimmen wir: Mit dieser Haltung, und natürlich mit ihrer im besten Sinn österreichischen Nonchalance in Sachen Groove, haben Bilderbuch bei ihrer Deutschland-Tournee das Feuilleton genauso begeistert wie das Publikum. Was macht es da, dass bei der skurrilen „Amadeus“-Gala der heimischen Musikindustrie der Titel „Band des Jahres“ nicht an sie – und auch nicht an die ganz andersartigen, aber kongenialen Wanda – ging, sondern an eine simpel gestrickte steirische Tagesbegleitband?

Rauschhaftes Konzert, Rum Kokos fürs Karma

So war nach eineinhalb Stunden in der Arena zwar nicht die Jugend dahin, aber ein rauschhaftes Konzert. „Gib dir mehr Zeit“, hieß es in der letzten, höchst klug gebauten Carpe-diem-Nummer „Om“, und: „Wir sind reif, reif, reif für die Insel; Rum Kokos fürs Karma; aus, vorbei das göttliche Drama.“ Glücklich die Zeiten, in denen es solchen Austropop gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

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