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AC/DC: Das Rock'n'Roll-Grillfest

KONZERT: AC/DC
KONZERT: AC/DC(c) APA/ERWIN SCHERIAU
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Die australische Band AC/DC spielte in Spielberg vor einem Rekordpublikum von 115.000 Zusehern – und verzichtete auf unnötige Zutaten.

Musiker kochen auch nur mit Wasser. Im Fall des Rock'n'Roll und seiner – ja, Klischee – durch und durch männlichen Attitüde ist man allerdings mit dem Grillen näher dran. Viele Bands tun das heute, bildlich gesehen, auf dem bequemen Gasgriller, nur AC/DC sind bei der Holzkohle geblieben: mit Rauch, Ruß und Aroma, mit dreckigem Blues im Hardrockgewand. Auch insofern passte das rötliche Glühen der massiven Bühne im steirischen Spielberg perfekt zum Sound der australischen Rockband. Entzündet von einem Kometen auf der Videowall, mit Pyroeffekten in die Wirklichkeit gebracht, setzten AC/DC zum Rock'n'Roll-Grillfest an. Kein intimes Grillen – mit 115.000 Zuhörern war es das des bisher größte Konzert in Österreich überhaupt.

Auf vegetarische Beilagen wurde verzichtet, hier kam nur Fleisch auf den Rost. „Rock Or Bust“, das Titellied des aktuellen Albums, wurde zu Beginn serviert; nach und nach wurden Filetstücke aus mehr als 40 Jahren Bandgeschichte nachgeschoben. „Shoot To Thrill“, „Hell Ain't a Bad Place to Be“, „Back in Black“, alles ohne störendes Beiwerk. Im Hintergrund die bewährte Rhythmusabteilung: der ruhige Bassist Cliff Williams – und die von der Ersatzbank in die erste Reihe gerückten Herren. Stevie Young gab anstelle des Bandgründers, seines Onkels Malcolm Young, der wegen Demenzerkrankung nicht mehr spielen kann, den straighten Rhythmusgitarristen. Chris Slade, der schon in den Neunzigern ein Gastspiel bei AC/DC gegeben hatte, sprang für Phil Rudd ein, der in Neuseeland einen Prozess rund um Morddrohungen und Drogenbesitz hat. Im Vordergrund besorgte das Frontduo den Rest der Show. Sänger Brian Johnson kreischte dreckig wie gewohnt; Gitarrist Angus Young tobte in seiner Schuluniform wie gewohnt im Duckwalk über die Bühne. Kaum zu glauben, dass die Herren fast allesamt in einem Alter sind, in dem andere schon den Ruhestand angetreten haben. Angus Young wurde kürzlich 60, Brian Johnson ist 67, Chris Slade 68 Jahre alt. Ob das ihre letzte Tournee sein wird, fragen sich viele. Nun, bei den Rolling Stones tut man das schon seit Jahrzehnten...

„My glass is getting shorter on whiskey, ice and water“, heißt es in „Have a Drink on Me“. Es ist Musik der guten Laune, des Feierns – zu viel Tiefgang wäre da nur störend. Das wissen die Zuhörer, genau das wollen sie auch, jene vor allem männlichen Gäste, die schon in den Siebzigern und Achtzigern die damals noch volle Mähne zu AC/DC schüttelten. Dafür fühlt man sich heute schon etwas zu alt, also stampft man eben mit dem Fuß den Rhythmus mit.

Der große Hall blieb aus

Vielleicht lag es daran, vielleicht an der schieren Größe des Events, dass das Publikum selbst nicht so stark zur Wirkung kam. AC/DC-Chöre, Schreie nach Zugaben oder auch Applaus, die Geräuschkulisse eben, die das Liveerlebnis erst so richtig spürbar macht, versandeten in der näheren Umgebung. Der große Hall, das Gefühl der 100.000 Fans, die einen grölenden Gegenpol zur Band auf der Bühne bilden, stellte sich nicht so richtig ein.

Zufrieden konnte man trotzdem sein. Spätestens, als mit „TNT“, „Whole Lotta Rosie“ und „Let There Be Rock“ die Betriebstemperatur auf ihren Höhepunkt zusteuerte. Und Angus Young mit einem großen Solo das wurlitzerartige Abspielen der Greatest Hits – Lied aus, Licht aus, kurze Pause, Licht wieder an, nächstes Lied – unterbrach. Der traditionelle Abschluss folgte mit dem Doppelpack aus „Highway to Hell“ und „For Those About to Rock (We Salute You)“, gefolgt von den ebenso traditionellen Schüssen aus Kanonen als Rausschmeißer für die Grillparty. Am Ende ging man gesättigt und zufrieden. Es muss nicht immer Haute Cuisine sein, manchmal ist es genau das Simple, Erdige und Raue, das am Ende die schönsten Erinnerungen hinterlässt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2015)

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