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Naidoo beim ESC: „Schlechter Scherz“?

Xavier Naidoo.
Xavier Naidoo.(c) EPA (GERO BRELOER)
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Die Entscheidung der ARD, Xavier Naidoo beim Song Contest in Schweden singen zu lassen, stößt in Deutschland auf Kritik.

Mit dieser Welle der Empörung haben die Verantwortlichen der ARD vermutlich nicht gerechnet. Mit Xavier Naidoo schicken sie einen der bekanntesten, aber auch umstrittensten Künstler des Landes zum Song Contest nach Schweden. Das Fernsehpublikum entscheidet nicht, welcher Musiker für das Land antritt, sondern nur, mit welchem Lied Naidoo nach Stockholm fährt. In Deutschland sorgt diese Entscheidung nun für massive Kritik.

Der 44-jährige Sänger mit indischen und südafrikanischen Wurzeln, der sowohl als Mitglied der Band Söhne Mannheims als auch als Solokünstler in den letzten 20 Jahren Dutzende Hits produzierte, fiel zuletzt weniger mit seinen schmusigen Weltverbesserungsballaden (mit Titeln wie „Alles kann besser werden“ oder „Ernten, was man sät“) als mit homophoben und deutschnationalen Äußerungen auf. Die offizielle Darstellung der Anschläge vom 11. September 2001 hält er für unwahr, vor einem Jahr trat er bei einer Veranstaltung der „Reichsbürgerbewegung“ und einer Friedensmahnwache auf. Beides sind Gruppen, die dem rechtsextremen Milieu zugeordnet werden. Er erläuterte dort seine des Öfteren wiederholte Ansicht, dass Deutschland kein freier Staat sei, und betonte, er wolle auf alle Menschen zugehen, „auch auf Reichsbürger. Auch auf die NPD“. Auf Twitter kommentierten viele seine Kandidatur mit Sätzen wie: „Für wen tritt Naidoo eigentlich an: für Deutschland oder das ,besetzte Deutschland‘?“

Auch der deutsche Lesben- und Schwulenverband kritisierte Naidoos Nominierung, er brachte 2012 eine Anzeige gegen seinen Song „Wo sind sie jetzt“ ein, in dem es unter anderem heißt: „Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?“ So wirkt Naidoo jetzt wie ein Kontrastprogramm zur österreichischen Kunstfigur Conchita Wurst, die 2014 mit ihrem Aufruf zu mehr Toleranz für Andersartige den Bewerb gewann und nach Österreich holte. Einen homophoben Sänger zu einer wichtigen Veranstaltung der lesbisch-schwulen Community zu schicken gilt als unsensibel.

Viele Kommentatoren halten die Entscheidung der ARD für einen „schlechten Scherz“ und „blanken Hohn“ („Süddeutsche“) und eine „haarsträubende Fehlentscheidung“ (ein ARD-Hauptstadtkorrespondent). Die Deutsche Presse Agentur titelte die Naidoo-Meldung mit einem seiner Liedzeilen: „Dieser Weg wird kein leichter sein.“

Doch die ARD hält (noch?) dagegen. Song-Contest-Koordinator Thomas Schreiber verteidigte die Entscheidung. Man habe gewusst, dass Naidoo polarisieren werde. Es sei aber fraglich, „ob alle Hassäußerungen in den sozialen Netzwerken, eine sachliche Grundlage haben“. Naidoo stehe vielmehr für Toleranz allen Lebensentwürfen gegenüber. Sicher habe er Fehler gemacht in seinem Leben, „wie wir alle“. Man habe aber „einen der besten Sänger Deutschlands“ mit hervorragender Bühnenpräsenz nominiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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