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Beyoncés wütende Rückkehr: Hymne gegen Diskriminierung

(C) Beyoncé
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Lange war es ruhig um sie, nun kehrt Beyoncé laut auf die Showbühne zurück. Am Tag vor ihrem Auftritt beim Super Bowl veröffentlichte sie ihre neue Single „Formation“.

Still war es seit Herbst 2014 um Beyoncé gewesen. Wenn sie dann so plötzlich und ohne Vorankündigung wie am vergangenen Samstagnachmittag eine neue Single lanciert, versetzt das Fans und Kritiker in ehrliche Euphorie. „Beyoncé drops a new single“, schrieben Dutzende amerikanische Nachrichtenseiten in erstaunlicher Einförmigkeit – und das klang ein bisschen so, als würde die Queen of R 'n' B im Vorbeigehen einen neuen Song „fallen lassen“.

Dabei ist das Gegenteil passiert. Das Lied „Formation (Dirty)“ ist Beyoncé nicht in den Schoß gefallen. Es ist eine sorgfältig geplante Hymne gegen die Diskriminierung von Schwarzen und ein bewusst politisches Lied. Sorgfältig geplant war auch der Veröffentlichungszeitpunkt, womit sie ihren ausgeprägten Geschäftssinn beweist. Exakt einen Tag vor ihrem Auftritt beim 50. Super Bowl im Levi's Stadium in Santa Clara ging die neue Single auf YouTube und Tidal online, der Musikplattform ihres Mannes Jay-Z. Am Tag zuvor hatte das Paar verkündet, 1,5 Millionen Dollar an die Bürgerrechtsbewegung Black Lives Matter und ähnliche Einrichtungen zu spenden. Tatsächlich hat sich Beyoncé, verglichen mit ihren Kollegen Chris Martin von Coldplay und Bruno Mars, etwas überlegt für ihren Super-Bowl-Auftritt. Während die Herren ihre aktuellen Hits („Adventure of a Lifetime“ und „Uptown Funk“) und einige ältere Nummern (Coldplays „Viva la Vida“ ist aus 2008) anstimmten, nutzte Beyoncé die Rasenfläche des Stadiums für die Live-Premiere ihrer neuen Single „Formation“ – und gleich zur Ankündigung der Tour ab April. Falls noch wer Zweifel hatte, dass ihre kurze Schaffenspause zu Ende ist, dem ruft sie gleich in der ersten Zeile entgegen: „Bitch, I'm back“.

Hommage an Michael Jackson

Den kleinen Stolperer, der ihr auf der Super-Bowl-Bühne passierte, konnte sie gut kaschieren. Alle Blicke lagen ohnehin auf ihrem schwarzen Body und den zwei gekreuzten Patronengürteln darüber – eine liebevolle Hommage an Michael Jackson, der beim Super Bowl 1993 in einem ganz ähnlichen Aufzug auftrat. Im Text von „Formation“ kommt auch dessen Nase vor, allerdings in ihrer ursprünglichen Form, die sie hatte, als er noch mit seinen Geschwistern sang: „I like my negro nose with Jackson Five nostrils.“

So beschwört sie ihre Wurzeln, die Herkunft ihrer Eltern, ihre Jugend in Texas: „My Daddy Alabama, Momma Louisiana. You mix that negro with that Creole make a Texas bamma.“ Mit dem selben Stolz – und im selben Atemzug – wie ihre Abstammung preist sie ihren Erfolg: „Earned all this money but never take the country out (of) me.“ Der Text drückt aber nicht nur ihr schwarzes Selbstbewusstsein aus, sondern ist auch ein wütendes Plädoyer gegen die Ungleichbehandlung von Schwarzen und Weißen, gegen die „haters“ und „Albino alligators“.

Seltsam mutet die brutale Wortwahl im Refrain an, wo es heißt: „I did not come to play with you hoes, hoes/I came to slay, bitch“. Wobei „slay“ so viel heißt wie „töten, abschlachten“. „I slay, okay, all day, okay“: Gut 50 Mal ruft sie das Wort heraus.

Noch stärker als der Text sind aber die Bilder im Video zum Lied. Es eröffnet mit einer Szene, in der Beyoncé auf einem Polizeiauto in einem Flutgebiet fläzt – ein Hinweis auf Hurrikan Katrina, der 2005 New Orleans und vor allem die armen, von Schwarzen bewohnten Gebiete verwüstete. In den folgenden Szenen ist die Sängerin in traditionellen Südstaatengewändern zu sehen, etwa in einer schwarzen Beerdigungskluft mit großem Hut. In einer Szene ist Beyoncés Tochter Blue Ivy tanzend zu sehen, in einer anderen stellt sich ein kleiner Bub mutig mit einer versöhnlichen Geste einer Reihe von Polizisten gegenüber, davor fährt die Kamera über den Schriftzug „Stop shooting us“. Am Ende bringt Beyoncé das Polizeiauto buchstäblich zum Sinken.

So symbolisch wie diese Bilder ist auch das Cover der Single: Man sieht Beyoncé, wie sie sich weit aus dem Beifahrerfenster eines hellblauen Pick-up-Trucks lehnt. Ihre langen, zu kleinen, blondierten Rastazöpfen geknüpften Haare und ihre ausgebreiteten Arme ergeben eine Form, die an ein Kreuz erinnert. Im Lied heißt es: „I am a black Bill Gates in the making“, aber auch: „You just might be a black Bill Gates“. Diese Frau hat Selbstbewusstsein, aber sie gibt gern etwas davon ab.

ZUR PERSON

Beyoncé Knowles (geb. 4. September 1981) wuchs in Houston, Texas, als ältestes von zwei Kindern auf. Von 1990 bis 2005 war sie Teil der Gruppe Destiny's Child, begann aber ab 2002 parallel dazu ihre Solokarriere. Heute gilt sie als eine der erfolgreichsten Sängerinnen ihres Genres. Seit 2008 ist sie mit dem Rapper Jay-Z verheiratet. Ihre gemeinsame, 2012 geborene Tochter Blue Ivy Carter hat einen kurzen Auftritt in dem Video zur neuen Single „Formation“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2016)

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