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„Eagles of Death Metal“: Rock, den man nicht mögen muss

KONZERT: ´EAGLES OF DEATH METAL´
KONZERT: ´EAGLES OF DEATH METAL´(c) APA/HERBERT P. OCZERET
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Die Eagles of Death Metal spielten erstmals nach dem Anschlag von Paris wieder in Wien: Der tragische Anlass konnte mit dem Macho-Rock dieser Band nicht versöhnen.

Wer glaubt, dass Rock 'n' Roll prinzipiell auf Seiten der Aufklärung steht, irrt. Obwohl die Befreiung von Spießertum seit den Fünfzigerjahren auf sein Konto geht, tummelten sich in diesem Genre stets auch stramme Konservative – etwa Alice Cooper, Sonny Bono und Kid Rock –, aber auch richtig reaktionäre Rechtsaußenspieler wie Ted Nugent, der gar erklärte, er wolle sich umbringen, falls Obama für eine zweite Amtszeit gewählt wird. Wenig überraschend lebt er noch.

Wie auch Jesse Hughes, Gitarrist und Sänger der Eagles of Death Metal, der mit seiner Band den Terroristen im Pariser Bataclan zum Glück entkommen konnte. Dadurch wurde er zum Helden der „Je suis Paris“-Bewegung, die seine Ansichten sonst kaum teilen dürfte. Und seine Konzerte sind besser besucht denn je. Auch der Auftritt in Wien musste „hochverlegt“ werden, wie es im Jargon der Konzertveranstalter heißt. Doch viele von denen, die gekommen waren, um zu demonstrieren, dass sie sich vom islamistischen Terror nicht einschüchtern lassen, wurden enttäuscht.

Pop-Hörer tolerieren gern, dass musikalisches Talent und Intelligenz nicht unbedingt einhergehen. Aber bei den Eagles of Death Metal herrscht Mangel an beidem. Auf sie passt nicht einmal der Satz „Dumm rockt gut“. Jesse Hughes, Reverend bei irgendeiner der inflationär vielen amerikanischen Kirchen, Waffennarr und Gatte eines Pornostars, ist ein Vertreter der weißen Arbeiterklasse, die durch das exzessive Outsourcing in den USA sozial deklassiert wurde. Spöttisch White Trash genannt, tröstet sie sich mit den letzten Bastionen ihrer Männlichkeit, mit Waffenbesitzkarte und hartem Rock.

„Whorehopping“ und „Muschikatzen“

Hughes, der nach dem Pariser Anschlag, bei dem 89 Menschen ums Leben kamen, noch eifriger nach Waffen für jedermann rief, versteht wenigstens etwas von Lärm. Es begann mit dem rasanten „I Only Want You“, einen Song, der das Machtgefälle der Liebe feiert: „Watching you suffer feels much better to me, I'm about to lay destruction on you“, geiferte Hughes. Beim ebenso testosteronhaltigen „Whorehopping“ strebte seine raue Stimme in so hohe Register, dass sein Pornoschnauzer ins Zittern geriet. „Shit, goddamn! I'm a man“, heulte er: „I'm a man?“ Der Zweifel an der Männlichkeit währte nur kurz. Im knüppelnden Kickdrum-Inferno von „Got a Woman“ jubilierte sie wieder: „I got me a woman, love to shake her ass.“ Das ist eben die Sorte von Frauenbewegung, die Macho Hughes, der auch auf Deutsch von „schönen Muschikatzen“ sprach, zu akzeptieren bereit ist . . .

Von dem bisschen Glamour in manchen ihrer Studioaufnahmen war live kaum etwas zu vernehmen. Stattdessen regierten Regionalliga-Rockriffs und wimmernde Gitarrensoli zum Einweimberln bei den Damen. Hughes, durch eine verletzte Sehne leicht lädiert, lobte seine Hand dennoch als „perfekte Gitarrenklaue“. Eine Übertreibung, wie sich spätestens beim sehr, sehr schwachen Rolling-Stones-Cover „Brown Sugar“ herausstellte. Fideler war die Adaption des charmanten „Stuck in the Middle of You“, das sie halblustig in „Stuck in the Metal of You“ umdichteten. Doch keine Kirtagscombo kann diese schöne Melodie ernsthaft ramponieren. Da war auch das Mikrofon großzügig und verzieh Hughes die unabsichtlichen Feuchtigkeitsbeigaben seines Gesangs. Und so tanzte er seine balzigen Hosenträgertänze und brabbelte Grußadressen an die Götter des Rock 'n' Roll.

Ein wenig Anspannung im Publikum herrschte bei „Silverlake“, dem Song, bei dem die Terroristen in Paris das Feuer eröffnet hatten. Ansonsten wurde bieder gerockt. Ein Ärgernis war die lasche Coverversion von „Save a Prayer“, Ratlosigkeit prägte den Zugabenblock: Zunächst plätscherten A-cappella-Songs von Hughes, einer davon dem in Paris erschossenen Merchandiser Nick Alexander gewidmet; dann wurde das passable groovende „Speaking in Tongues“, als es so richtig Fahrt aufnahm, durch sinnlose Gitarreneinlagen unterbrochen. Bei allem Respekt vor Überlebenden des Schreckens von Paris: Diese Band ist weder sympathisch noch gut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)

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