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Roger-Cicero-Nachruf: Swing, beim Mond und überall

Roger Cicero
Roger Cicero(c) APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene
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Roger Cicero, der König des deutschsprachigen Swing, ist nicht mehr. Nur 45-jährig ist er an einem Gehirnschlag gestorben.

Mut, eine der wichtigsten Künstlertugenden, hatte Roger Cicero zweifellos. Nicht mit der flexibelsten Stimme der Welt geboren, formte er sie zu einem Instrument, mit dem er tief in so divergente ästhetische Welten wie Bigband Jazz, Chanson, deutschsprachigen Pop und Soul à la Stevie Wonder tauchen konnte. Sein letztes Wien-Konzert in der Staatsoper war von Licht und Schatten geprägt, Kostbarkeiten wie den fragilen Nick-Drake-Folksong „From the Morning“ (mit dem auf Drakes Grab stehenden Epitaph „Now we rise, and we are everywhere“) sang er subtilst, Van Morrisons „Moondance“ verhaute er spektakulär. Lieder waren ihm, wie er sagte, Lebewesen, die in der Interpretation stets neu erstehen müssen.

Unterwiesen wurde der 1970 in Berlin geborene Sänger von seinem Vater, dem aus Rumänien stammenden, im europäischen Jazz erfolgreichen Pianisten Eugen Cicero. Von klein auf atmete er Bühnenluft. Als Elfjähriger sang er im Vorprogramm der Schweizer Chansonière Helen Vita, mit 16 debütierte er mit dem Rias-Tanzorchester im Fernsehen. Von 1991 bis 1996 holte er in Amsterdam das formale Musikstudium nach. Mit der Acid-Jazz/Hiphop-Formation Jazzkantine sammelte er erste Erfahrungen auf renommierten Festivals. Ab 2003 lancierte er seine Solokarriere mit eigener Band. Ab 2006 landeten seine Alben, etwa „Männersachen“ und „Artgerecht“, in den Top drei der deutschen Charts. Mit „Frauen regier'n die Welt“ glückte ihm ein Single-Hit. Spätestens von da an galt er mit seinen sensiblen, humorvollen Texten als Frauenversteher. Diesen Song probierte er auch beim Song Contest 2007 aus, aber mehr als Platz 19 schaute nicht heraus. Cicero schüttelte die Schlappe ab und wandte sich neuen Dingen zu. Mit dem Keyboarder von Jamiroquai schrieb er den famosen Discotitel „Der Typ im Spiegel“, als Stevie-Wonder-Fan nahm er „I Love Every Little Thing About You“ mit dem britischen Pianisten Jools Holland auf und ging gleich auf Tour mit ihm. Sein künstlerisches Credo war schlicht das Übertragen von Emotionen. Das tat er zuletzt auf den Spuren von Frank Sinatra: „Fly Me to the Moon“ übertrug er gewitzt ins deutsche Idiom, das hieß dann „Schieß mich doch zum Mond“ und erinnerte an den qualitätsvollen Swingschlager der Sechzigerjahre.

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Roger Cicero schon am 24. März gestorben, kurz vor Antritt seiner ausverkauften Tournee.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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