Pop

Tiefer Purpur, karminroter König: Pracht der alten Rockbands

(c) REUTERS (EDUARDO MUNOZ)
  • Drucken

Von Deep Purple über Santana bis King Crimson: Die Flut an langgedienten Bands im Liveprogramm des Sommers und Herbstes 2016 ist gewaltig. Ein Überblick.

Black Sabbath, Deep Purple, King Crimson, Status Quo, The Who, Santana, Patti Smith: Die Konzertplakate auf den – nicht nur Wiener – Straßen lesen sich wie in den Siebzigerjahren, besser gesagt: wie der Wunschtraum eines Pophörers der Siebzigerjahre. Denn damals war es gar nicht selbstverständlich, dass alle Großen nach Österreich kommen. Seltsam ist es jedenfalls, wenn man 40 Jahre, nachdem man zum ersten Mal Status Quo gesehen hat (im Mai 1976 in der Kurhalle Oberlaa), vor der Möglichkeit steht, diese treuherzigen Rocker das letzte Mal zu erleben. Sie haben erklärt, die Konzerte würden ihnen zu mühsam. Ob Gitarrist Rick Parfitt dabei sein kann, ist fraglich: Er wird derzeit in der Türkei wegen einer vermutlichen Herzattacke behandelt, sein Zustand sei ernst, heißt es auf der Homepage der Band, doch er habe bereits seinen gewohnten Tee mit zwei Würfeln Zucker und Süßstoff verlangt.

Als Spielwiese für alte Rockmusiker, die noch keine Ruhe geben wollen, dient traditionellerweise das Festival Lovely Days, heuer erstmals im Schlosspark Eisenstadt. Das Programm ist wie gewohnt eklektisch: die Glitterrockband The Sweet (mit einem einzigen Originalmitglied), Hardrock-Veteranen wie Deep Purple und Ten Years After, dazu, quasi als Tribut ans Hier und Jetzt, das Wiener Duo Seiler und Speer. Warum Ian Anderson derzeit nicht unter dem Signet Jethro Tull auftritt, ist nicht wirklich einsichtig.

Plagiatfrei? Dass Robert Plant nicht als Led Zeppelin auf die Bühne kommt, ist hingegen klar: Das würde sein Exkollege Jimmy Page nicht goutieren. Gemeinsam haben die beiden soeben einen Urheberrechtsprozess überstanden: Das Gericht in Los Angeles hat befunden, dass „Stairway to Heaven“ kein Plagiat ist. Recht so, allerdings sind Led Zeppelin in ihrer Frühzeit wirklich fahrlässig mit geistigem Eigentum umgegangen, vor allem mit Stücken von schwarzen Bluesmusikern. So nannten sie erst nach einem Prozess Howlin' Wolf als Mitautor des „Lemon Song“. Mit diesem begann Plant seine jüngsten Konzerte, in deren Programm auch Bluesklassiker von „Spoonful“ bis „I Just Want To Make Love To You“ (stilecht kombiniert mit „Whole Lotta Love“) waren, dazu einer der dramatischsten Led-Zeppelin-Songs: „Babe I'm Gonna Leave You“, das Plant 1970 von Joan Baez (!) übernommen hatte.

Konsequent zu seinen Anfängen kehrt auch Carlos Santana zurück, der ohne jegliche Bedenken unter dem Bandnamen Santana konzertieren kann, diesfalls am 12. Juli in der Wiener Stadthalle. Er kommt mit der Besetzung seiner ersten drei Alben (Gregg Rolie singt, Michael Shrieve am Schlagzeug etc.) und entsprechendem Programm: „Soul Sacrifice“ „Oye Como Va“, „Black Magic Woman“ usw., dazu John Coltranes „A Love Supreme“, das er einst mit John McLaughlin aufgenommen hatte. (Dieser kommt natürlich auch nach Wien: zum Jazzfest, am 8. Juli im Arkadenhof des Rathauses.)

Nur mehr die Hälfte der Originalbesetzung der Who ist am Leben: Roger Daltrey und Pete Townshend, verstärkt u. a. durch Ringo Starrs Sohn Zak Starkey am Schlagzeug, spielen einen Querschnitt durch die Bandgeschichte, mit frühen Hits wie „The Kids Are Alright“ und „Substitute“ sowie Ausschnitten aus „Who's Next“, „Tommy“ und „Quadrophenia“. Wer am 14. September in der Wiener Stadthalle bei „My Generation“ über die Zeile „Hope I die before I get old“ lächeln mag, darf das tun, der alte Townshend (gern mit Hut) tut das auch, der Song klingt heute jedenfalls knackiger als etwa 1970.

„21st Century Schizoid Man“. Unter den Grabsprüchen, die uns die Rockmusik hinterlassen wird, ist der „Epitaph“ von King Crimson vielleicht der ausführlichste. Er stammt von „In the Court of the Crimson King“ (1969), dem ersten und bekanntesten Album dieser feinen britischen Art-Rock-Band, die freilich viel, viel mehr produziert hat, darunter einiges, das in der Zeit des Post-Punk verblüffend modern klang – wenn das feierlich wabernde Mellotron einmal Pause hatte. Dass Robert Fripp, Spiritus Rector der Band, dieses skurrile Tasteninstrument auf Tour mitnimmt, ist zu bezweifeln. Alte Songs hat er wohl im Programm, darunter „Starless“ und den „21st Century Schizoid Man“, über den man ohne Heuchelei sagen kann: Er ist aktueller als einst. Wer keine Angst vor langen und/oder mehrteiligen Stücken hat, sollte sich am 30. 11. oder am 1. 12. ins Museumsquartier wagen. TK

Termine

David Gilmour: 27. und 28. 6., Wien, Schloss Schönbrunn

„Lovely Days“ mit Ten Years After, Deep Purple, the Sweet, Ian Anderson usw.: 9. 7., Eisenstadt

Santana: 12. 7., Stadthalle Wien

Robert Plant: 28. 7., Arena Wien

The Who: 14. 9., Stadthalle Wien

Status Quo: 12. 10. Wien Gasometer, 13. 10. Klagenfurt.

King Crimson: 30. 11. und 1. 12., Wien Museumsquartier

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.