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Waldeck: „Der Sommer ist eh immer so kurz“

(c) Voithofer Valerie
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Waldeck kehrt nach neunjähriger Pause zurück. Die Lieder von „Gran Paradiso“ blinken wie ein norditalienischer Lunapark der Siebzigerjahre.

Die Pausen zwischen seinen einzelnen Produktion sind schon beeindruckend. Der 50-jährige Klaus Waldeck steht punkto Zögerlichkeit internationalen Größen wie Ludovic Navarre alias St. Germain in nichts nach. Epische neun Jahre hat es seit Waldecks internationalem Bestseller „Ballroom Stories“ gedauert, bis er bereit war, Neues vorzulegen.

Bei der Schwerelosigkeit seiner neuen italophilen Sounds stellt sich unwillkürlich die Vorstellung eines jahrelangen Dolcefarniente unter der leuchtenden Sonne des Südens ein. Fragt man nach, dann wird aber rasch klar, dass Waldeck kein Typ fürs süße Nichtstun ist. „Es mag arg klingen, aber ich habe die Zeit arbeitend verbracht. Das aus einem einfachen Grund: Ich hatte mich mit meinen verschiedenen Konzepten verzettelt.“

Zunächst wollte er ein Nachfolgealbum im Stil von „Ballroom Stories“ einspielen. Aber „dann wurde mir klar, dass man auf einen Zug, den man in Bewegung gesetzt hat, nicht im Nachhinein aufspringen sollte“. Also bewegte er sich in ein imaginäres Italien. Als er zunächst keine Sängerin dafür fand, tüftelte er an einem Spaghetti-Western-Konzept. Erst als er die beiden Ansätze kombinierte, wurde die Sache dynamisch. „Mit dem zunehmenden Erfolg von ,Ballroom Stories‘ baute sich ziemlich viel Druck in mir auf. Man will ja Entsprechendes nachlegen. Viel zu spät begriff ich, dass es eigentlich nur darum geht, es für mich selbst spannend zu machen.“

Treue Fanbasis in Frankreich

Die Kunst des Herrn Waldeck hing in der Vergangenheit stets mit der richtigen Auswahl der Sängerin zusammen. Mit Saint Privat, dem charmanten Elektro-Chanson-Projekt, das er mit Valerie Sajdik realisierte, erarbeitete er sich eine treue Fanbasis in Frankreich. Mit dem swingenden „Ballroom Stories“, das von den betörenden Vokalistinnen Joy Malcolm und Zeebee entscheidend mitgeprägt wurde, eroberte er dann die ganze Welt.

Auf „Gran Paradiso“ präsentiert er mit Heidi Moussa-Benammier eine neue Stimme. „Dass sie Italienisch singen konnte, hat mich sofort für sie eingenommen. Als sich später herausstellte, dass sie sprachlich nicht perfekt war und italienische Freunde Änderungen reklamierten, dachte ich mir: Jetzt erst recht.“ Die sinnliche Stimme von La Heidi changiert auf „Gran Paradiso“ mit großer Leichtigkeit zwischen Mütterlichkeit und lasziver Erotik. Das konveniert ideal mit anderen Soundelementen, wie einer würdevoll ächzenden Posaune und einer seufzenden Slide-Gitarre.

Für den Szenenwechsel von der Riveria an die Adria findet Waldeck gute Gründe: Die Adria sei früher das Ziel der klassischen Familienurlaube gewesen. „Und auch in Franz Karl Ginzkeys Kinderbuch ,Hatschi Bratschis Luftballon‘ war Italien das Sehnsuchtsland. Wir waren stets in Rimini. Dort wurde mir, nach ein paar Mundvoll Wasser klar, dass das Meer wirklich salzig ist. Vorher glaubte ich es einfach nicht.“ Empirie war Waldeck auch bei der Entwicklung seines Labels Dope Noir wichtig. Die Notwendigkeit, rasch auf Entwicklungen zu reagieren, habe ihn stets belebt.

Internationale Compilations

Wie macht man das eigentlich, einen Welterfolg mit einem eigenen Label zu stemmen? „Mein Glück war, dass sich das ganz langsam zusammengebraut hat. Zunächst über CD-Verkäufe, später über Downloads, und dann ist ,Ballroom Stories‘ auch noch ein Streamingerfolg geworden. Wichtig war, dass Stücke auf internationale Compilations kamen und dass Film und Werbung einstiegen.“ Mercedes und Versace verwendeten Waldeck-Stücke für Spots. Versace entschied sich sogar dafür, „Why Did We Fire the Gun“ ein paar Jahre lang weltweit einzusetzen.

Der Nachfolger, „Gran Paradiso“, wird wegen seiner Luftigkeit gern als Sommeralbum bezeichnet. Ist das eine Beleidigung? „Nein, überhaupt nicht. Vieles, was einfach klingt, war sehr schwierig in seiner Herstellung. Außerdem ist der Sommer bei uns eh immer so kurz. Was kann daran falsch sein, wenn man ihn sich in die Kunst hereinholt und solcherart ausdehnt?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2016)

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