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Sigi Maron: Abschied von einem indezenten Liedermacher

Sigi Maron (1944–2016).
Sigi Maron (1944–2016).(c) APA/RUBRA
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Sigi Maron, der wienerische Protestsänger im Rollstuhl, ist im Alter von 72 Jahren in Baden gestorben. Einige seiner Zeilen, nicht alle davon salontauglich, sind in den Volksmund eingegangen.

Ob es gegen Atomkraftwerke ging oder für ein Rockhaus Wien, gegen den Krieg oder für Rasenfreiheit – wo immer in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren die Solidarität beschworen wurde, war Sigi Maron mit seiner Gitarre dabei, hatte sein Che-Guevara-Kapperl auf und brachte, wenn die Stimmung ihren Höhepunkt erreichte, seine „Ballade von ana hoatn Wochn“, mit einem Refrain, der auf Wienerisch formulierte, was man in Süddeutschland den schwäbischen Gruß nennt. Ja, Sigi Maron nahm sich, wie man damals gern sagte, kein Blatt vor den Mund, formulierte, wie's in ebenjener Ballade hieß, „höflich, vornehm und dezent, wie ich es immer tu, allerdings unter Einschluss eines gewissen ordinären Wortschatzes“.

So zog er gegen diverse Obrigkeiten ins Feld, vom Stadtamtsdirektor über den „lieben Herrn Rechtsverdreher“ bis zum gemeinen Polizisten, natürlich auch gegen den Hausmeister, damals Inbegriff einer Respektsperson: Der Reim auf „Saugfrasta“ ist in den Volksmund eingegangen. Aber Maron konnte auch innig sein, mit einem gewissen stoischen Unterton, etwa wenn er in einem seiner bekanntesten Refrains konstatierte: „Schön is' das Leb'n, is' die Arbeit vorbei.“

1944 in Wien geboren, erkrankte Siegfried Maron mit zwölf an Kinderlähmung, saß fortan im Rollstuhl. Er arbeitete als Buchhalter, spielte bei einer Band namens The Bats. Als Liedermacher, der konsequent im Dialekt sang, wurde er 1976 im Zug der Besetzung der Wiener Arena zum Begriff, im selben Jahr erschien sein erstes Album, „Schön is' das Leb'n“. 1985 hatte er einen kleinen Hit mit dem bewegenden, wenn auch melodisch sehr nahe an einem Ray-Davies-Song gebauten „Geh no net furt“, in dem der Icherzähler einen Freund vom Freitod abhalten will – ein völlig unpolitisches Lied, ungewöhnlich für Maron, der immer politisch engagiert war, stets kritisch. Er protestierte singend und redend gegen den Organhandel, gegen Abfangjäger und Arbeitslosigkeit, gegen den „Scheißkapitalismus“ sowieso. Keine kritischen Worte fand er für den real existierenden Kommunismus, er kandidierte sogar zweimal für die KPÖ. „Ich glaub nicht, dass man das Kapital zähmen kann“, erklärte er im „Presse“-Interview. Als ob sie seine Kritik bestätigen wollte, kündigte ihn eine große Plattenfirma, bei der er lange als EDV-Spezialist gearbeitet hatte, im Rahmen einer Rationalisierungwelle.

Als Sänger kam er nach 14-jähriger Pause 2010 zurück, mit dem Album „Es gibt kan Gott“. So altväterlich das atheistische Pathos des Titelsongs wirkte, seine furiose Wortgewandtheit konnte auch junge Hörer begeistern, für die Arenabesetzung und AKW Zwentendorf nur historische Begriffe waren, die Sigi Maron nur aus der Nonsense-TV-Show „Tohuwabohu“ kannten.

2014 verabschiedete sich Sigi Maron von der Bühne, trat aber im kleineren Rahmen noch ein paarmal auf, etwa bei Ausstellungseröffnungen seiner Tochter Nina. Nun ist er 72-jährig in Baden bei Wien gestorben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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