Rabtaldirndln: Rustikale Gegenwelten

Harte Arbeit. Borkenkäfer, Bäumefällen,  Die Rabtaldirndln sind selbst Landkinder.
Harte Arbeit. Borkenkäfer, Bäumefällen, Die Rabtaldirndln sind selbst Landkinder.(c) Nikola Milatovic
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Die Rabtaldirndln locken und provozieren das Publikum mit schräger Performance. Zwei aus dem Quintett, Gudrun Maier und Rosi Degen, erzählen.

Nein! Rufen Rosi Degen und Gudrun Maier wie aus einem Mund, wenn man sie fragt, ob sie privat noch Dirndln tragen. Dirndln seien inzwischen so etwas wie eine konservative Ansage: „Da möchten wir uns nicht einreihen“, erklären die zwei. Degen, Maier, Barbara Carli, Bea Dermond und Gerda Strobl bilden seit 2003 das Rabtaldirndl-Quintett.

Weiberwirtschaft in der Schenke. Die fünf Frauen haben sich von den Männern emanzipiert, betreiben eine Schenke, eine Landwirtschaft und beschäftigen sich mit den schrägen Schattenseiten des Daseins abseits der Städte, aber nicht nur: Wie geht es wirklich zu beim zielsicheren „Einkochen“, beim „Berge versetzen“ und beim „Picknick mit Erscheinungen“? So heißen die heiteren satirischen Shows der Rabtaldirndln, die steirische Wurzeln haben. Das Rabtal gibt es übrigens nicht, sehr wohl aber das Raabtal in der Südoststeiermark. Und es gab auch Raabtaldirndln, eine Volksmusikgruppe, die sich aufgelöst hat, als sich die Rabtaldirndln mit einem  a formiert haben. Zwei Shows haben die Rabtaldirndln derzeit im Programm, die auch in Wien zu sehen sein werden: „Dirndl sucht Bauer“ (eine Variation der TV-Doku-­Soap „Bauer sucht Frau“) und „Female History“. Worum geht es? Gudrun Maier: „Bei ,Dirndl sucht Bauer‘ geht es darum, dass die Rabtaldirndln einen Bauernhof geerbt haben, der leider nicht in einem florierenden Gebiet liegt, sondern in einem sterbenden Dorf, aus dem immer mehr Leute wegziehen. Die Rabtaldirndln fragen sich jetzt, was sie mit dem Anwesen machen sollen, und sie beschließen, Urlaub auf dem Bauernhof anzubieten. Sie sind selbst keine Bäuerinnen, daher suchen sie einen Mann, ein Mann ist immer gut für das Geschäft. Es werden also Bauern gecastet, drei kommen in die Endrunde, und einer bleibt über.“ Background der Geschichte ist, dass Maier selbst einen Bauernhof geerbt hat, das Anwesen ihrer Großeltern und Eltern in der Oststeiermark.

Dort, in Hainersdorf, wird „Dirndl sucht Bauer“ dieser Tage auch gespielt. Maier: „Es gibt 300 Quadratmeter Wiese und 1,4 Hektar Wald und das Haus mit 170  Qua­drat­metern Wohnfläche. Ich habe da auch schon investiert. Man hat eine starke emotionale Bindung an den Ort, wo man aufgewachsen ist. Ich bin ein Landkind, ich hab’ einen Hund, ich mache gern Gartenarbeit, und hin und wieder muss ein Baum umgeschnitten werden.“ Ist es nicht wunderbar, im eigenen Wald spazieren zu gehen? Maier: „Klar, aber man hat ständig Arbeit. Zum Beispiel mit Bäumen, auf denen sich Borkenkäfer breitmachen. Diese muss man dann umschneiden, und wenn mein Papa das einmal nimmer kann, dann weiß ich nicht, wie das gehen wird.“ Auch in Rosi Degens Familie gibt es Waldbesitz: „Das Landleben ist keineswegs gemächlich, sondern gnadenlos mit Terminen. Ich erinnere mich, dass ich mit meinem Vater am 24.  Dezember nach­mittags Holz geschnitten habe, weil das aus der Einfahrt wegmusste und das Wetter gerade gepasst hat. Auch in den Weihnachtsferien gab es mindestens eine Woche Waldarbeit. Ich war das jüngste von vier Kindern und musste den Meterprügel halten, damit alle Äste schön gleich lang geschnitten sind. Den Traktor und andere Maschinen hat man sich ausgeborgt, da war dann den ganzen Tag Hackeln angesagt, denn am nächsten hat die Maschinen schon wieder wer anderer gebraucht. Das Waldidyll sagt mir nichts, ich bin froh, dass ich keinen Wald besitzen muss.“ Mit ihren drei Kindern lebt Degen mittlerweile in Graz. „Es gibt immer diese Sehnsuchtsbilder vom Land, wo noch alles in Ordnung ist, die Nachbarn einander grüßen und sich mögen, und feste Werte gibt es auch. Wir glauben das nicht“, ergänzt Maier.

Vollwertkost und Mordschwestern. Aus vier Teilen besteht die zweite Produktion der Rabtaldirndln, „Female History“. Es geht um die Naturkostpionierin Hermine Klein, die Millionenauflagen mit ihren Rezepten erzielt hat, um Edith Klinger, die Tierpatin, um die Lainzer Mordschwestern und um den Sennentuntschi, jenes sagenhafte Wesen, das sich einsame Senner gebaut haben, dann aber wurde die Puppe lebendig und hat Rache an ihren Schöpfern genommen. „Hermine Klein hat uns als erfolgreiches Start-up interessiert“, erläutert Gudrun Maier. „Bei Edith Klinger mit ihrer bedingungslosen Liebe zu Tieren ist der Kontrast zu ihrer Ver­gangen­heit als Schauspielerin faszinierend, sie hat ja auch Aufklärungsfilme gedreht. Außerdem geht es in diesem Teil um den Stellenwert von Haustieren in der Gesellschaft. Die Mordschwestern verfolgen uns schon seit unserer Gründung, vier Frauen, die zusammenhalten, und keine lässt die andere auffliegen, jedenfalls zunächst. Hier geht es aber natürlich auch um Sterbehilfe.“

Unliebsames Aufsehen. Für die mit ihren skurrilen Storys an die Geschwister Pfister erinnernden Rabtaldirndln ist wichtig, dass sie nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land wahrgenommen werden. In der Stadt sind die Rabtaldirndl-Schmähs quasi aufgelegt: Städter amüsieren sich über die Landbevölkerung. Auf dem Land gibt es manchmal richtige Auseinander­setzungen um die Kreationen des Theaterkollektivs. Maier: „Nach einer unserer Aufführungen ist ein Mann zu mir gekommen, der mich gekannt hat, und war völlig vor den Kopf gestoßen. Er hat sich aufgeregt, dass wir in Unterwäsche auf der Bühne sind, unweiblich und unsexy und mit gespreizten Beinen, er hat mich richtig beschimpft.“ Aber es gebe auch sehr viele positive Rückmeldungen, Preise und Einladungen in das Ausland, in die Schweiz, nach Deutschland. Kommen die Schau­spielerinnen manchmal mit ihren Kunstfiguren durch­einander? Maier: „Es ist eine Parallelwelt, eine Maske, die einmal mehr oder weniger stark ist. Auf der Bühne bin ich die Marianna, im Leben die Gudrun.“

Tipp

Rabtaldirndln „Dirndl sucht Bauer“, 4., 5., 6.  November, Hainersdorf 39, „Female History“, 10., 12., 13.  11. Brut Wien.

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