Wie Sting dem "Bataclan" wieder Leben einhauchte

Sting am Samstagabend im Pariser Bataclan
Sting am Samstagabend im Pariser BataclanAPA/AFP/Hans Lucas/BORIS ALLIN
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Vor genau einem Jahr töteten islamistische Attentäter in dem Pariser Club 90 Menschen. Nun wurde er wiedereröffnet.

Im "Bataclan" wird wieder getanzt. Beim ersten Konzert nach dem Terror erobert das Publikum sich den Konzertsaal singend, klatschend und jubelnd zurück. Dem britischen Musiker Sting gelingt bei seinem symbolträchtigen Auftritt am Samstagabend der Balanceakt zwischen Erinnern und Bekenntnis zum Leben.

"Wir feiern das Leben und gedenken der Menschen, die vor einem Jahr gestorben sind", sagt Ruben. Der 34-Jährige stammt aus Portugal und wohnt nun in Brüssel, er ist extra für das Konzert nach Paris gekommen. "Damit sorgen wir auch dafür, dass unsere Werte und unsere Überzeugungen sich durchsetzen", betont er.

Konzertsaal gleich Festung

Der Konzertsaal mit der bunten Fassade, die durch den islamistischen Anschlag vom 13. November traurige Berühmtheit erlangte, gleicht an diesem Abend einer Festung. Die Straße ist abgesperrt, überall schwer bewaffnete Polizei. Wer zum Saal will, muss durch zwei Kontrollen und wird von Sicherheitsleuten gründlich abgetastet. Draußen haben Menschen Kerzen abgelegt, manche Besucher haben Blumen mitgebracht. Nicht hinein dürfen übrigens Mitglieder der Band "Eagles of Death Metal", die damals auf der Bühen stand, als die Terroristen den Club stürmten.

Der neue "Bataclan"-Schriftzug in roten, tanzenden Lettern ist schon etwas länger zu sehen. Nun entdeckt das Publikum des ausverkauften Konzerts auch das komplett renovierte Innere. Alles ist strahlend neu: Der Balkon mit dunkelrotem Stoff verkleidet, das Parkett blank und ohne Schrammen. Schwer, dieses Bild mit dem Drama überein zu bringen, das sich hier abgespielt hat, als ein schwer bewaffnetes Terror-Kommando hereinstürmte und 90 Menschen umbrachte. Die breiten Notausgang-Türen links neben der Bühne wurden damals zu einem Faktor von Leben und Tod.

"Das Leben muss weitergehen"

"Gute Freunde von mir haben nicht überlebt", sagt Gerald Granvilliers, während der Saal sich langsam füllt. Er sei heute hier für Sting, aber vor allem zum Gedenken. "Wenn man kann, muss man dabei sein", meint er. Nach seinen Empfindungen gefragt, ringt er nach Worten. "Viele Emotionen, auch viel Traurigkeit. Ein merkwürdiges Gefühl", sagt er. Und eine klare Botschaft: "Das Leben muss weitergehen." Dieser Satz fällt immer wieder. Es ist ein trotziges Bekenntnis, sich nicht unterkriegen zu lassen. Auch Opferangehörige haben im Vorfeld deutlich gemacht, wie wichtig ihnen dieses Zeichen ist.

Als Sting auf die Bühne kommt, bittet er auf Französisch um eine Schweigeminute. Der gut gefüllte Saal wird mucksmäuschenstill, dann stimmt der 65-Jährige seine Ballade "Fragile" an. Auf den nachdenklichen Einstieg folgt ein Mix aus bekannten Hits wie "Englishman in New York", "Every Breath You Take" und "Message In A Bottle" und Songs von seinem gerade erst veröffentlichten Album "57th and 9th".

"Vive le Bataclan"

"Ich war von der Wahl mancher Lieder ein wenig überrascht", sagt Besucherin Fatima später - etwa dem Song "Inshallah", der sich mit der Flüchtlingskrise beschäftigt. "Aber es war sehr passend. Er hat ein gutes Gleichgewicht gefunden."

Nach mehreren Zugaben setzt sich Sting am Ende allein mit einer Akustikgitarre auf die Bühne. Hinter ihm erscheint ein Foto von James Foley, dem US-amerikanischen Journalisten, der 2014 von einem Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat enthauptet wurde.

"Dieses Lied ist für ihn, seine Familie und alle Familien, die an jenem Abend einen geliebten Menschen verloren haben", sagt der Sänger, und singt den Song "The Empty Chair". Es handelt von einem Gefangenen, der seine Familie in Gedanken auffordert, nicht über den leeren Stuhl zu verzweifeln: "Somehow I'll be there" - "Irgendwie werde ich da sein". Im Publikum ist es ganz still, dann bricht donnernder Applaus aus. Und Sting verabschiedet sich mit einem Aufruf: "Vive le "Bataclan"" - "Es lebe das "Bataclan"".

(APA/DPA Sebastian Kunigkeit)

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