Pop

Unsere Alben des Jahres 2016

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"Die Presse"-Popkritiker und Kulturredakteure küren ihre fünf Lieblingsalben des Jahres. An der spitze stehen Anohni, Blood Orange und Beyoncé.

Die Top 5 von Samir H. Köck

1. Leonard Cohen: „You Want It Darker“ (Sony Music)

Trotz lebenslanger Depression könnte man sich kein geglückteres Leben als jenes von Leonard Cohen vorstellen. „I was fighting with temptation, but I didn´t want to win“ singt er dann auch auf seinem 14. Album, seinem berückend schönen Abschied von dieser Welt.

2. Devendra Banhart: „Ape In Pink Marble“ (Nonesuch)

Das neunte Album des kalifornischen Genies ist ein Kaleidoskop melancholischer Stile zwischen Glam, Folk und Bossa Nova. Sogar ein bisschen Japan ging sich aus. Lieder über das Gespenst des Todes und heutige Männlichkeit.

3. Van Morrison: „Keep Me Singing“ (Caroline)

Auf seinem 36. Studioalbum veredelt Van Morrison seine ewige Melancholie sanfter als zuletzt. Die Szenarien spielen sich meist zwischen „the dusk and the dawn“, also in dunkler Nacht, ab. Das ist die ideale Zeit für haltlose Innenschau.

4.   Prince: „HitnRun Phase 2“ (NPG)

Mit seinem letzten Projekt „HitnRun Phase“ 1 & 2 zeigte sich Prince ein letztes Mal in bestechender Form. Abseits von sexueller Obsession und mitfühlender Sozialkritik sind in diesem musikalischen Vermächtnis Spuren hippiesken Idealismus und religiöser Sehnsucht zu entdecken. Und Ohrwürmer galore.

5.   Michael Kiwanuka: „Love & Hate““ (Polydor)

Vier Jahre hat er sich Zeit gelassen, um seinem umjubelten Debüt ein wahres Meisterwerk folgen zu lassen. Die neue klangliche Vielschichtigkeit entspricht viel besser Kiwanukas komplizierten Gefühlen als die frühere Folk-Soul-Geradlinigkeit à la Bill Withers.

Die Top 5 von Maciej Palucki

1. Moderat: „III“

Bestes Album und gleichzeitig bestes Wien-Konzert 2016 (Open-Air in der Arena). Teil drei der - formidablen - Moderat-Trilogie ist pulsierend, fragil, so stringent war noch kein Album der Berliner.

2. Frank Ocean: „Blonde“

Vier Jahre nach dem Meisterwerk "Channel Orange" mussten wir auf ein neues Album warten. Es hat sich ausgezahlt. Neo-Soul, Future-Rap, wie auch immer man es auch nennen mag. Es ist wieder ein Triumph.

3. David Bowie: „Blackstar“

Das 25. und letzte Album des großen, nein, des Größten überhaupt. 2 Tage später starb Bowie.  Jazzig, experimentell und selbstreferentiell. "Lazarus" ist der musikalische Epitaph für den Mann, der vom Himmel fiel.

4. A Tribe Called Quest: „We Got It From Here …“

Das Comeback des Jahres mit einem starken Statement gegen Intoleranz ("We The People") und Elton John am Piano. Leider konnte Phife Dawg den Release nicht mehr erleben. Der Rapper starb einige Monate vorher.

5. Mitski: „Puberty 2“

Die New Yorkerin Mitski liefert mit ihrer vierten LP "Puberty 2" das abwechslungsreichste Indie-Album des Jahres ab. Düster, krachend, bunt, verträumt. Wie der Soundtrack zu "Bojack Horseman". Oder "Adventure Time".

Die Top 5 von Holger Fleischmann

1. Blood Orange: „Freetown Sound“

Reflexionen über Rassismus, Migration, Religion und Identität, die musikalisch uneingeschränkt überzeugen: Dev Haynes verbindet auf seinem dritten Album als Blood Orange die Coolness von New Wave mit Funk, Dance-Pop und R'n'B zu luxuriös klingenden, zumeist lebensbejahenden Songs.

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2. Angel Olsen: „My Woman“

Die US-Songwriterin Angel Olsen wollte mit ihrem dritten Album das Bild des "sad country girl" abstreifen. Es ist ihr mit Bravour gelungen: Zwischen rastlosen Gitarrenpop, Girl-Group-Drama, Rock und sehnsüchtigen Synthesizerklängen entfesselte sie nicht zuletzt dank ihrer bald intimen, bald kraftvollen Stimme verlässlich Emotionen.

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3. Solange: „A Seat at the Table“

„I do, I do“, antwortet R'n'B-Sängerin Solange Knowles im Song „Weary“ auf die Frage „Do you belong?““. Darum geht es auf diesem Album: Um die Kämpfe, die schwarze Frauen anno 2016 um ihren Platz in der Gesellschaft immer noch führen müssen. Ihr Wehklagen bettet die jüngere Schwester von Beyonce in sanft fließende Soul- und R'n'B Songs, die nie verbittert klingen. Ein kraftvolles Manifest voll sehnsüchtige Streicher wie aus den frühen Siebzigern und futuristisch ratterndem Funk.

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4. Chance the Rapper: „Coloring Book“

Trotz bisweilen harter Themen verströmte Chance the Rapper positive Vibes: Einige Stücke, die der Rapper aus Chicago mit der Kraft des Gospels beflügelte, sorgten für dringend benötigte Feelgood-Momente im schweren Jahr 2016.

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5. Anohni: „Hopelessness“

Die Künstlerin, die vormals als Antony Hegarty mit herzerwärmenden Kammerpop begeisterte, überraschte mit einem durch und durch politischen Dance-Album über Drohnenkrieg, IS-Terror und Klimapolitik.

Die Top 5 von Heide Rampetzreiter

1. Beyoncé: „Lemonade“

Vom vielstimmigen „Pray you catch me“ bis zum formidablen „Formation“: Beyoncé hat mit „Lemonade“ ein starkes Album (samt Musikfilm) vorgelegt, das über R&B hinausgeht und von Allzumenschlichem erzählt, von Eifersucht, Betrug und dem fortwährenden Kampf um einen Platz in dieser Welt. Den kämpfen sogar Stars in glitzernden Designerroben.

2. Bon Iver: „22, A Million“

Das dritte Album des Indie-Stars macht es einem mit Stör-Sounds und Fragmentarischem nicht leicht. Genau – und wiederholt – zuhören lohnt sich, dann entfaltet sich die Schönheit dieser Songs, die man sich von den Vorgängern „For Emma, Forever Ago“ und „Bon Iver“ kennt. Vocoder-Intoleranz darf man freilich keine haben.

3. Mystery Jets: „Curve of the Earth“

Hallentauglicher Indie-Pop: Das britische Quintett scheut sich auf seinem fünften Album nicht vor großen Gesten. Mit nur neun mit Symthies und elektronischen Tupfern versehenen Songs wirkt „Curve of the Earth“ zwar kurz, ist insgesamt aber ein stimmiges Gesamtkunstwerk.

4. James Blake: „The Colour in Anything“

Es sind die leisen Töne und die langsamen Beats, die trotzdem nie langweilig werden, mit denen James Blake so fesselt. Mit Justin Vernon (Bon Iver) und Kanye West hört man auch prominente Stimmen. Ein einlullendes Klanggewebe in Gautönen.

5. Blood Orange: „Freetown Sound”

Der Name des Albums bezieht sich auf Freetown, Sierra Leone. Von dort stammt der Vater von Dev Hynes alias Blood Orange. Wie im besten Wortsinne ist der Klang dieses Albums frei: Symthesizer, Gesang, Sprechstücke, Gitarre, Trommeln ... alles klingt!

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