Pop

Soul aus dem Land der Kuckucksuhren

Max Mutzke.
Max Mutzke.(c) imago/Future Image
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Max Mutzke bewies im Porgy & Bess, dass es auch so etwas wie deutschen Soul geben kann.

Der Mann kommt aus dem Schwarzwald, der Klang der Kuckucksuhr (die auch in seinen Videos vorkommt) hat seine Kindheit geprägt. Auch äußerlich ist Max Mutzke von beruhigender Durchschnittlichkeit. Das schütter werdende Haupthaar bedeckt er mit einer karierten Mütze. Und lässt man ihn ein wenig reden, brabbelt er viel politisch korrektes Zeug, obwohl eigentlich das Zwischenmenschliche in allen Facetten sein Thema ist: Er kann über die Liebe singen, als hätte er die Wirklichkeit nie kennengelernt, idealistisch bis zur Selbstverleugnung.

Und doch ist da ein Riss. Vom Punk kommend, wühlte er sich tief in die Ausdrucksformen von Jazz und Soul hinein, ohne sich letztlich für eines der Genres zu entscheiden. Auch sprachlich ist er gespalten. Noch nach sechs Studioalben kann er sich nicht entscheiden, ob er Deutsch oder Englisch singen soll. So praktiziert er beides, obwohl das karrieretechnisch eigentlich ein No-go ist.

Aber was heißt das schon bei jemandem, der von Stefan Raab entdeckt wurde? Obwohl sich Mutzke künstlerisch gut entwickelt und zuletzt ein grandioses Album mit der NDR Radiophilharmonie vorgelegt hat, ist das von Raab komponierte „Can't Wait until Tonight“, eine klassische 2-Step-Soul-Nummer, sein bislang größter Hit. Ihn wollte er verständlicherweise live rasch abarbeiten. Er tat es nicht so rüde wie Roberta Flack, die bei ihrem jüngsten Auftritt in Wien ihr „Killing Me Softly“ brutal als Opener präsentierte. Nein, Mutzke startete mit dem treibenden „Love Before“, brachte in Balladen wie „Marie“ seine Stimme auf Betriebstemperatur. Dann aber war der große Hit von 2004 an der Reihe: Jetzt ging es so richtig auf die Hochschaubahn der Gefühle, und Mutzke variierte seine Stimme reizvoll. Das geheimnisvolle „Ich ohne dich“ betörte genauso wie die Feuerzeugballade „Schwarz auf weiß“, die er einst bei einem Ferialjob in einem Kieswerk komponiert hat.

Mittlerweile komponiert Mutzke perfekt im Idiom des amerikanischen Soul. Und er singt ihn drängend wie kein anderer Deutscher. Auch im Covern ist er souverän: Bei „Empire State of Mind“ von Alicia Keys geriet das Publikum an den Rand zur Raserei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2017)

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