Pop

Lady Gagas subtile Zwischentöne

Singer Lady Gaga performs during the halftime show at Super Bowl LI between the New England Patriots and the Atlanta Falcons in Houston
Singer Lady Gaga performs during the halftime show at Super Bowl LI between the New England Patriots and the Atlanta Falcons in Houston(c) REUTERS
  • Drucken

Der spektakuläre Auftritt beim Super Bowl von LadyGaga geriet nicht zum Protest gegen Trump. Eine Botschaft hatte die Sängerin dennoch – für all jene, die genau hinhörten.

Stimmt schon, gesagt hat Lady Gaga auf der Bühne nichts. Sie ließ nur ihre Lieder sprechen, während sie in der Halbzeitpause des Super Bowl durch das NRG-Stadion in der texanischen Metropole Houston schwebte. Und dabei in silbernem Langarmbody, kniehohen Stiefeln und aufwendigem Augenschmuck um die Wette glitzerte mit den vielen Drohnen, die den Himmel erleuchteten. Schon kurz nach dem gut zehn Minuten langen Show-Medley war allerdings Folgendes zu beobachten: Lady Gaga erntete in den sozialen Netzwerken synchron Lob und Kritik dafür, weil sie nicht explizit Stellung gegen US-Präsident Donald Trump bezogen hatte, obwohl sie, die im Wahlkampf Hillary Clinton unterstützte, das im Vorfeld angekündigt hatte. Auf Twitter schrieben manche erleichtert: „Danke Gott, dass Lady Gaga nicht politisch geworden ist.“

Genau hingehört haben sowohl die Applaudierer wie die Kritiker nicht. Das musste man aber in dieser überladenen Halbzeitpause des Football-Finales, das überraschend die New England Patriots gewannen (siehe Seite 11). Zwischen dem patriotischen Kitsch und den traditionell superlativen Werbungen, die Marken wie Coca-Cola, Budweiser oder Baumarktketten eigens für das Sportereignis produzieren. Denn Lady Gaga hat Trump in dieser Nacht zwar mit keiner Silbe erwähnt, aber sehr wohl eine Botschaft überbracht.

Ihren Auftritt eröffnete sie mit den zentralen Zeilen aus der Hymne „God Bless America“ und knüpfte direkt daran den Folk-Protest-Klassiker „This Land is Your Land“ von Woody Guthrie. Ein Lied, das auch bei den zahlreichen Märschen gegen Trump und für Frauenrechte immer wieder gesungen wird. Außerdem ist erst seit etwa einem Jahr bekannt, dass Guthrie mit seinem Song „Old Man Trump“ den offenen Rassismus von Donald Trumps Vater, dem Immobilienmogul Fred Trump, anprangerte. Lady Gaga weiß das sicher. Ihr kleines patriotisches Medley beendete sie mit dem Treueschwur auf die US-Flagge („Pledge of Allegiance“). Sie nahm die wichtigste Passage heraus – „one Nation under God, indivisible, with liberty and justice for all – und ihre deutliche Betonung des Wortes „all“ ließ keinen Zweifel daran, dass dieser Satz eine Mahnung an den neuen Präsidenten sein sollte.

Gleichheitshymne „Born This Way“

Nach diesem doppelbödigen Auftakt flog sie auf die Bühne in die Mitte des Stadions herab und brachte ebenso atemlos wie kraftvoll ihre bekanntesten eigenen Hits – von „Pokerface“ bis „I Want Your Love“ und „Bad Romance“ – in einer perfekt einstudierten Choreografie dar. Und auch hier kam noch eine nur für Aufmerksame entschlüsselbare Botschaft. Ihren Song „Born This Way“ konnte man nämlich als gezielten Kinnhaken gegen den im Stadion anwesenden Vizepräsidenten, Mike Pence, verstehen, einen der schärfsten Kritiker der Gleichstellung von schwulen und lesbischen Menschen. Das Lied gilt als Hymne der LGBT-Bewegung, also lesbischer, schwuler, bi- und transsexueller Menschen; und generell als Ode auf das Anderssein in jeder Form, was besonders diese Stelle zeigt: „Whether you're broke or evergreen/You're black, white, beige, chola descent/You're Lebanese, you're orient/Whether life's disabilities/Left you outcast, bullied, or teased/'cause baby you were born this way.“ Schwer zu glauben, dass Lady Gaga bei der Zeile mit den „Disabilities“ nicht auch Trump im Kopf hatte. Während des Wahlkampfs hatte er sich mehrfach über Menschen mit Behinderung lustig gemacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.