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Neue Welle aus den Achtzigern: Flut spielen auf der Seebühne

Manuel Hauer, Sebastian Voglmayr, Johannes Paulusberger, Florian Voglmayr und Jakob Herber (v. l.) sind Flut. So heißen sie übrigens, weil das kurz ist und gut klingt. Wie Hund, nur schaue Flut geschrieben schöner aus, so Paulusberger.
Manuel Hauer, Sebastian Voglmayr, Johannes Paulusberger, Florian Voglmayr und Jakob Herber (v. l.) sind Flut. So heißen sie übrigens, weil das kurz ist und gut klingt. Wie Hund, nur schaue Flut geschrieben schöner aus, so Paulusberger.(c) Florens Kosicek
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Man handelt sie als nächste Pop-Sensation aus Österreich, dabei will die Band Flut vom Hype nichts wissen. Am Freitag spielt sie am Karlsplatz.

Die 80er-Jahre sind zurück. Auch auf dem Karlsplatz. Kurzfristig zumindest. Wenn da, während davor die Bühne fürs Popfest aufgestellt wird, fünf junge Burschen sitzen, zwei tragen lange schwarze Mäntel, andere Goldketterln, Jeansjacken, wilde Muster. Und erzählen, was sie am Freitag hier so vorhaben: Zwei Türme aus alten Röhrenfernsehern sollen ihre Bühne flankieren, darauf ihre Visuals. Und dabei setzen die fünf streng analog auf körnige VHS-Ästhetik statt High Definition. Gnadenlos Retro, von der Musik – Vocoder, Synthesizer, deutsche Texte, Veröffentlichung auf Kassette (das klinge druckvoller, wärmer, echter, sagen sie) – bis zu Outfits, mit denen man sich vor ein paar Jahren bloß auf Eighties-Bad-Taste-Partys getraut hätte.

Jetzt trägt man das wieder so, und Flut gelten mit ihrem unkonventionellen Sound, ihrer Hit-Single „Linz bei Nacht“ (unter anderem Nummer eins auf FM4) als so etwas wie die große neue Nummer in der Welt der jungen, experimentierfreudigen Musik aus Österreich. Flut erleben mit ihrem düsteren Eighties-Pop einen unerwarteten Höhenflug, am Freitag spielen sie als Headliner des Abends beim Popfest.

Flut, das sind fünf Musiker aus dem tiefsten Oberösterreich, vier davon, zwei sind Brüder, stammen aus dem Innviertler Ort Andorf nahe Schärding. Wie kommt man dort, als Kind der Neunzigerjahre, drauf, derart den Achtzigern zu huldigen? Begonnen hat das mit einem VHS-Rekorder, mit dem sie analoge Filme gedreht haben und sich in die Ästhetik der Achtziger verliebten. Es gehe um Nostalgie, sagt Sänger Johannes Paulusberger. Vor allem aber um das Gefühl, es sei „Musik, wie wir sie uns wünschen, für uns gab es da viel zu entdecken“. Vielleicht auch, weil man diese Musik so nur verherrlichen kann, wenn man die Achtziger nur aus zweiter Hand kennt?

Oder wenn man weit in der Provinz, weitgehend auf sich gestellt, vor sich hin werkt. „Wo wir herkommen, das ist kulturelles Brachland. Da gibt es fast nichts“, sagt Florian Voglmayr, aber das habe den Vorteil, „dass man nicht in der Wiener Blase drin ist, wir konnten uns ganz auf die Musik konzentrieren, auf das Gefühl“ – ohne mit einer Szene abzustimmen, wie das gerade ankommt. Mittlerweile ist das anders, die Band lebt heute großteils in Wien, dreht ihre Videos nach wie vor selbst, aber an der EP „Nachtschicht“ haben mit Produzent Patrick Pulsinger oder dem Label Problembär Records Größen der Wiener Musikwelt mitgewirkt.

Schließlich passen Flut, ihr unkonventioneller Sound, die Geschichte von den Burschen vom Land, perfekt in den Hype um Musik aus Österreich, der dieser Tage auch in Deutschland gefeiert wird. Fast überflüssig, den Vergleich zu Bilderbuch und Wanda zu ziehen, und auch die fünf von Flut hören das Wort Hype gar nicht gern.

Surrealer Rummel

„Als wir nach Wien gezogen sind, ist das ein wenig auf uns eingebrochen“, sagt Manuel Hauer. „Die Leute waren begeistert, jeder hat gesagt: Ihr schafft es, das wird ganz groß. Die Vorstellungen waren surreal“, ergänzt Paulusberger. „Bei uns ist der Hype aber eh vorbei“, sagt er, spricht die Zeit im Frühjahr an, als die EP herauskam, inklusive Tourstopps in Hamburg oder Berlin.

„Da muss man aufpassen, viele wollten uns einen Lorbeerkranz aufsetzen, aber das ist alles sehr momentan.“ Vielleicht gehe es so weiter, vielleicht nicht. „Einmal ist man oben, dann ist man halt auch nur wer, der einmal irgendwas gemacht hat.“ Im Sommer stehen nun einige Konzerte an, zwischendurch geht es in ihre alte „Kreativzelle Andorf“: Zum Proben, Schreiben, Experimentieren – und damit irgendwie auch zurück in die Achtziger.

PROGRAMM

Das Popfest läuft von Donnerstag bis Sonntag am Karlsplatz. Am Eröffnungsabend spielt als Hauptact auf der Seebühne das Reggae/Dancehall-Duo Mono & Nikitaman. Am Freitag treten u. a. Flut, der Nino aus Wien und Bluatschink auf, am Samstag Mother's Cake, Ankathie Koi und Kaiser Franz Josef. Am Sonntag wandert das Festival in die Karlskirche, u. a. mit Maja Osojnik. Neben der Seebühne werden u. a. der TU-Kuppelsaal und das Wien Museum bespielt.

Web:www.popfest.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2017)

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