Pop

Souad Massi: Lieder der Liebe mitten im Krieg

Die grandiose Sängerin beim Festival Salam Orient.

Die Simplizität ihrer Musik, die Melancholie ihrer dunklen Stimme und ihre Schönheit machen sie zur „Françoise Hardy des Maghreb“. Souad Massi, als Tochter kabylischer Eltern in einem Außenbezirk von Algier aufgewachsen, kam über das Schreiben von Gedichten zum Liederschreiben. Sie probierte einiges zwischen Hard Rock und Flamenco, landete bei arabisch gesungenen Balladen. Weil es sich für sie nicht richtig anfühlte, in einem Land zu singen, in dem die Menschen wegen eines endlosen Bürgerkriegs leiden, ging sie nach Frankreich.

Massi ist seit ihrem 2003 aufgenommenen Album „Deb“ ein internationaler Star der Weltmusikszene. Jetzt kam die sonst in viel größeren Sälen auftretende 45-Jährige erstmals ins intime Porgy & Bess. Zu den anmutigen Saitenstreicheleien ihres jungen Gitarristen Mehdi Dalil meditierte sie sich zunächst in Szenen ihrer Kindheit. Sie beschwor die Notwendigkeit permanenter Improvisation als Folge des Mangels aller Art. Der weißhaarige Perkussionist Rabah Kalfra konterkarierte das Wehe in Massis Gesang mit munteren Polyrhythmen.

Köstlich schwarzgallig

Mit Hingabe spazierte sie durch die Melancholie ihrer Lieder, ermöglichte den Mitspielern aber auch lebensfroh groovende Einschübe. „Hayati“ war ein Highlight an köstlicher Schwarzgalligkeit. Und natürlich das lange Liebesbekenntnis „Ghir Enta“, bei dem das Publikum den Chor übernahm. Flotter ging sie es im anmutigen „Talite Elbir“ an. Höchst reizvoll kippte ihre Stimme bei „Ya Kelbi“ („Oh, My Heart“) ins Helle. Dem Glück misstraut sie ja oft, bleibt lieber in dessen Schatten. Politisch wurde Massi mit „Ayna“, einem von ihr vertonten Gedicht des irakischen Poeten Ahmed Mattar. Standing Ovations!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2017)

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