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Xavier Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden

Xavier Naidoo beim 25 Blue Balls Festival in Luzern.
Xavier Naidoo beim 25 Blue Balls Festival in Luzern.(c) imago/imagebroker (imageBROKER/Oliver Gutfleisch)
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"Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar," hatte die Referentin einer Stiftung über den Sänger gesagt. Die Richterin sah nicht genügend Belege für den Vorwurf.

Bereits seit Jahren sorgen Aussagen des deutschen Popstars Xavier Naidoo (46) immer wieder für Aufregung. Wobei er sich stets wehrt, wenn er für seine Worte oder Textzeilen angegriffen wird. Vor zwei Jahren, als in Deutschland über seine Teilnahme beim Song Contest diskutiert wurde, etwa mit den Worten: "Wenn es eine Demokratie nicht aushält, dass ein kleiner Sänger aus Mannheim sein Maul aufmacht, dann ist die Demokratie auch nichts wert." Der Gedanke, dass mit der Politik so einiges nicht stimmt, dass dunkle Mächte im Hintergrund arbeiten und Politiker nur Marionetten sind, findet sich bei ihm übrigens wiederholt.

Nun setzte der Sänger der Band Söhne Mannheims sich vor Gericht gegen Antisemitismus-Vorwürfe zur Wehr - und zwar wie erwartet erfolgreich. Die Referentin der der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, darf Xavier Naidoo nicht mehr als Antisemiten bezeichnen, wie das Landgericht Regensburg entschied. Sie habe diesen Vorwurf nicht ausreichend belegen können, sagte die Richterin Barbara.

Im vergangenen Jahr hatte die Referentin in Straubing vor Publikum gesagt, es sei  "strukturell nachweisbar", dass der Sänger Antisemit sei. Naidoo hatte sich in der Verhandlung vor drei Wochen einerseits auf die Kunstfreiheit berufen und andererseits betont, dass er sich gegen Rassismus einsetze.

Den Vorwurf antisemitischer Ressentiments wies er im Gerichtssaal zurück. Sein Sohn trage zudem einen hebräischen Namen. Die Beklagte hatte dargelegt, dass Naidoo in seinen Liedtexten auch antisemitische Codes und Chiffren verwende. Diese seien ihm nicht bekannt, hielt der Musiker dagegen. Zur Sprache kamen bei der Verhandlung unter anderem diese Liedzeilen aus dem Song "Raus aus dem Reichstag" von 2009:

»"Wie die Jungs von der Keinherzbank, die mit unserer Kohle zocken
Ihr wart sehr, sehr böse, steht bepisst in euren Socken
Baron Totschild gibt den Ton an, und er scheißt auf euch Gockel
Der Schmock ist'n Fuchs und ihr seid nur Trottel"«

Xavier Naidoo

Was steckt also hinter den Anspielungen auf die deutsch-jüdische Bankiersfamilie Rothschild, unter Antisemiten seit langem Sinnbild dunkler jüdischer Machenschaften? Vor Gericht behauptete Naidoo, das Lied sei eine "Bankenkritik", zu dem ihn die Finanzkrise von 2008 inspiriert habe.

Der Vorwurf, ein Antisemit zu sein, greife in Naidoos Persönlichkeitsrecht ein, zudem sei bei dem Sänger der Schutz der Kunstfreiheit zu berücksichtigen, erläuterte die Richterin. Die Beklagte könne sich auf das Recht auf Meinungsfreiheit berufen, jedoch wiege hier das Recht auf Schutz der Persönlichkeit schwerer.

In ganzer Person ein Antisemit?

Der Satz "Er ist Antisemit" sage, dass Naidoo in ganzer Person ein Antisemit sei - über die zitierten Liedtexte hinaus. Das habe die Beklagte nicht ausreichend belegen können. Der Sänger dagegen habe sich glaubhaft von der Verwendung antisemitischer Ressentiments und Codewörter in seinen Texten distanziert.

Die Richterin betonte, dass das Gericht nicht beurteilt habe, ob die Texte von Naidoo antisemitisch sind oder nicht. "Man kann ihn nicht festlegen." Aber: Er habe die Texte anders verstanden haben wollen, und seine Distanzierung sei glaubwürdig gewesen. Antisemit zu sein, sei in Deutschland ein "sehr grober Vorwurf", die Beklagte habe diesen zu unterlassen. Gegen das Urteil ist eine Berufung möglich.

(red.)

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