Harvest-of-Art-Festival: Subtiler Indie-Pop

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HarvestofArtFestival Subtiler IndiePop(c) EPA (SEBASTIAN KAHNERT)
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In Wiesen begeisterten die Arctic Monkeys, Bloc Party und Get Well Soon bis zum Triumph. Der ätherische deutsche Sänger Konstantin Gropper beeindruckte mit Finesse und Nonchalance.

„Favourite Worst Nightmare“, der Titel ihres zweiten Albums ließ schon darauf schließen, dass sich die Arctic Monkeys ambivalente Gefühlslagen zum Habitat auserkoren haben. Gern stochern sie dort herum, wo sich andere unwohl fühlen. Aber sie haben auch ein Herz fürs Posing, wenn es aus der Not geboren ist. Der gefeierte Sänger und Lead-Gitarrist Alex Turner betätigte sich schließlich auch als Barmann. Lang hat er Pints gezapft und sie u.a. dem Singer-Songwriter-Kollegen Richard Hawley vor die Nase gestellt.

Offenbar hat man viel Herz, wenn man aus dem nordenglischen Sheffield kommt. Das bestätigte der robuste Song „Teddy Picker“. „We are defenders of any poseur or professional pretender around“ hieß es da charmant. Begonnen haben die Arctic Monkeys ihr erstes Headliner-Set beim Harvest-of-Art-Festival mit „Do I Wanna Know?“, der ersten Auskoppelung ihres im August erscheinenden neuen Albums „AM“. Der Song ist so eingängig, dass er eigentlich zum ersten Single-Hit dieser zu Recht so gehypten Band werden könnte. Vier Alben haben sie bislang herausgebracht, alle katapultierten sich auf Platz eins der britischen Charts.

So stromlinienförmig dieses „Do I Wanna Know?“ musikalisch auch war, so schwierig waren die Gefühlslagen, von denen da die Rede war. Es ging um jenen heiklen Moment, in dem sich entscheidet, ob aus einer Affäre eine Beziehung wird. „Do I wanna know, if this feeling floats both ways?“, zweifelte Sänger Alex Turner. Die Kombination aus rauer Kehle und Knopfaugen erwies sich als äußerst publikumswirksam. Obwohl die Menge nach dem grandiosen Auftritt von Bloc Party schon erschöpft schien, ließ sie sich durch grandiose Songs wie „Dancing Shoes“ und „I Bet You Look Good On The Dancefloor“ auf neue Energielevels katapultieren.

Gemütlich gemacht in der Biederkeit

Mit dem auf einem fröhlichen Groove schaukelnden „Fluorescent Adolescent“ nahmen die Arctic Monkeys jene Sorte Fräuleins auf die Schaufel, die es sich nach einigen wilden Jahren mittels eines Deus ex Machina namens bürgerlicher Heirat fortan in der Biederkeit gemütlich machen. „Remember when the boys were all electric“ ätzte Turner süffisant. Für den rechten Ausklang aus all dem herrlichen Tosen sorgten beherzte, halb akustische Songs wie „Cornerstone“ und „When The Sun Goes Down“.

Das Terrain für den Triumph der Arctic Monkeys hatten zuvor Bloc Party mit Partyknallern wie „Banquet“, „Flux“ und „Helicopter“ souverän vorbereitet. Mit „Rapture“ stellten sie einen neuen hitverdächtigen Song auf polyrhythmischer Grundlage vor. Während Kate Nash mit ihrer All-Girls-Rockband alle enttäuschte, die vielschichtige Popsounds erwarteten, erfüllten Get Well Soon die hohen Erwartungen locker.

Der Kopf der Gruppe, der seltsam ätherisch wirkende Konstantin Gropper, spazierte mit Nonchalance durch seine komplizierten Songszenarien. Eine feine Trompete verzierte das sphärische „Let Me Check My Mayan Calender“, zarte Pauken und süße Keyboardschlieren das „Oh My! Good Heart“. Dieser Mann kennt keine Furcht vor Prätention. Die Finesse von „Seneca's Silence“ beeindruckte genauso wie das von Nietzsches Ideen gespeiste „We Are Ghosts“. Konstantin Gropper, was für eine sublime Erscheinung am Firmament des deutschen Pop!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2013)

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