Arcadia: "Den Österreichern die Wertigkeit geben, die sie verdienen"

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arcadia live(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Heuer mischt das österreichisch-deutsche Joint Venture Arcadia Live am Festivalmarkt mit. Geschäftsführer Filip Potocki über das neue Projekt Nuke, Mitbewerber und österreichische Musik.

Arcadia ist 2014 mit dem "Hip Hop Open Austria" ins Festivalbusiness eingestiegen. Weshalb gerade ein Rap-Festival?

Filip Potocki, Arcadia Live: Weil es das in einem solchen Rahmen und der Größenordnung noch nicht bei uns gab. Große US-Acts gemeinsam mit österreichischen und deutschsprachigen Acts auf eine Bühne zu stellen - die Idee und das Konzept unseres „großen Festivalbruders“ in Stuttgart hat uns sehr gefallen. Das Naheverhältnis zu 0711 in Stuttgart hat uns da sicher geholfen. Die machen das Mixery HipHop Open seit 2000 in Stuttgart und inzwischen ist es eines der wichtigsten HipHop Festivals in Europa. Es war naheliegend, das zu bündeln, uns an Stuttgart anzuhängen und Synergien und Expertise zu nutzen und auszutauschen.

Wie fällt die wirtschaftliche Bilanz aus?

Finanziell ist das Ganze auf jeden Fall noch ausbaufähig. Aber es war eben unsere Feuertaufe und wir sehen das erste Festivaljahr als Aufbau. Dieses Jahr geht es weiter und wir hoffen natürlich, dass es am Ende ein wenig erfolgreicher wird. In den nächsten zwei bis drei Jahren das Ganze auch wirtschaftlich zu festigen, das wäre unser mittelfristiges Ziel.

Rap-Legende Nas wurde bei der ersten Ausgabe umjubelt. Der Ko-Headliner Left Boy hat, sagen wir mal vorsichtig, polarisiert. Hat der Act zu einem strictly Rap-Aufgebot gepasst? War es ein Fehler?

Uns ist ganz wichtig, alle Facetten des Begriffes „Hip Hop“ abzudecken. Hip Hop hat sich in den letzten Jahren in viele Richtungen geöffnet, u.a. auch in den Bereich Pop und dafür ist Left Boy wohl eines der besten Beispiele.
In Deutschland spielt er auf den großen Festivals wie dem "Splash!“ gute Slots. Dort weht ihm ein anderer Wind, als in Wien, entgegen. Ein weiterer Aspekt: Left Boy ist ein österreichischer Act ist und einen solchen als Co-Headliner zu gewinnen, war uns wichtig. Gleiches ist uns auch beim Nuke Festival wichtig, wo wir mit Parov Stelar, Bilderbuch, Wanda und auch Olympique Österreichern prominente Slots auf der Festivalbühne geben. Wir sehen es im Nachhinein keinesfalls als Fehler, dass Left Boy unser Co-Headliner war. Dass die Reaktion des Publikums so stark ausfällt, hat uns natürlich auch berührt und wir hätten uns etwas mehr Offenheit des Publikums gewünscht. Umso wichtiger war es, dass Left Boy die Show fast ganz durchgezogen hat.

Kann man mit heuer, mit deutschen und österreichischen Acts, den Break Even erreichen oder kommt noch was im Lineup?

Natürlich kommt da noch etwas: Wir haben dieses Jahr auf den HipHop Open Austria mit A$AP Rocky wieder einen amerikanischen Headliner, der seine Österreichpremiere bei uns feiern wird. Letztes Jahr hatten wir mit NAS eine Oldschool-Legende, heuer setzen wir auf einen Act, der sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Rapper etabliert hat. Hinzu kommt mit ASD (Afrob & Samy Deluxe) als Co-Headliner dann ein echter Deutschrap Oldschool Act. Dazu kommen mit The Underachievers, Yarah Bravo und Remi drei weitere super gute internationale Künstler. Aber auch deutschsprachige Acts kommen mit ASD (Afrob & Samy Deluxe), Megaloh und Prinz Porno wieder nicht zu kurz. Und mit Joshi Mizu haben wir auch einen echten Wien-Rudolfsheimer am Start. Wichtig war uns auch, dass wir dieses Jahr eine Künstlerin, Yarah Bravo, im Line Up haben.

Zum Break Even: aufgrund des hochkarätigen Line Ups werden wir mit März die Ticketpreise erhöhen müssen. Je bunter, internationaler und größer das Line Up ist, desto höher die Fixkosten und letztendlich auch die Ticketpreise. Momentan gibt es noch günstigere Karten.

Früher assoziierte man Arcadia fast ausschließlich mit Indie-Rock. Man hat ein wenig den Eindruck, dass Ihr im richtigen Moment auf den Rap-Zug aufgesprungen seid. Beschäftigt ihr auch einen Trendscout?

Diese Entwicklung ist lustig, weil ich meine Bookerkarriere vor ca 10 Jahren Jahren mit HipHop-Partys begonnen habe. Manchmal hat man Glück und ein gutes Näschen und ist rechtzeitig dran, wie im Fall von Cro. Da hat uns Marvin Strauss (Anm. ein Arcadia-Mitarbeiter) als erster Cro-Videos gezeigt und uns hat das so gefallen, dass wir dachten, hey, das probieren wir mal. Wenn dann ein paar Jahre die Stadthalle voll ist, weiß man, dass man da wohl etwas richtig gemacht hat.

Neben dem HipHop Open Austria veranstaltet ihr heuer erstmals das Nuke Festival, eine bekannte Marke, die nun von Arcadia Live reanimiert wird. Wie sieht es mit dem Namensrecht aus?

Die Namensrechte liegen bei Norbert Bauer (Anm. Warehouse St. Pölten). Wir veranstalten das Nuke in Kooperation mit ihm und sind für das Programm verantwortlich.

Wäre nicht ein Festival mit dem Namen Arcadia einfacher?

Das kann man sicher nicht so pauschal sagen. Dass das mit dem Nuke Festival nun so schnell ging, hat sich nun so ergeben. Faktoren, wie die Verfügbarkeit des Line Ups haben da natürlich auch mitgespielt.

Es ist vor allem beim Nuke, dass ihr erstmals veranstaltet, auffallend, dass ihr neben Cro und Seeed auf österreichische Bands setzt. Parov Stelar, Bilderbuch oder die "hauseigene" Band Olympique - Weil sie leistbar sind, oder ist es es euch ein Anliegen, heimische Acts zu unterstützen?

Die Leistbarkeit spielt hierbei keine so große Rolle. Ein Act wie Parov Stelar ist aufgrund seines internationalen Erfolges und der Größe der Band ja nicht spottbillig, bloß weil er aus Linz kommt. Den Österreichern die Wertigkeit zu geben, die sie verdienen, war uns ein großes Anliegen. Bilderbuch und Wanda sind z. B. Bands, die in den letzten Jahren und Monaten so viel für österreichische Musik getan haben, wenn man sich die Wahrnehmung im Feuilleton von hier über ganz Deutschland ansieht. Mit der Parov Stelar Band, Wanda, Olympique, Bilderbuch und Mono & Nikitaman als halb-österreichischem Acts, ist die Hälfte unseres Line Up’s mit heimischen Bands besetzt. Das freut uns natürlich sehr.

Mit Skalar gibt es einen Mitbewerber, der seit Jahren den Markt dominiert. Bilderbuch haben Skalar in einem "Falter"-Interview als "Mafia" bezeichnet ...

Wenn Bilderbuch oder deren Sänger, das dem Falter so sagen, ist das die Meinung von Bilderbuch. Wir möchten uns auf so etwas sehr bewusst heraus halten und uns auf uns selbst konzentrieren. Unser Hauptaugenmerk liegt derweil auf unseren Shows und darauf, einen guten Job abzuliefern. Bis jetzt haben wir, in dieser Größenordnung, noch gar nichts veranstaltet. Das HipHop Open Austria war ein eher kleines Festival, das Nuke Festival ist eine Hausnummer größer und das ist gerade Zentrum von Arcadia Live.

Beim Nuke Festival stehen Bilderbuch aber nicht ganz oben. Wäre es nicht konsequent oder "anders", um Sie zu zitieren, sie als Headliner spielen zu lassen?

Es spielen viele Faktoren eine Rolle, welchen Slot man welchem Artist gibt. Klar, sind sie derzeit die österreichische Band schlechthin. Auf der anderen Seite spielen sie heuer dreimal in Graz. Seeed hat schon lange nicht mehr in Österreich gespielt haben. Dem muss auch Rechnung getragen werden.

Headliner sind Seeed und Cro. Mit letzterem verbindet Euch eine besondere Beziehung. Ihr habt ihn vor drei Jahren ins B72 geholt. 2014 spielte er vor 10.000 Menschen in der Stadthalle. Der größte kommerzielle Erfolg? Verbindet Euch mit Cro eine Freundschaft?

Ja, muss man so sagen. Das ist sicher eine verwobene Entwicklung. Cro als Mensch und das Management hat eine Loyalität gezeigt.

Weil ihr ihn als einer der ersten gebucht habt?

Genau richtig. Da haben wir ein gutes Näschen gehabt. Es kommt die persönliche Komponente dazu, das man sich um einen Act kümmert. Die Entwicklung ging rasant nach oben. Das Wachstum der Agentur ist auch Chimperator zu verdanken. Wir haben eine ähnliche Philosophie, wie man arbeitet und mit Künstlern umgeht.

Impliziert eine freundschaftliche Beziehung auch einen Freundschaftspreis beim Honorar?

Nein, es ist kein Freundschaftspreis. Der Unterschied zwischen Veranstalter XY und uns ist nicht gravierend.

Auch die Salzburger Band Olympique, die auf eurem Label erschienen ist, hat sich einen Namen mit ihrem Debütalbum "Crystal Palace" gemacht.

Das ist der Verdienst von Bernhard (Anm. Kaufmann), nicht von mir. Ich bin sehr froh, dass es so gut ankommt und so ein sensationelles Debütalbum hingelegt haben. Es freut mich, ein Wiener WUK und ein Rockhouse in Salzburg auszuverkaufen.

Ihr seid nicht nur Veranstalter (Arcadia Live), sondern auch PR-Agentur, ein Label und macht Beratung. Ist man nur mit einer Produktdiversifierung überlebensfähig am Markt?

Jein. Am Anfang ja. Wir haben begonnen, österreichische Künstler zu betreuen. Dann mussten wir Strukturen schaffen. Es hat nichts gebracht, wenn wir das Booking einer Band machen, wenn sie nirgends ihr Album veröffentlichen kann. So haben wir begonnen rundherum, vom Management ausgehend, die Bereiche abzudecken. Wir haben selbstverständlich auch Dienste ausgelagert.

Was ist das Ziel von Arcadia Live?

Langfristig wollen wir eine gut funktionierende Veranstaltungsagentur auf die Beine zu stellen, die qualititativ hochwertige Konzerte und Festivals macht.

Will man ein Hauptmitbewerber von Skalar sein?

Schwer zu sagen, wo die Reise hingeht. Wir sind komplett am Anfang und müssen Strukturen schaffen. Was in der nächsten Zeit passieren wird, werden wir sehen.

Arcada Live Festivals:

Hip Hop Open Austria, 17. Juli, Arena Wien: A$AP Rocky, ASD (Afrob & Samy Deluxe), Megaloh, Prinz Porno, Joshimizu etc.

Nuke Festival, 29. August, Messegelände Graz: Seeed, Cro, Bilderbuch, Wanda, Parov Stelar, Mono & Nikitaman, Olympique etc.

(mtp.)

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