Manipulationsvorwürfe gegen die österreichischen Charts

Screenshot: diepresse.com
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Der österreichische Musiker Leo Aberer kritisiert, in den Austria Top 40 zu Unrecht hinuntergereiht worden zu sein. Beim Verband der österreichischen Musikwirtschaft weist man den Vorwurf zurück: "Das Ranking stimmt."

Sein Vorwurf ist kein geringer: Der österreichische Singer/Songwriter Leo Aberer kritisiert, dass bei der Ermittlung der Austria Top 40 mit Willkür vorgegangen würde und österreichische Musiker systematisch benachteiligt würden.

Er stützt seinen Verdacht auf eigene Erfahrungen: Im Dezember brachte er mit dem Grazer Sänger Marco Angelini die Single „Goodbye“ heraus, die – laut eigenen Angaben – auf iTunes mit 4500 Downloads pro Woche das Ranking angeführt habe. In den offiziellen österreichischen Charts sei er aber nur auf Platz neun gelandet. Ein mathematisches System bei der Chartsermittlung habe ihn wegen Manipulationsverdachts heruntergereiht, sei ihm mitgeteilt worden. Aberer glaubt das nicht. Willkür nennt er es, ernennt sich zum „Robin Hood der Musikindustrie“ und will jetzt „für Gerechtigkeit kämpfen“. „Ich habe jetzt lang genug zugesehen, wie sich die großen Köpfe des Landes den Kuchen aufteilen und ja keine „ kleinen“ Künstler hinauflassen. Und wie wir österreichischen Künstler immer wieder benachteiligt werden“, so Aberer.

"Man kann darauf vertrauen, dass das Ranking stimmt"

Das „mathematische System“, wie Aberer es beschreibt, gibt es wirklich, erklärt Thomas Böhm, Pressesprecher des Verbands der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI). Die Charts ergeben sich aus der Anzahl der verkauften Singles bzw. Alben, gezählt werden physische Verkäufe (also CDs), Downloads und Streams in bezahlten Abos – diese werden im Verhältnis 100:1 dazugerechnet, 100 Abrufe auf Spotify entsprechen also einem bezahlten Download. Vorkehrungen gegen mögliche Manipulationen gibt es, sagt Böhm: „Das sind softwarebasierte Systeme, die überschießende Verkäufe erkennen. Diese werden dann statistisch angepasst.“ Würde sich eine Single etwa nirgends verkaufen, in einem einzigen Geschäft aber hundertfach über den Ladentisch gehen, würden diese Verkäufe herausgerechnet.

Der Vorwurf, dass willkürlich gegen Aberer vorgegangen worden sei, entbehre jeder Grundlage, sagt Böhm. Auch dass österreichische Musiker bei der Ermittlung der Hitparade benachteiligt würden, weist er entschieden zurück. „Man kann darauf vertrauen, dass das Ranking stimmt. Niemand hat das Interesse, etwas nicht korrekt zu machen. Für alle Titel gelten dieselben Regeln, da gibt es keine Bevorzugungen.“ Dass nur das Ranking, nicht aber die absoluten Verkaufszahlen veröffentlicht werden, wie Aberer es fordert, habe einen Grund: Datenschutz. „Die Daten sind vertraulich. Man kann nicht die Verkaufszahlen einzelner Künstler veröffentlichen“, sagt Böhm. GfK Entertainment, die Marktforschungsagentur, die die Charts ermittelt, dürfe die genauen Zahlen gar nicht veröffentlichen, weil sie nicht Repertoirinhaber der Titel sei. Ab wie vielen Verkäufen ein Künstler in die Top 40 kommt, will er nicht sagen, das sei sehr unterschiedlich.

"Jeder kann in die Charts kommen"

Schon 350 pro Woche seien es, sagt Aberer, 50 am Tag. Manipuliert – im Sinne von Downloads erkauft – habe er jedenfalls nicht: „Wie kann ich iTunes, das weltweit sicherste System, manipulieren? Gar nicht.“ Er habe intensiv für Downloads geworben, Freunde mobilisiert, Fußballplätze abgeklappert und Radiointerviews gegeben. Schließlich sei es gar nicht so schwer, in den Charts zu landen: "Ich sage, dass jeder Musiker da draußen mit ein bisschen Aufwand in die Charts kommen kann. Diese geringe Zahl führt die Charts sowieso ad absurdum."

>> Die Regeln der Chartsermittlung im Detail

(kanu)

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